Grand Cru
sagen, sie sind von Ihnen und werden Sie als Mörder überführen.«
»Unmöglich«, erwiderte Bondino ruhig und gefasst. »Der Typ ist gar nicht an mich herangekommen. Ich bin in die Bar, hab ihm eins verpasst, und er ist vom Hocker gefallen. Dann hat mich dieser Barmann durch die Scheibe gestoßen. Die Haare können nicht von mir sein.«
»Sie glauben doch nicht etwa,
wir
hätten sie dem Jungen unter die Nägel gestopft. Dann müssten wir sie Ihnen ja vorher ausgerissen haben. Aber auch das wird sich klären lassen, was für Sie allerdings bedeutet, die nächsten Tage in unserer Gesellschaft verbringen zu müssen.« Jean-Jacques wandte sich an Bruno.
»Schicken Sie mir bitte zwei Beamte herunter. Ich will dem Herrn ein paar Haare zupfen und eine Speichelprobe nehmen.« Er drehte sich wieder zu Bondino um. »Stellen Sie sich vor, selbst wir, die rückständigen Franzosen, haben die Möglichkeiten der dna-Analyse für uns entdeckt.«
»Sie haben nicht das Recht, mich festzuhalten, ohne meine Botschaft einzuschalten.«
»Wir sind in einer französischen Polizeistation und unterstehen französischem Recht. Ich werde genau das tun, was ich für richtig halte«, schimpfte Jean-Jacques, dem die Vernehmung stärker an die Nerven zu gehen schien als dem Amerikaner.
Bruno hörte die Stimme des Chefinspektors durch den Keller poltern, als er über die Treppe nach oben ging. Er war erleichtert, der stickigen Atmosphäre in der Zelle entkommen zu sein, und froh über die Gelegenheit, ein paar wichtige Telefonate zu führen. Er forderte Jules am Empfang auf, zwei Gendarmen mit dna-Besteck nach unten zu schicken, trat hinaus in den kühlen Abend und holte sein Handy aus der Tasche.
»Monsieur le Maire?
Hier Bruno. Wir haben ein Problem. Bondino ist verhaftet worden und steht unter dem Verdacht, der Mörder von Max zu sein. In Cresseils Wohnung sind Fingerabdrücke von ihm gefunden worden. Er ist in Polizeigewahrsam, wird gerade verhört und besteht darauf, mit einem Anwalt und der US-Botschaft Kontakt aufnehmen zu dürfen. Wenn wir von seinen Geschäftsplänen noch was retten wollen, sollten wir auf seine Forderungen eingehen.«
»Ist er schuldig? Wie lange kann er festgehalten werden?«, fragte der Bürgermeister.
»Ob er schuldig ist, weiß ich nicht, aber die Beweise sprechen gegen ihn. Er bestreitet, bei Cresseil gewesen zu sein, obwohl seine Fingerabdrücke dort sichergestellt werden konnten. Die fällige dna-Analyse wird ein paar Tage dauern. Wir können ihn drei Tage ohne Anklage festhalten, müssen ihn aber dann einem
juge d'instruction
vorführen, und erst dann hat er Anspruch auf einen Anwalt. Mir wär's allerdings lieber, er könnte schon jetzt einen hinzuziehen. Ich könnte Dupuy anrufen und ihn bitten, sich mit der Botschaft in Verbindung zu setzen... Nein, bitte, unterbrechen Sie mich nicht. Möglich war es, aber wir müssen jetzt entscheiden, ob wir intervenieren sollen oder nicht. Wie gesagt, die Beweislage ist erdrückend, und ich fürchte, das Bondino-Projekt ist geplatzt, selbst dann, wenn sich seine Unschuld herausstellen sollte.«
»Wo sind Sie jetzt, Bruno?«
»Vor der Gendarmerie.«
»Können wir uns treffen?«
»Viel Zeit hätten wir nicht.«
»Ich bin in fünf, nein, drei Minuten in der Bar gegenüber.«
Bruno kehrte zum Empfangsschalter zurück und bat Julien, dem Chefinspektor, falls der nach ihm fragte, auszurichten, dass er zum Bürgermeister gerufen worden sei. Der alte
sergeant
zuckte mit den Achseln, worauf sich Bruno in die
Bar des Amateurs
verabschiedete. Auf das Fenster mit der zerbrochenen Scheibe war eine große Spanplatte genagelt worden. Er nahm an einem Tisch draußen vor der Bar Platz und bestellte einen Espresso, der ihm in dem Moment serviert wurde, als der große Citroën ds des Barons vorfuhr. Er und der Bürgermeister stiegen aus. Die beiden kannten sich seit der Grundschule.
»Bonsoir,
Bruno«, grüßte der Baron. »Wir haben gerade zu Abend gegessen, und Gérard wollte, dass ich mitkomme.«
»Wir haben nicht nur zu Abend gegessen, sondern auch Pläne geschmiedet«, korrigierte der Bürgermeister und rieb sich die Hände. Bruno kannte diese Geste. Er hatte damit gerechnet, seinen Chef in schlechter Laune anzutreffen, weil das Bondino-Projekt zu scheitern drohte, doch stattdessen schien dieser voller Elan zu sein.
»Ihre Frage, ob nicht womöglich auch andere Investoren an unserem Tal interessiert sein könnten, hat mich zum Nachdenken gebracht«, sagte der
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