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Gran Reserva

Gran Reserva

Titel: Gran Reserva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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T-Shirt der Sex Pistols auf sich zogen. Underdressed war gar kein Ausdruck, nur nackt wäre noch unpassender gewesen.
    Am Eingang lieh ihm ein Mitarbeiter der Bodegas Faustino vor lauter Fremdschämen sein eigenes Sakko. Man wollte sich vor dem Monarchen schließlich keine Blöße geben. Und Max wollte nicht, dass Faustino sich seinetwegen blamierte, also zog er es ohne Murren an.
    Noch war der König allerdings nicht eingetroffen. Ein roter Teppich führte von dem eingezeichneten Platz, an dem seine Limousine gleich halten würde, bis zum Eingang des Museums, wo Julio Faustino Martinez wartete, das Oberhaupt der Besitzerfamilie. Julio war ein weißhaariger Patriarch mit dunklen Augenbrauen, der nun kerzengerade vor dem Grundstein seines Erfolges stand, dem Flaggschiff seines Imperiums. Als Max ihn sah, wurde ihm klar, was das schlagende Herz des Unternehmens war: eine stolze, spanische Familie. Wie die meisten Bodegas in La Rioja wurde auch diese trotz unzähliger Mitarbeiter immer noch von einer Familie geführt. Nicht wie in Bordeaux, wo oftmals multinationale Konzerne dahinterstanden. Hier war es eine Frage der Tradition und damit der Familie, egal, wie groß man wuchs. Wein war eine Herzenssache, die man mit Ernst betrachtete. Und mit Liebe.
    Neben Julio Faustino Martinez standen die Gäste, die Julio und seinem Gast durch die Bodegas folgen würden. Max schoss Fotos, doch nur, um unbemerkt alle Gesichter betrachten zu können. Befand sich der Attentäter schon unter ihnen, oder versteckte er sich gerade irgendwo in der Bodega? Max spürte, wie seine Anspannung zunahm.
    Er schoss Foto um Foto. Neben wichtigen Mitarbeitern der Bodega – darunter Ines Sastre, Cristina und ihr Vater Iker – fanden sich viele lokale Berühmtheiten. Haros Bürgermeister Santamaria, Carlos, der berühmteste Radsportler der Region, sogar Juan war dabei und vertrat die Künstler der Region. Warum hatte er Max davon nichts gesagt? Als er am Morgen aufgestanden war, ging er davon aus, dass Juan noch mit einer brünetten Schönheit im Bett lag oder vielleicht auch mit mehreren.
    Doch Juan blieb nicht die einzige Überraschung. David von Francino war ebenfalls zugegen. Der Antichrist. Etwa schon auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle? Die größte Überraschung allerdings trug eine Mönchskutte: Padre Loba vom Kloster Yuso.
    Was machte der Geistliche hier? Das Kloster lag ein gutes Stück entfernt, es gab etliche gleichrangige Vertreter der katholischen Kirche, die näher ansässig waren.
    Dann entdeckte er Timothy Pickering. Sein Anzug war überall zu eng, der teigige Körper quoll an jeder Öffnung hervor, was Pickerings japsende Atmung erklärte.
    Selbstverständlich vor Ort, allerdings nicht in Uniform, sondern in einem maßgeschneiderten Anzug, war Emilio Valdés, der leitende Polizeibeamte von Logroño, mit dem Max mehr Kontakt gehabt hatte, als ihm lieb war. Wie immer blickte der Mann mit der Elvis-Tolle wie ein Rottweiler, dem man seinen Knochen geklaut hatte.
    Mit strammen Schritten marschierte er auf Max zu und hielt seinen Mund genau vor den Sucher von dessen Kamera.
    »Das ›People Magazine‹? Aus New York? Bin beeindruckt, Señor Rehme.«
    »Ich muss schließlich auch von irgendwas leben.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie ein Mörder sind.«
    Das waren doch zur Abwechslung mal gute Nachrichten.
    »Sehen Sie, das ist der Unterschied zwischen uns. Ich weiß , dass ich kein Mörder bin.«
    »Ich weiß auch etwas, und zwar, dass Sie mehr über die Morde wissen, als Sie mir gesagt haben.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.« Max versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass sein Puls allmählich schneller schlug.
    »Oh doch, mein Freund. Das sagt mir mein professioneller Instinkt«, entgegnete Valdés mit bohrendem Blick.
    »Ich bin nur wegen der Fotos hier.«
    Valdés legte einen Arm auf Maxʼ Schulter und packte fest zu. Schraubzwingen arbeiteten sanfter.
    »Spucken Sie es aus.«
    »Was soll ich denn ausspucken? Ich weiß nichts.«
    »Wenn Sie wirklich hier wären, um Fotos zu schießen, ständen Sie nicht so weit weg. Das weiß sogar ein Hobby-Fotograf wie ich.« Da musste Max ihm recht geben. Eine gute Tarnung sah anders aus. »Also, was hat Sie hergeführt? Sie haben so ein Robin-Hood-Gen in sich, Gerechtigkeit und so. Also raus damit! Ich will es wissen, und Sie wollen es mir eigentlich auch sagen.«
    Max setzte die Kamera ab. »Es ist ein Attentat auf den König geplant.«
    Valdés zog die gefärbten

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