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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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wartete
Ganesh auf mich. Er saß auf dem Treppenabsatz, neben sich
auf der obersten Treppe ein Netz mit Orangen.
    »Ich bin hergekommen, um zu sehen, wie du in deiner
neuen Wohnung zurechtkommst«, begrüßte er mich.
Seine Stimme und sein Verhalten waren mitfühlender als
bei unserem letzten Treffen in seinem Laden und erinnerten
mich vage an jemanden, der einen Krankenbesuch bei einem Freund abstattete. Es muss ganz ähnlich sein, jemand
Kranken zu besuchen. Die Orangen waren wohl mit den
Blumen gleichzusetzen, die man dem Patienten mitbrachte.
Obwohl meiner Meinung nach Früchte besser geeignet sind.
Früchte lassen einen nicht gleich an Beerdigungen denken.
»Frag nicht!«, sagte ich, während ich die Tür aufschloss
und wir eintraten. »Ich war mit Inspector Janice unterwegs
in Camden. Wir haben versucht, jemanden zu finden, der
mein Alibi bestätigt.«
»Und? Hattet ihr Erfolg?« Ganesh legte das Netz Orangen
auf den Tisch und sah mich prüfend an.
Ich berichtete ihm, was geschehen war. »Wenigstens etwas«, schloss ich.
Er zuckte mit den Schultern und blickte sich missbilligend in der Wohnung um. »Ich mache uns eine Tasse Tee«,
sagte er schließlich und ging in die Küche, wo ich ihn mit
dem Geschirr klappern hörte.
Es ist zwar angenehm, einen Liebhaber zu haben, doch
Sex kann manchmal auch ganz schön stören, vor allem,
wenn man eigentlich nur einen Freund braucht. Genau das
war Ganesh für mich. Ein Freund.
Ein Freund ist jemand, dem man von seinen Problemen
erzählen kann, mit dem man streiten kann, den man wochenlang nicht sehen kann, und wenn man ihn dann wieder
trifft, macht man genau dort weiter, wo man aufgehört hat,
ohne sich zu binden und ohne sich emotional zu erschöpfen. Probleme waren meiner Meinung nach auch die Basis
der Freundschaft zwischen Gan und mir. Er hatte seine, und
ich hatte meine. Ich verstand seine Probleme nicht ganz,
genauso wenig, wie er meine verstand, aber das machte
nichts. Ich hörte ihm zu, er hörte mir zu. Es löste überhaupt
nichts, aber es half, so viel steht fest.
Natürlich wäre es gelogen, wenn ich sagte, dass die vertraute Chemie zwischen Mann und Frau überhaupt keine
Rolle spielte. Manchmal bemerkte ich, wie Ganesh mich mit
einem fragenden Blick anstarrte, und ich wage zu sagen,
dass er mich von Zeit zu Zeit dabei ertappte, wie ich ihn genauso ansah. Doch weiter ist es nie gegangen. Die Dinge
zwischen uns funktionierten, so wie sie waren, und wie es so
schön heißt: Wenn etwas nicht kaputt ist, muss man es auch
nicht reparieren. Trotzdem dachte ich manchmal, dass es
wirklich schade war.
An diesem Nachmittag fühlte ich mich vollkommen erledigt. Ich wollte eigentlich mit niemandem reden, nicht einmal mit Ganesh, doch ich brauchte alle Unterstützung, die
ich bekommen konnte.
Als wir in der Küche saßen und Tee tranken, sagte er:
»Ich habe mich überall umgehört, Fran. Bei unseren Kunden hauptsächlich. Es ist schwierig, jemanden dazu zu bringen, über die Geschichte zu reden. Es war eine Eintagsfliege,
eine kurzlebige Sensation, weiter nichts. Jetzt stöhnen sie
nur noch über unsere Preise. Wenn sie je irgendetwas gewusst haben, dann haben sie’s in der Zwischenzeit längst
wieder vergessen.«
»Genau den Eindruck habe ich auch«, sagte ich düster.
»Trotzdem danke, dass du es versucht hast, Gan.«
»Dad meint, dass er immer noch freitags und samstags
Hilfe im Laden gebrauchen könnte. Falls du dir ein wenig
Geld nebenbei verdienen möchtest.«
Ich sagte ihm, dass ich eigentlich nicht glaubte, dass sein
Vater mich um sich haben wolle. Ich war ein Unglücksrabe,
eine Frau, die das Pech anzog und Ganeshs Kopf mit Flausen von wegen Unabhängigkeit und einem freien Leben füllte, die sich mit verdächtigen Typen herumtrieb und Schwierigkeiten mit der Polizei hatte.
»Aber sie mögen dich«, sagte Ganesh halsstarrig. »Dich
persönlich. Das andere – es sind eben verschiedene Kulturen, weißt du? Sie verstehen dich nicht, aber sie mögen dich
trotzdem.«
»Sie denken, ich bringe dich vom rechten Weg ab«, sagte
ich dummerweise.
Er wurde ärgerlich. »Um Himmels willen, Fran! Glaubst
du allen Ernstes, ich will mein ganzes Leben damit verbringen, alten Weibern mit Netztaschen Kartoffeln und Bananen zu verscheuern? Hör zu!«
Er beugte sich über den Tisch nach vorn und sah mich
an. »Ich hab nachgedacht, Fran. Wir beide müssen sehen,
dass wir rauskommen aus unserer Lage. Es gibt eine Möglichkeit. Wenn ich im Laden etwas gelernt

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