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Granger Ann - Varady - 01

Titel: Granger Ann - Varady - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nur der Tod ist ohne Makel
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entgegnete ich und blieb diesmal eisern stehen, obwohl ich am liebsten davongelaufen wäre. Er kann
mir nichts tun, sagte ich mir. Ich bin Alastairs Gast.
»Was suchen Sie hier?«
»Ich suche Kelly«, wiederholte ich wenig freundlich.
»Spielen Sie nicht das Dummchen!« Er reckte mir sein
hässliches Gesicht entgegen. »Ich meine nicht den verdammten Stall. Ich meine hier, auf Astara . Wie heißen Sie
noch gleich?«
»Ich bin zu Besuch!«, sagte ich mit großartiger Geste.
Er spuckte zur Seite aus und gab mir damit zu verstehen,
was er von meiner Antwort hielt.
»Fragen Sie doch Mr. Alastair, wenn Sie mir nicht glauben!«
Seine kleinen steinharten Augen bohrten sich in mich.
»Sie halten sich wohl für sehr clever, wie? Passen Sie bloß
auf! Ich werd Sie im Auge behalten!« Das glaubte ich ihm
sofort.
Ich beschloss, ihm nicht zu antworten, hauptsächlich
deswegen, weil mir keine passende Antwort einfallen wollte.
Er schien zufrieden, dass er seine Drohungen losgeworden
war, und wandte sich ab, um wieder in die Pferdebox zurückzukehren und das unglückselige Tier darin weiter zu
verwünschen.
Ich eilte davon und verbarg mich im Gestrüpp aus Sommerflieder neben der Garage. Der süße Duft war überwältigend und erinnerte mich an Honig. Die malvenfarbenen
Blüten wurden von zahllosen Schmetterlingen bevölkert.
Ein kleiner Vogel, dessen Art ich nicht bestimmen konnte
(ich kenne nur Spatzen), schoss zwischen den Schmetterlingen hindurch und fing sie geschickt. Sie taten mir Leid, und
gleichzeitig bewunderte ich die Geschicklichkeit des kleinen
Vogels.
Er war auf der Jagd. Ich lag mit schussbereiter Kamera
auf der Lauer. Denn auch ich war auf der Jagd.
    Jamie ließ nicht lange auf sich warten. Um anzukommen,
brauchte er etwa zehn Minuten länger, als ich mir ausgerechnet hatte. Vielleicht hatte er in Winchester auf dem
Parkplatz noch ein paar Minuten gewartet, um zu sehen, ob
ich mit ihm fahren würde. Er fuhr den Wagen zur Garage
hinauf und stieg aus. Ich machte einen Schnappschuss von
ihm, als er die Tür schloss. Dann ging er um den Wagen
herum und inspizierte die großen Schmutzflecken von unserer Begegnung mit der Kuhherde. Es gab mir Gelegenheit
zu zwei weiteren Schnappschüssen. Schließlich blickte er die
Auffahrt hinunter, und ich erhielt Gelegenheit zu einer
wunderbaren Profilaufnahme.
    Ich wurde unvorsichtig, und anscheinend muss ich mich
bewegt haben, denn der Flieder raschelte, und Jamies Kopf
fuhr zu mir herum. Ich hielt den Atem an. Doch mein kleiner Freund, der Vogel, flatterte genau in diesem Augenblick
auf. Jamie entspannte sich wieder und ging pfeifend in
Richtung des Hauses davon.
    Ich wartete noch ein paar Minuten und folgte ihm. Ich
betrat das Haus durch die Küche. Ruby war da und machte
Kuchenteig. Eine andere Frau, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, bearbeitete einen Stapel Bügelwäsche in der Ecke.
    »Hallo, meine Liebe«, begrüßte mich Ruby. »Sie sind also
mit Mr. Jamie zurückgekommen?«
»Nein, ich bin früher gekommen. Ich war fertig in der
Stadt.« Ich warf einen neugierigen Blick zu der anderen
Frau, die nicht von ihrer Arbeit aufgesehen hatte und auch
sonst mit keinem Zeichen zu erkennen gab, dass sie mein
Eintreten bemerkt hatte.
Sie besaß eine unförmige Gestalt und sah aus, als bestünde sie aus Teig. Ihr glattes graues Haar war in der Mitte gescheitelt und mit ein paar Klammern nach hinten gesteckt.
Sie trug eine Schürze, wie ich sie seit vielen Jahren nicht
mehr gesehen hatte.
»Das ist Mrs. Lundy«, sagte Ruby und nickte in Richtung
der Frau. »Sie kommt zweimal die Woche vorbei und hilft
mir im Haus.«
In der Annahme, dass Mrs. Lundy Rubys Worte gehört
hatte, sagte ich Hallo. Doch sie bügelte weiter, ohne auch
nur die geringste Reaktion zu zeigen.
»Gehört sie … ich meine, ist sie …?«
»Joey Lundys Frau«, kam Ruby mir zuvor. »Sie wohnen
im Bungalow hinter dem Haus.«
Sie redete ganz normal, und Mrs. Lundy musste es hören
– trotzdem ließ sie sich nicht das Geringste anmerken. Sie
hielt lange genug inne, um Wasser aus einer kleinen Schüssel auf die Wäsche zu spritzen, dann machte sie weiter. Mir
kam der Gedanke, dass sie vielleicht taub war.
So taktvoll es ging; hob ich eine Hand und tippte mit fragend hochgezogenen Augenbrauen gegen mein Ohr.
»O nein!«, sagte Ruby fröhlich. »Sie hört ganz normal. Sie
redet nur nicht viel. Ein wenig schwer von Begriff, aber eine
fleißige Person. Sie hat das Bügeln zu einer richtigen Kunstform

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