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Gralszauber

Titel: Gralszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vollkommen anderen aus ihm gemacht.
»Bleib einen Moment bei mir, Dulac«, bat Gwinneth.
»Ich … brauche jetzt einen Freund.«
Dulac blinzelte überrascht zu Artus hoch, aber Artus
reagierte ganz anders, als er erwartet hatte, und signalisierte mit einem Nicken seine Zustimmung. Er trat, noch immer ein bisschen verwirrt, hinter Gwinneth und den König
und folgte ihnen.
Der Rest der Zeremonie dauerte vielleicht noch eine
halbe Stunde, aber Dulac kam es vor, als nähme sie kein
Ende.
Sir Lioness sprach an jedem der offenen Gräber ein kurzes Gebet, aber ihre schiere Zahl ließ die Beisetzung unerträglich lang werden. Endlich, endlich war es vorbei und
Lioness erteilte einen letzten abschließenden Segen, worauf sich die Trauergemeinde rasch zu zerstreuen begann.
Es gab keine Gespräche, keine Hinterbliebenen, die
noch eine Weile am offenen Grab standen um Abschied zu
nehmen. Die Menschen flohen regelrecht von dem kleinen
Friedhof. Vielleicht hofften sie in der vertrauten Umgebung in ihren Häusern einen schwachen Trost zu finden.
Auch die meisten Ritter zogen sich bald zurück und
schließlich standen außer Artus selbst und Sir Lioness nur
ein knappes Dutzend Tafelritter an den offenen Gräbern.
Auch Dulac wünschte sich einfach nur weg. Gwinneths
Nähe spendete keinen Trost und Artus sah ihn immer wieder auf eine Art an, die ihm einen kalten Schauer über den
Rücken laufen ließ.
Gwinneth begann wieder zu weinen. Dulac hätte alles
darum gegeben, ihren Schmerz zu lindern oder wenigstens
zu teilen, aber er konnte weder das eine noch das andere.
Als sie ihr von Schluchzen unterbrochenes Schweigen
endlich brach, begriff er, dass er den wahren Grund ihres
Schmerzes gar nicht kannte.
»Er war so ein guter Mann«, murmelte sie. »Es ist nicht
richtig, dass er so sterben musste.«
»Uther?«, vermutete Dulac.
»Er war der Letzte seiner Art«, fuhr Gwinneth fort, ohne
seine Frage zu beantworten. »Jetzt gibt es wohl nur noch
…«
Sie sprach nicht weiter, aber Dulac hatte schon alle Mühe, diesem halben Satz irgendeinen Sinn abzugewinnen.
Er sah fast Hilfe suchend zu Artus hoch, aber auch der
König reagierte ganz anders, als er erwartet hatte. Statt
auch nur irgendetwas zu sagen, lächelte er Dulac traurig
an – und drehte sich herum, um mit schnellen Schritten
davonzugehen. Dulac sah ihm verwirrt nach. Er sollte froh
sein, einige Momente allein mit Gwinneth verbringen zu
können, aber er spürte das Gegenteil. Er war beunruhigt.
»Mylady?«, murmelte er unsicher.
»Gwinneth«, verbesserte ihn Gwinneth. »Wir sind doch
Freunde – oder waren es wenigstens fast. Jedenfalls habe
ich das gedacht.«
»Das … das stimmt auch«, versicherte Dulac hastig.
Seine Gedanken führte einen wilden Tanz auf. Worauf
wollte Gwinneth hinaus? Hatte sie ihn am Ende doch erkannt und nur auf eine Gelegenheit gewartet, um allein mit
ihm zu reden? Aber eigentlich erschien ihm dieser Gedanke wenig wahrscheinlich. Artus hatte sie nicht zufällig
allein gelassen.
»Siehst du und genau das ist unser Problem«, sagte
Gwinneth traurig.
»Problem?«, wiederholte Dulac verständnislos. Wie
konnte es ein Problem sein, sich der Freundschaft eines
anderen gewiss zu sein?
»Worauf wollt Ihr hinaus, Mylady?«, fragte er geradeheraus. Diesmal benutzte er die formelle Anrede ganz bewusst und er las in Gwinneths Augen auch, dass sie dies
begriff, ebenso wie den Grund, aus dem er es tat. Als sie
weitersprach, war ihr Lächeln eine Spur trauriger geworden.
»Lass uns ein paar Schritte gehen, Dulac«, schlug sie
vor.
Dulac war froh, aus der Nähe der offenen Gräber zu entkommen. Etliche der Toten waren jetzt an die drei Tage
alt, und obwohl man sie zweifellos sorgsam gewaschen
und gesalbt hatte, lag bereits ein leichter Verwesungsgeruch über dem Friedhof. Mit einem wortlosen Nicken
schloss er sich Gwinneth an, drehte aber nach ein paar
Schritten noch einmal den Kopf und sah zu Artus zurück.
Der König blickte direkt in ihre Richtung, machte aber
keine Anstalten, ihnen zu folgen.
»Keine Sorge«, sagte Gwinneth. Sie hatte seinen Blick
bemerkt. »Er hat nichts dagegen, dass wir miteinander
reden. Im Gegenteil. Er hat mich gebeten, mit dir zu sprechen.«
»Worüber?«, fragte Dulac unbehaglich.
»Über uns«, antwortete Gwinneth offen. »Wir können
uns nicht mehr sehen, Dulac.«
»Nicht mehr sehen? Aber –«
Gwinneth blieb stehen und drehte sich zu ihm herum.
Die Tränen waren aus ihren Augen verschwunden, aber

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