Granger Ann - Varady - 01
Tennisschläger als Paddel.
Das Wetter an jenem Tag war besser als in der ganzen Zeit
vorher. Bleiche Sonnenstrahlen inspirierten die Ladeninhaber, Gestelle mit Waren auf die Straße zu rollen. Trotzdem
war Camden dreckig wie immer und die Rinnsteine übersät
mit Abfall. In den Seitengassen gab es ein paar Stände mit
Obst und Gemüse, die durch abgerissene Blätter und zerquetschte Früchte ihren Teil zum allgemeinen Unrat beitrugen. Beim Anblick der Stände musste ich an Ganesh denken,
und ich wünschte, ich hätte ihn nicht mit meinen Problemen
belästigt. Er hatte genügend eigene. Es waren reichlich Leute
unterwegs, aber niemand, den ich kannte und der mir hätte
weiterhelfen können.
»Wir verschwenden nur unsere Zeit«, sagte ich ärgerlich.
»Wie es scheint, kann ich nicht beweisen, dass ich hier war.
Trotzdem, es ist die Wahrheit!«
Wir suchten ohne rechte Begeisterung weiter. Gerade als
wir aufgeben wollten, entdeckte ich ein Pärchen, das ich
kannte. Der Mann hieß Lew, das wusste ich, doch an den
Namen der Frau konnte ich mich nicht erinnern. Ich sprang
aus Janices Wagen und rannte hinter ihnen her, wobei ich
seinen Namen rief.
Sie wären fast entwischt, doch ich schaffte es, ihn am Arm
zu packen. Seine Freundin verstand meine Aufregung falsch
und ging auf mich los. Es dauerte ein paar spannungsgeladene Minuten, bis ich erklärt hatte, was los war. Sie war ein
ganzes Stück größer und schwerer als ich, und weder Lew
noch irgendjemand anderes schien geneigt einzugreifen,
auch wenn sich rings um uns eine Menschenmenge versammelte und uns anfeuerte. Schließlich gelang es mir, ihnen beiden begreiflich zu machen, dass ich ihre Hilfe benötigte und nicht beabsichtigte, mich in ihre Beziehung zu
drängen. Als unser Kampf endete, löste sich die Menge der
Schaulustigen rasch wieder auf. Einige warfen ein paar
Münzen hin, vielleicht unter dem Eindruck, dass wir irgendein Straßentheater aufgeführt hätten.
Während der ganzen Zeit, in der ich von einer Amazone
in Netzstrümpfen und Kampfstiefeln bedroht worden war,
hatte sich Janice im Hintergrund gehalten und nicht die geringste Anstrengung unternommen, mir zu Hilfe zu kommen, genauso wenig wie all die anderen Gaffer. Als sie sah,
dass sich die Dinge beruhigten, kam sie heran. Widerwillig
erzählten die beiden, dass sie Nev und mich am Montagnachmittag in Camden Lock gesehen und dass wir zusammen Kaffee getrunken hatten. Ich konnte deutlich sehen,
dass keiner von beiden gerne bereit war, mir mein Alibi zu
bestätigen. Wenigstens stritten sie es nicht rundheraus ab,
und ihr Zögern sorgte dafür, dass Janice eher geneigt war,
ihnen zu glauben.
Ich bedankte mich bei ihnen und sagte, dass es mir Leid
tue, ihnen Unannehmlichkeiten bereitet zu haben. Sie waren nicht besonders gnädig gestimmt, doch sie gaben ihre
Namen und Adressen heraus, bevor die Amazone ihren
Mann wie eine Jagdtrophäe davonschleppte. Es war nicht
meine Schuld, doch ich wusste, dass sie es anders sahen, und
ich wusste auch, dass ich mich in Zukunft aus diesem Teil
der Stadt fernhalten musste. Ich hatte meine letzte kostenlose Mahlzeit Chilibohnen genossen.
»Nun, das hilft uns zumindest ein Stück weiter«, sagte Janice ermutigend.
»Nicht viel«, entgegnete ich.
»Nein, nicht viel«, stimmte sie mir zu. Wenigstens war sie
ehrlich. Trotzdem, ich vertraute ihr immer noch nicht.
Da sie im Augenblick mir gegenüber großzügig gestimmt
schien, fragte ich sie nach der Obduktion. »Ist es nun Mord
gewesen oder nicht? Und falls nicht, warum brauche ich
dann überhaupt ein Alibi? Falls es ein Mord war, muss man
mir das sagen, geradeheraus. Ich muss nicht mit Ihnen kooperieren, wenn ich nicht weiß, worum es geht.«
Sie antwortete nicht. Stattdessen lenkte sie den Wagen an
den Straßenrand, gleich hinter einen Stand, der Vorhangstoff verkaufte, und drehte sich im Sitz zu mir um.
»Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, Fran. Es
wäre nicht der erste Fall, bei dem wir eine faule Geschichte
vermuten und nach erschöpfenden und kostspieligen Ermittlungen eingestehen müssen, dass das Opfer sich die
Verletzungen selbst zugefügt hat oder dass es ein Unfall war.
Menschen verletzen sich auf jede erdenkliche Weise. Ich
kann nicht einmal ansatzweise sagen, wie häufig eine Untersuchung Zeit, Geld und Personal gekostet hat, bis alle frustriert und erschöpft waren und die Akte ohne Ergebnis geschlossen wurde. Niemand gefällt so etwas. Auf der anderen
Seite hat
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