Granger Ann - Varady - 02
ungefähr einen Monat lang gut, dann fing alles wieder von vorne
an. Es hat irgendetwas mit seinen sexuellen Gelüsten zu tun,
verstehst du? Er kann es nicht mit einer Frau tun, wenn er
sie nicht vorher verprügelt hat. Es peitscht ihn auf, macht
ihn scharf.«
»Hat er dich auch geschlagen?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf, und die langen Haare fielen ihr
ins Gesicht. Sie hob die rechte Hand, um sich die Haare aus
der Stirn zu streichen, und als sie die Hand wieder fallen
ließ, kam ihr langes Haar zwischen Stuhllehne und Oberschenkel zum liegen.
»Es war die eine Sache, die Mummy niemals geduldet
hätte, und das wusste er. Doch er musste mich nicht schlagen. Er konnte mich benutzen, um meiner Mutter auf andere Art Angst zu machen. Er hat für teure Schulen bezahlt,
für Ballettunterricht, Klavierstunden und für alles. Er hat
mir ein Pony gekauft. Wir hatten ein hübsches großes Haus.
Er brauchte zu meiner Mutter nur zu sagen, dass ich all das
verlieren würde, wenn sie ginge und mich mitnähme. Meine
Mutter wollte nur das Beste für mich, und er hat sie davon
überzeugt, dass all diese Dinge das Beste wären. Dass es ein
Haus voller Gewalt und Furcht war, schien es und all das,
was mit dem Haus verbunden war, nicht weniger wünschenswert zu machen.«
Aggressiv fügte Lauren hinzu: »Versteh meine Mutter
nicht falsch! Sie wollte keine materiellen Vorteile für sich
selbst, sie wollte alles nur für mich. Sie war an einem ziemlichen Tiefpunkt angelangt, als sie ihn kennen gelernt hat. Sie
hatte alles verloren und war wirklich verzweifelt. Sie hatte
sogar schon befürchtet, mich weggeben zu müssen. Er erschien ihr wie die Antwort auf ihre Gebete, und damals war
er wohl ganz in Ordnung. Niemand, in den sie sich Hals
über Kopf verliebt hätte, doch ein guter Mann, der uns ein
komfortables Heim und Sicherheit bieten konnte.
Wie sehr meine Mutter sich da getäuscht hat! Er war kein
guter Mann. Es gab keine Sicherheit – nur Angst. Nur das
behagliche Zuhause war real. Sie klammerte sich daran. Es
war das Einzige, das von den Trümmern ihrer Träume übrig
geblieben war.«
Laurens Blick war geistesabwesend geworden, wie in weite Ferne gerichtet, als die Erinnerungen hochkamen. »Ich
habe versucht, ihr zu sagen, dass ich mir nichts mehr
wünschte, als sie frei von ihm und glücklich zu sehen. Doch
sie sagte immer nur, dass ich nicht verstehen könnte, wie
wichtig es wäre, wenn ich eine gute Ausbildung erhielte,
mich in guter Gesellschaft bewegte, nette Freundinnen hätte
und nette Jungen kennen lernte. Sie hat versucht, das Beste
aus einer schlimmen Geschichte zu machen. Wenn ich auch
nur einen Vorteil aus diesem elenden Deal gezogen habe,
dann hat sie wenigstens nicht völlig versagt.«
Sie rümpfte abfällig die Nase. »Diese netten Jungs und ihre gut situierten Eltern wären meilenweit davongerannt,
wenn sie die Wahrheit gewusst hätten. Mummy war nicht
dumm, aber sie war krank, und sie machte sich wegen meiner Zukunft Sorgen. Sie wusste, dass sie sterben und mich
allein zurücklassen würde. Wenn sie mich bei Vinnie ließ,
wäre ich wenigstens materiell abgesichert. ›Ich werde kein
alter Knochen, Lauren‹, sagte sie immer zu mir.«
»Aber sie ist wenigstens einmal davongelaufen«, wagte ich
zu unterbrechen.
»Ja. Im Grunde ihres Herzens hat sie gewusst, dass sie
von ihm wegmusste. Ich schätze, sie wusste einfach nicht
mehr weiter. Sie war in eine schlimme Lage geraten und
hatte keine Ahnung, wie sie etwas daran ändern sollte. Vinnie hatte die Oberhand gewonnen, und sie war so abhängig
von ihm, dass sie sich alles hat gefallen lassen, was ihm einfiel. Ich kann es nicht erklären. Es passiert einfach. Es passiert andauernd, überall.«
»Ich versteh’s nur zu gut, glaub mir oder lass es meinetwegen«, unterbrach ich sie. »Aber nachdem deine Mutter
gestorben war, hättest du aus Szabos Haus ausziehen können.«
Sie antwortete mit einem eigenartigen, knappen Lächeln.
»Sicher hätte ich das gekonnt. Ich hätte weggehen, und
Vinnie damit davonkommen lassen können. Davonkommen mit all den Jahren voll Elend, die er meiner Mutter bereitet hat. Doch ich war schon lange zu dem Entschluss gekommen, dass ich das nicht dulden würde. Ich würde ihn irgendwie dafür bezahlen lassen. Ich war nicht sicher wie, aber
ich wusste, dass ich es ihm eines Tages heimzahlen würde. Also blieb ich bei ihm und wartete auf eine Gelegenheit.«
Sie zuckte die Schultern. »Das Eigenartige an der
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