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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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sollten wir vielleicht an Alphonse abtreten. Mit dem Rest hätten wir trotzdem einen guten Schnitt gemacht. Und wenn keine weiteren Ansprüche mehr erhoben werden, können wir uns den Rechtsstreit ersparen.«
    Bruno folgte der Unterredung mit stummer Bewunderung für deren reibungslosen Verlauf, was in Anbetracht der unterschiedlichen Interessen nicht zu erwarten gewesen war. Die Überzeugungskraft des Bürgermeisters und der Geschäftssinn des Barons ergänzten sich aufs trefflichste. Gewiefte Strategen, alle beide, dachte Bruno.
    Der Bürgermeister legte nun einen Plan dar, wonach einzelne Scheunen diverser Besitztümer zu
gîtes
ausgebaut werden sollten. Für Lesvignes' Bauunternehmen gäbe es entsprechend viel zu tun; es würde etlichen Schulabgängern Lehrstellen anbieten können, die obendrein noch, wie Xavier hervorhob, durch staatliche Fördermittel bezuschusst würden. Dougal erklärte, dass er ohnehin zu expandieren vorgehabt habe und gute Aussichten darauf bestünden, die neuen Ferienwohnungen vermietet zu bekommen.
    »Das klingt mir alles zu sehr nach Immobiliengeschäften«, sagte Julien. »Wo bleibt der Wein?«
    Hubert setzte ihm auseinander, dass das Land im Besitz der Eigentümer bliebe; es werde nur an die neue Aktiengesellschaft verpachtet, die unter seiner und Juliens Leitung Weinanbau betreibe. Nach überschlägiger Schätzung könnte das Unternehmen mindestens zwanzig Hektar neu bepflanzen und über tausend Hektoliter im Jahr produzieren.
    »Über mein Hotel und Restaurant verkaufe ich zurzeit allenfalls tausend Kisten pro Jahr, das sind zwölftausend Flaschen«, sagte Julien. »Wo finden wir einen Markt für den Rest?«
    »Ich habe über fünfhundert Mieter in der Saison«, erwiderte Dougal. »Wir spendieren jedem eine Weinprobe auf der Domaine und bieten Vorzugspreise. Ich fresse einen Besen, wenn wir auf diesem Weg nicht noch weitere fünfhundert Kisten verkaufen könnten.«
    »Ich verkaufe den Wein in meinem
cave
und über all die Restaurants, die schon jetzt meine Kunden sind«, sagte Hubert. »Abnehmer finden wir bestimmt auch unter denen, die meine Bergerac-Cuvées kaufen. Da ich in unserem Unternehmen als Hauptanteilseigner der
négociant
sein werde, können wir uns die Provisionen für Vertreter sparen. Ich habe schon mit Duhamel vom Supermarkt gesprochen. Er will fünfhundert Kisten abnehmen. Mit anderen Worten, die überschüssigen Erträge deiner Domaine wären so gut wie verkauft. Es wird noch drei bis vier Jahre dauern, bis wir den Wein der jungen Reben verwerten können. Bis dahin sollten wir uns einen Namen gemacht haben. Darin liegt die Herausforderung für uns. Wir müssen Weine produzieren, die Preise gewinnen.«
    »Wir sollten hier auf der Domaine auch ein attraktives Besucherzentrum einrichten«, sagte der Bürgermeister.
    »Dafür werde ich bestimmt den nötigen Kreditrahmen schaffen können. Außerdem würde ich mich gerne mit fünfzigtausend aus eigener Tasche in die Gesellschaft einkaufen«, sagte Vauclos, der Leiter der Crédit-Agricole-Filiale im Ort, ein Gascogner mit massigem Gesicht und scharfem Verstand.
    Bruno schmunzelte innerlich. Die
mairie
war der Hauptkunde der Bank. Sämtliche Gehälter und Gewerbesteuern gingen durch deren Bücher, und die hier versammelten Herrschaften sorgten für den weitaus größten Teil der Geschäfte in Saint-Denis. Ein Bankdirektor wäre wahrhaftig schlecht beraten, wenn er ein solches Unternehmen nicht unterstützte. Und dann dachte Bruno an seine eigenen bescheidenen Ersparnisse und versuchte auszurechnen, wie viele Aktien er sich wohl würde leisten können.
    »Es wurde angeregt, die Bürger von Saint-Denis als Aktionäre an der Gesellschaft zu beteiligen«, sagte er. »Wie sähe das im Einzelnen aus?«
    »Wir bieten Anteile von, sagen wir, hundert Euro pro Aktie an, die hiesige Steuerzahler mit einem Preisnachlass von vielleicht zehn Prozent erwerben können«, erklärte Xavier. »Außerdem wird natürlich jeder Anteilseigner auf unseren Wein Rabatt bekommen. Wir haben hier in Saint-Denis rund tausend Haushalte. Wenn jeder im Jahr eine Kiste abnimmt, wären das allein zwölf tausend Flaschen.«
    »Wir würden also Bondinos Geschäftsidee übernehmen und in einem etwas kleineren Umfang selbst verwirklichen«, bemerkte Bruno.
    »Ja, das überzeugt mich«, sagte Mirabelle, die aufmerksam zugehört hatte, obwohl es ihr sichtlich schwerfiel, sich aufrecht zu halten. »Das wäre das Beste für Julien, die Domaine und ganz Saint-Denis.

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