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Grand Cru

Grand Cru

Titel: Grand Cru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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stank nach den Ausdünstungen all derer, die hier schon ihren Rausch ausgeschlafen hatten, nach Tabak und einem Hauch Desinfektionsmittel. Ein äußerst unangenehmer Ort für einen Mann wie Bondino, der an Luxus gewöhnt war. Er trug ein cremefarbenes, bis zur Brust aufgeknöpftes Seidenhemd und um den Hals zwei Goldkettchen mit unterschiedlichen Medaillen. Eine schwarze Lederjacke, passend zu den Slippern, vervollständigte den Outfit. Der Mann, der sich sonst immer lässig in den Sesseln fläzte, saß jetzt, als fürchtete er irgendeine Ansteckung, brav und mit verschränkten Armen und Beinen auf dem Stuhl. Seine Miene aber war entspannt, sein Blick ruhig.
    »Sie haben gelogen. Wir wissen, dass Sie in diesem Haus waren«, sagte Jean-Jacques. »Sie haben Fingerabdrücke hinterlassen.«
    Bondino schüttelte den Kopf. »Ich bin nur einmal auf dem Hof gewesen, zusammen mit Dupuy. Er war dabei«, sagte er und deutete mit einer Kopfbewegung auf Bruno. »Er hat mich wegfahren sehen. Das Haus habe ich nie betreten, geschweige denn irgendetwas angefasst. Ich verlange, einen Anwalt zu sprechen und mit der amerikanischen Botschaft zu telefonieren.«
    »Wir sind hier in Frankreich und nicht in Amerika. Sie stehen unter dringendem Tatverdacht und werden so lange auf meine Fragen antworten, bis ich mich zufriedengebe. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Sie sich mit einem jungen Franzosen wegen eines Mädchens geprügelt haben. Dem Jungen blutete die Nase. Sie mussten von den Barbesitzern in Schach gehalten werden. Bei dem Handgemenge ging eine Fensterscheibe zu Bruch. Laut Zeugenaussagen sind Sie gezielt auf Ihren Rivalen losgegangen. Jetzt ist er tot, und Sie behaupten, nichts mit alledem zu tun zu haben?«
    »So ist es. Ich verlange, mit meiner Botschaft Kontakt aufzunehmen.«
    »Warum haben Sie eigentlich auch den alten Hund getötet?«, fragte Jean-Jacques, ohne von Bondinos Forderung Notiz zu nehmen. Der Amerikaner starrte ihn entsetzt an und schüttelte heftig den Kopf. »Wir haben den Stein gefunden, mit dem er erschlagen wurde. Das Blut des armen Tieres klebt noch daran, und Ihre Fingerabdrücke werden wir bestimmt auch noch finden.«
    »Unsinn. Ich würde nie einen Hund erschlagen«, entgegnete Bondino. »Ich mag Hunde, und jetzt will ich mit meiner Botschaft sprechen.« Er nickte wieder in Richtung Bruno. »Er weiß, dass ich Hunde mag.«
    Bruno nutzte die Gelegenheit und schaltete sich ein. »Ein Mädchen hat Ihnen den Kopf verdreht. Kommt vor, auch in Frankreich, und dafür haben wir Verständnis«, erklärte er in fast freundlichem Tonfall. Er übernahm wieder einmal den Part des sanften
flic,
während Jean-Jacques den bösen spielte.
    »Wir sprechen in einem solchen Fall von
crime passionnel
und machen mildernde Umstände geltend, die im Strafmaß berücksichtigt werden. Wussten Sie das? Ein Mann kommt von der Jagd nach Hause und trifft seine Frau mit einem anderen Mann im Bett an. Er ist außer sich und feuert beide Flintenläufe auf sie ab.
Crime passionnel.
Mit einem ähnlichen Sachverhalt haben wir es hier zu tun, einem Verbrechen im Affekt aus Eifersucht auf einen Rivalen, der Ihnen die Freundin ausgespannt hat. So war es doch, oder?«
    »Ich sage nichts, bevor ich nicht mit meiner Botschaft gesprochen habe.« Bondino straffte die Schultern und bedachte Bruno mit einem Blick, der weniger trotzig als zuversichtlich wirkte. Vielleicht verließ er sich mit all seinem Geld im Rücken auf Anwälte, deren Einfluss bis in die Spitzen der Politik reichte. Bruno war neugierig darauf, zu erfahren, wie sicher sich Bondino tatsächlich fühlte. Beim Verhör in Polizeigewahrsam so ruhig und gelassen zu bleiben gelang nur den wenigsten.
    »Von mir aus können Sie auch mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten sprechen, aber selbst dem dürfte es schwerfallen, Ihre Fingerabdrücke in Cresseils Haus zu erklären, wenn Sie weiterhin behaupten, niemals dort gewesen zu sein«, sagte Bruno.
    »Ich sage nichts mehr.« Bondino gab sich wieder ganz lässig und entsprach mit seiner Pose dem Klischee des selbstgefälligen Amerikaners, der von seiner Sonderstellung in der Welt zutiefst überzeugt war.
    »Auch wenn Sie nichts sagen, Ihr Körper tut es, so wie Ihre Finger, die Abdrücke hinterlassen«, fuhr Jean-Jacques fort. Er griff in seine Aktentasche, zog einen Zellophanbeutel daraus hervor und wedelte ihn vor Bondinos Nase durch die Luft. »Diese Haare steckten unter den Fingernägeln des getöteten Jungen. Ich würde

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