Grand Cru
Tatverdächtigen haben, werden wir eine DNA-Analyse vornehmen. Der Amerikaner wohnt immer noch im
Manoir.
Er ist heute aus Nevers zurückgekehrt, wo er Eichenholz für Weinfässer begutachtet haben will. Wir haben das überprüft; er war tatsächlich in Nevers. Es scheint auch zuzutreffen, dass er nach der Schlägerei in der Bar sofort ins Bett gegangen und, wie er sagte, früh am nächsten Morgen aufgestanden ist, um einen Weinhändler in Bordeaux zu treffen. Das Hotelpersonal bestätigt, ihn um sechs mit einer Tasse Kaffee geweckt zu haben. Zwanzig Minuten später ist er abgefahren. Er hat uns freiwillig seine Fingerabdrücke nehmen lassen. Ich glaube nicht, dass er unser Mann ist.«
»Haben Sie ihn gefragt, ob er einen Schlüssel fürs Hotel hat?«, wollte Bruno wissen. »Mit einem Schlüssel könnte er kommen und gehen, ohne dass das Personal etwas davon mitbekäme.«
»Ja, er hat einen Schlüssel. Er war ein sehr angenehmer Gast, sagen alle. Ziemlich unordentlich, aber großzügig, was Trinkgelder angeht.«
»Na ja, ich wünsche Ihnen viel Glück und hoffe, dass wir uns unter glücklicheren Umständen irgendwann wiedersehen«, sagte der
brigadier
und schüttelte ihnen die Hand. »Lassen Sie von sich hören, wenn Sie in Paris sind. Ich weiß, Sie sind rugbyverrückt, und ich könnte Ihnen für das nächste Länderspiel Tickets reservieren.« Er nahm auf der Rückbank Platz und ließ die Seitenscheibe herunterfahren. »Übrigens, in Ihrer mobilen Einsatzzentrale finden Sie zwei Flaschen von diesem Whisky als kleines Dankeschön.«
Als der
brigadier
vom Hof gefahren war, sagte Jean-Jacques: »Ich hoffe, Sie werden sein Angebot nicht annehmen. Die
renseignements généraux
sind auch ohne Sie verrufen genug. Im Ernst, das dürfen Sie mir nicht antun. Wenn Sie gehen würden, was wird dann aus meiner Sehnsucht, das beschaulich stille Leben eines Dorfbullen zu führen, der Obstdieben nachstellt und sich um tote Hunde kümmert?«
»Erstaunlich, wohin einen tote Hunde in dieser beschaulich stillen Landschaft führen können«, entgegnete Bruno und warf einen Blick auf seine Uhr. »Sie hätten gerade noch genug Zeit, sich im Hotel in der Stadt frisch zu machen. Wir sind bei einer bezaubernden Dame eingeladen, die uns für all unsere schwere Arbeit mit einem leckeren Abendessen entschädigen möchte.«
»Ich habe mich schon gefragt, mit wem Sie wohl angebandelt haben, nachdem unsere reizende
inspectrice
nach Paris gegangen ist.«
»Mit niemandem«, sagte Bruno schmunzelnd. »Ich bin ein hoffnungsloser Romantiker, der an seinem gebrochenen Herzen leidet.«
»Nehmen wir meinen Wagen, oder geht's wieder über Schlaglochpisten, die mir das Fahrwerk kaputtmachen?«
»Sie fährt einen alten Citroën, und der hatte bislang keine Probleme mit ihrer Zufahrt, ebenso wenig wie mein Transporter.«
»Also gut, nehmen wir Ihren Wagen, es sei denn, Sie wollen über Nacht bleiben. Dann brauchten wir zwei.«
»Nicht nötig, wir fahren mit meinem.«
»Na schön, ich bin auf unsere Gastgeberin gespannt. Bleibt uns noch Zeit, einen Strauß zu kaufen?«
»Pamela hat jede Menge Blumen im eigenen Garten, und ich habe bereits für den Wein gesorgt. Sie könnten ihr ja Ihre Flasche Whisky zum Geschenk machen.«
»Mein junger Freund, lassen Sie sich von einem alten, erfahrenen Ehemann einen guten Rat geben.« Jean-Jacques legte ihm onkelhaft einen Arm um die Schultern. »Verwöhnen Sie Ihre Frauen nie mit wirklich teuren Geschenken.«
»Schon gar nicht mit Whisky, den man selbst trinken will«, entgegnete Bruno.
Als sie in seinen Transporter stiegen, klingelte Jean-Jacques' Handy. Er lauschte aufmerksam und streckte eine Hand aus, um Bruno daran zu hindern, den Motor zu starten. Den Blick auf Bruno gerichtet, sagte er dann: »Bringen Sie ihn in die Gendarmerie. Und das Verhör übernehme ich.«
Er klappte sein Handy zu. »Das Abendessen fällt aus. Rufen Sie Ihre Freundin an und sagen Sie ihr, dass uns was dazwischengekommen ist. Wir müssen los. Wir haben dem Amerikaner doch die Fingerabdrücke abgenommen, rein routinemäßig. Und jetzt höre ich, dass sein Daumen auf einem der Gläser in Cresseils Spüle ist.«
36
C
apitaine
Duroc zeigte sich von seiner großzügigen Seite. Er hatte einen kleinen Tisch und zwei Stühle in eine der Kellerzellen stellen und die alte Rosshaarmatratze auf der Metallpritsche neu beziehen lassen. Bruno lehnte an der Zellentür, während Jean-Jacques und Bondino einander am Tisch gegenübersaßen. Es
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