Granger Ann - Varady - 01
Anruf bei Ganesh gelernt. Ich sagte
ihr, dass ich nur wenige Münzen hätte, und bat sie, mich
zurückzurufen. Ich gab ihr die Nummer des Fernsprechers
und hängte auf.
Es klingelte fast im gleichen Augenblick. Ich nahm den
Hörer ab. »Janice, hören Sie zu! Brüllen Sie mich nicht an.
Sie können mich anbrüllen, wenn ich wieder in der Stadt
bin!«
Ich erzählte ihr, was ich auch Ganesh gesagt hatte und
warum ich in diesem Weinlokal war, dass Edna mir ein
Streichholzbriefchen gezeigt und wahrscheinlich den gleichen Mann gesehen hatte wie Ganesh. »Ich habe Eau de Cologne gerochen, als wir an diesem Abend in das Haus zurückgekehrt sind. Habe ich Ihnen das nicht gesagt? Jamie
Monkton benutzt ein sehr ähnliches Eau de Cologne.«
Sie brüllte nicht mehr, sondern wurde leise und sachlich.
»Fran, Sie könnten uns allen eine gewaltige Menge Scherereien verursachen. Sie sind intelligent genug, um zu wissen,
dass Sie sich nicht in polizeiliche Ermittlungen einmischen
sollten. Was diesen Brief angeht, Sie sind nicht befugt, irgendetwas aus diesem Haus mitzunehmen, und falls Sie es
doch tun, dann ist das Diebstahl.«
»Aber ich habe das Gefühl, dass dieser Brief der Schlüssel
zu der ganzen Sache ist!« Ich wurde allmählich ärgerlich. Sie
musste wirklich nicht so zugeknöpft sein. Hörte vielleicht
noch jemand anderes mit? Ja, dachte ich, wahrscheinlich
hörte jemand mit. Ihr Vorgesetzter vielleicht.
»Wir brauchen mehr als nur Vermutungen, Francesca!
Ich habe schon jetzt mehr als genug Grund, Sie wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen zu belangen! Was diesen Jamie Monkton angeht, kann ich aufgrund derart dürftigen Beweismaterials überhaupt nichts unternehmen! Die
Zeugenaussage dieser Pennerin ist nutzlos, das wissen Sie
selbst. Sie ist nicht zurechnungsfähig. Was die so genannte
Geruchsidentifikation eines Parfüms angeht – all diese Toilettenwässerchen für Männer riechen mehr oder weniger
gleich! Tom benutzt sie auch. Sie stinken!«
»Aber nicht dieses! Wie geht es eigentlich dem guten alten Tom?«, fragte ich, weil sie verlegen klang und ich ein
wenig sticheln wollte.
»Er ist noch immer ein Mistkerl. Er will wieder einziehen!«
»Und Sie lassen ihn?«
»Er will unsere Ehe retten. Er hat sogar einen Termin bei
einem Eheberater für uns vereinbart.« Ihr Tonfall änderte
sich. »Doch das hat nichts mit dieser Sache zu tun! Ich kann
nicht gegen diesen Monkton vorgehen, nur weil Sie glauben,
sein Parfüm wiederzuerkennen! Das ist kein Partyspiel,
Fran. Die Beschreibung, die Ihr Freund Ganesh Patel uns
geliefert hat, ist auch alles andere als präzise. Sie haben den
geheimnisvollen Mann nicht gesehen! Sie wissen nicht, ob
es Jamie Monkton war! Sie spekulieren , Fran, das ist alles!«
Allmählich kamen mir selbst Zweifel. Ich konnte mich irren.
»Die Kreide …«, sagte ich verzweifelt.
»Ist Ihnen selbst aus der Jackentasche gefallen, mitsamt
den Münzen!«
»Ist sie nicht! Ich hatte keine Kreide in der Tasche, das
weiß ich genau!«
»Beweisen Sie’s! Das können Sie nämlich nicht. Hören
Sie, das hier ist richtige polizeiliche Ermittlungsarbeit, kein
Spiel. Wenn Sie Detektiv spielen wollen, dann gehen Sie
und kaufen sich Cluedo !«
»Aber ich habe Ganesh vielleicht in Gefahr gebracht!«,
bellte ich in die Sprechmuschel. Zwei Frauen auf dem Weg
zur Toilette warfen mir erschrockene Blicke zu.
»Sie sind in Gefahr, Fran«, sagte Janice zuckersüß. »Und
ich bin es, die Ihnen gefährlich wird! Schaffen Sie Ihren
Hintern hierher nach London zurück, und zwar pronto , haben Sie mich verstanden? Und hören Sie auf mit diesem
Unsinn! Wenn Sie weiter versuchen, Detektiv zu spielen,
werde ich dafür sorgen, dass man Sie wirklich wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen belangt!«
»Stecken Sie sich Ihre Ermittlungen sonst wohin!«, giftete
ich. Ihre Undankbarkeit hatte mich wirklich auf die Palme
gebracht. Ich legte den Hörer auf, bevor sie antworten
konnte.
Ich stampfte zurück in das Lokal und fast in mein Verderben.
Jamie war da. Er saß an einem Tisch und begann gerade
seine Nierenpastete zu essen, während er sich mit einem
blassen Mann in einem Geschäftsanzug unterhielt. Der blasse Mann löffelte eine Suppe, und es sah aus, als wäre sie alles, was er essen würde. Neben seinem Glas stand eine Flasche Mineralwasser. Vielleicht litt er unter einem Magengeschwür. Depressiv genug sah er jedenfalls aus. Obwohl
wahrscheinlich jeder depressiv geworden wäre, wenn er
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