Gran Reserva
Max.
»Ja. Löwinnen machen nie etwas falsch. Auch die nicht ganz harmlosen wie ich. Das hat mein Großvater mir immer gesagt, als ich noch ein kleines Mädchen war.«
Max wusste, dass er nun die Frage stellen musste, die ihm am schwersten fiel. »Mit wem wollen Löwinnen denn zusammen sein? Mit Radsportlern oder Fotografen?«
Cristina strich mit der Hand zärtlich über seine Wange. »Ich weiß nicht, wie es bei anderen Löwinnen ist, aber diese hier will mit dir zusammen sein, Max.« Sie küsste ihn zärtlich. »Vergiss, was ich gestern gesagt habe, ich war wütend, enttäuscht, ich war dumm. Ganz selten passiert das auch mal einer Löwin. Aber wer mit uns zusammen ist, weiß, dass er nie darüber reden darf.«
»Und Carlos?«
»Er wusste eher als ich, dass es ein Fehler ist – und dass ich dich liebe. Ja, ich liebe dich, Max Rehme.«
»Und ich dich, Cristina Lopez.«
Sie küssten sich wieder, diesmal wollten ihre Lippen sich gar nicht mehr voneinander trennen und ihre Zungen das Liebkosen nie mehr beenden. Doch mit einem glücklichen Lächeln lösten sie sich irgendwann wieder voneinander, und Max schloss Cristina fest in seine Arme. »Was hielte die Löwin denn davon, wenn ich in Rioja bliebe und mir hier in der Gegend ein schönes Häuschen mieten würde?«
»In Spanien mietet man keine Häuser, man kauft sie.«
»Und wenn ich mir hier in Rioja ein schönes Häuschen kaufen würde? Weil ich immer in der Nähe meiner Löwin sein will. Und dieses Haus…«
Cristina legte ihm eine Fingerspitze auf die Lippen. »Nicht so schnell. Wir kennen uns doch noch gar nicht lange. Und du willst schon mit mir zusammenziehen?«
Max küsste sie auf ihren schönen Hals und den Nacken, wo sie so kitzelig war. Doch sie hielt still. Für ihn.
»Ich will nur, dass du weißt, dass meine Tür immer für dich offen wäre. Dass du kommen kannst, sooft du willst, nachts Möbel umstellen, so viel du willst, und auch, dass du bleiben und es zu deinem Zuhause machen kannst. Alles kann, nichts muss. Ist das in Ordnung für eine nicht ganz harmlose Löwin wie dich?«
Sie sah ihm in die Augen, und Max sah die Liebe darin. Cristina griff sich ihren Schlüsselbund, löste den Anhänger mit dem Osborne-Stier und warf ihn weit weg. Sieben Katzen sprangen hinterher.
»Den brauch ich jetzt nicht mehr«, flüsterte sie. »Das wird mir nie wieder passieren.«
Im kühlen Schatten eines wuchtigen, alten Baumes küssten sie sich lange und leidenschaftlich, und der Geschmack von mehr lag auf ihren Lippen, doch das musste warten.
Cristinas Blick fiel auf Iker, der immer noch still am Tisch saß. Wenigstens hatte er vom Wein getrunken.
Cristina löste ihre Lippen von Max. »Was soll ich bloß machen? Ich will doch, dass er glücklich ist. Kannst du ihm etwas Tröstendes sagen? Ich weiß einfach nicht, was ich noch tun soll.«
Max drückte sie fest an sich, küsste sie sachte auf die Wange und ging zu ihrem Großvater. Bevor er sich zu ihm setzte, holte er eine Flasche Wein und schenkte ihm ein frisches Glas ein.
»Hast du schon mit Padre Loba gesprochen?«
Iker schüttelte langsam den Kopf.
»Er liebt Tiere sehr, er wird dich verstehen.«
Iker brummte. Wie ein alter Bär, der nicht aus seiner Höhle treten wollte.
Max begriff, dass es nichts brachte, weiter zu bohren. Er musste über etwas anderes mit ihm reden, damit Iker überhaupt wieder redete, seine Zunge benutzte.
»Iker, darf ich dich etwas fragen? Über den Bürgermeister von Haro? Er heißt Santamaria.«
»Ich weiß, wie er heißt. Und ich weiß, dass das nicht sein richtiger Name ist. Alejandro hat mir erzählt, dass er einen Verwandten oder Bekannten suchte, der einst nach Haro ging und dann nie zurückkehrte. Als Alejandro ihn nun in Rioja aufsuchen wollte, hatte aber niemand den Namen je gehört. Als wir uns trafen, beschrieb er mir seinen Verwandten und dessen spitzes, nahezu dreieckiges Kinn mit dem tiefen Grübchen. Da wusste ich sofort, wen er meinte.«
»Was war der Grund dafür, dass Santamaria sein Ormaiztegi verließ?«
»Die Liebe, Max. Die unerfüllte Liebe. Das sagte er zumindest. Aber ich glaube, Stolz war der Grund, warum er seine Heimat verließ. Er wollte sich nicht eingestehen, dass er, ein Nachkomme des berühmten Generals Tomás de Zumalacárregui y de Imaz von einer Frau abgewiesen wurde. Dass sie einen Mann vom Zirkus vorzog, Alejandro nämlich. Deshalb setzte Santamaria die Legende in die Welt, er sei ehrenvoll im Militärdienst gefallen wie sein
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