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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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der Burg und an Artus’
Tafel herrschte. Alle Kreuze auf diesem Gottesacker waren gleich. Es gab keinen Unterschied, ob hier eine einfache Magd oder ein Ritter von edler Geburt begraben lagen,
und die meisten Kreuze waren nicht einmal beschriftet.
    Caldridge und die vier anderen Ritter waren nicht die
Einzigen, die an diesem Morgen beigesetzt wurden. Neben
der kleinen Kapelle waren annähernd zwei Dutzend in
weißes Leinen eingeschlagene Körper aufgereiht; die Tafelritter, Männer und Frauen aus Camelot, die beim Angriff der Pikten gefallen waren, aber auch die Pikten, die
den Überfall mit dem Leben bezahlt hatten. Der Tod
machte alle gleich.
    Der Trauerzug, der mit dem ersten Licht der Dämmerung aus dem Stadttor zog, war erstaunlich lang. Nicht nur
Artus und alle seine Ritter, sondern auch Dutzende von
Männern und Frauen aus Camelot waren gekommen, um
Abschied von den ihren zu nehmen, und Dulac fühlte sich
mit jedem Moment weniger wohl. Eine Beisetzung war
wohl nie eine angenehme Sache und es war nicht die erste,
an der er teilnahm, aber niemals zuvor hatte er so großen
Schmerz und solch hilflose Wut in den Augen der Menschen gesehen. Was er gestern in Camelots Straßen gefühlt hatte, galt noch immer und es war sogar noch
schlimmer geworden. Hätte Artus ihm nicht befohlen
hierher zu kommen, hätte er kehrtgemacht, ohne den
Friedhof auch nur zu betreten, und sich irgendwo verkrochen.
    Und wäre Gwinneth nicht gewesen.
Sie ging, ganz in strahlendes Weiß gekleidet, die Trauerfarbe der Könige, ganz vorne an der Spitze des Trauerzuges. Ihr Gesicht war verschleiert, aber sie schien sich nur
noch mit letzter Kraft bewegen zu können und ihre Schultern bebten ununterbrochen. Sie weinte unter ihrem
Schleier.
Dulac hätte viel darum gegeben, hätte auch er weinen
können. Er hatte Dagdas Tod noch lange nicht verwunden
und in ihm war ein tiefer, grausamer Schmerz, der nicht
abnahm, sondern im Gegenteil immer noch schlimmer zu
werden schien.
Und er konnte die Männer nicht vergessen, die er erschlagen hatte.
Er hatte diese verfluchte silberne Rüstung abgelegt, aber
die Erinnerung an das schreckliche Geschehen konnte er
nicht einfach abstreifen. Wenn er die Augen schloss, dann
sah er das Gesicht des Pikten vor sich, den das Einhorn
aufgespießt hatte, das dumpfe Entsetzen in seinen Augen
und vor allem die Mutlosigkeit. Von allen ging ihm das
Schicksal dieses Mannes am nahesten. Er hatte gewusst,
dass er chancenlos war, dass er in den sicheren Tod ritt. Es
war kein fairer Kampf gewesen. Ebenso gut hätte er einem
Gefesselten die Kehle durchschneiden können. Er hatte
geglaubt, dass die Rüstung ihn zu einem Ritter machen
würde, aber wenn er ganz ehrlich war, dann hatte sie ihn
zum Mörder gemacht. Er würde sie nie, nie wieder anlegen, ganz egal, was geschah.
Sie betraten die Kapelle. Sir Lioness hielt eine einfache,
überraschend kurze Andacht, dann gingen sie wieder hinaus um sich den Trägern anzuschließen, die die in Leinen
gehüllten Leichname zu den bereits ausgehobenen Gräbern trugen. Dulac ging bewusst langsamer als die anderen. Er hatte die Kapelle als Letzter betreten, sodass die
anderen Trauergäste nun an ihm vorbeigingen und er auf
diese Weise in Gwinneths Nähe gelangte. Vielleicht konnte er sogar einen Blick auf ihr Gesicht erhaschen.
Er bekam deutlich mehr. Als Artus und Gwinneth an
ihm vorbeigingen, nickte der König ihm zu und Gwinneth
blieb stehen und sah ihn einen Herzschlag lang durch den
Schleier vor ihrem Gesicht hindurch an. Dann drehte sie
den Kopf und blickte Artus an, und erst als dieser abermals genickt hatte, drehte sie sich wieder zu ihm herum
und hob den Schleier. Ihr Gesicht war weiß und ihre Augen sahen aus, als hätte sie die ganze Nacht hindurch ununterbrochen geweint. Trotzdem glomm in ihrem Blick
ein zwar schwaches, aber sehr warmes Lächeln auf, als sie
ihn ansah.
»Dulac. Ich bin froh, dich zu sehen.«
»Mylady.« Dulacs Herz begann zu klopfen. Spätestens
jetzt würde es sich entscheiden. Vorgestern noch mochte
sich Gwinneth einen Spaß daraus gemacht haben, so zu
tun, als ob sie ihn nicht erkannte, aber so grausam, dieses
Spiel selbst jetzt noch weiterzutreiben, konnte sie einfach
nicht sein.
Doch alles, was er in ihren Augen las, waren Erleichterung und Freude, ihn zu sehen. Es blieb dabei: Sie hatte
ihn nicht erkannt. Es war, als hätte die magische Rüstung
ihm nicht nur Stärke verliehen, sondern tatsächlich einen

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