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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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denn?«
»Eine Ratte …«, flüsterte ich und packte ihn am Arm.
Ich muss gestehen, dass ich an Ratten überhaupt nicht gedacht hatte. Noch ein Grund, seinen Schlafplatz mit einem
Hund zu teilen, wenn man draußen auf der Straße übernachtete. Ratten mögen keine Hunde.
Ich mag keine Ratten. Ich stelle mich eher einem Stadtstreicher, mit oder ohne Hund, mit Flasche oder Messer
und in jedem Gemütszustand und jedem Grad an Alkoholisierung, als dass ich freiwillig einer Ratte gegenübertrete.
»Wir lassen diesen Durchgang aus«, entschied ich schnell.
Nach dieser Begegnung hatte ich ein besseres Gespür für
Ratten, als Ganesh es für geifernde Hunde hatte. Mehr als
einmal sah ich welche. Ein Pärchen huschte um einen Müllsack aus Plastik herum, in das es ein Loch gefressen hatte.
Am schlimmsten war das Monster mit dem langen schuppigen Schwanz, das ich auf einer Erdgeschoss-Fensterbank erspähte. Das war genug. Von diesem Augenblick an würde
ich nie wieder die Fenster meiner Wohnung öffnen, ganz
gleich, wie heiß und stickig es würde!
Die ganze Zeit über waren wir in Richtung der St.-AgathaKirche unterwegs gewesen, wo Albie nach seinen eigenen Worten des Nachts mehr oder weniger regelmäßig unter deren
Windfang schlief. Obwohl es also inzwischen stetig regnete
und eine unangenehme Nacht zu werden versprach, war ich
noch nicht bereit aufzugeben.
Ganesh war anderer Ansicht. »Ich habe allmählich die
Nase voll!«, erklärte er. »Und ich bin hungrig!« Sein regennasses langes schwarzes Haar klebte ihm im Gesicht, und er
untersuchte den Riss in seiner Jeans, den der Dobermann
hinterlassen hatte.
Ich aber hoffte, Albie bei der Kirche zu finden. Was wir
bisher auf dem Weg dorthin gemacht hatten, war lediglich
auf die Chance eines Glückstreffers hin geschehen. Ich hatte
nicht damit gerechnet, dass uns einer von Albies Tippelbruder-Kollegen etwas erzählen würde.
»Wir müssen auf jeden Fall noch St. Agatha überprüfen«,
sagte ich. »Dann hören wir auf und gehen irgendwo etwas
essen, versprochen.«
»Na gut«, murmelte er.
Ich schlug freundlich vor, dass er nach Hause gehen könne, falls ihm das lieber wäre. Er entgegnete, dass ›nach Hause‹ in diesem Fall die Rückkehr in Onkel Haris Wohnung
über dem Laden bedeutete. Nach dem Stress, den er mit
Hari gehabt hatte, nachdem er, Ganesh, vom Großhändler
zurückgekommen war, konnte er eine Onkel-Hari-Atempause
vertragen, selbst wenn sie darin bestand, mit mir im Regen
durch die Straßen zu streunen und Leib und Leben dabei zu
riskieren, die Obdachlosen aufzuscheuchen.
»Du wirst sehen, Flöhe sind noch das wenigste, was wir
uns einfangen«, prophezeite er.
Ich bin mehr als häufig dankbar für Ganeshs Anwesenheit.
Hin und wieder jedoch frage ich mich ernstlich, ob seine Art
von Unterstützung das ist, was ich wirklich brauche.
    Die Gegend um St. Agatha ist eine stille Wohngegend – zumindest in der Nacht, meine ich. Die Straßenlaternen
brannten auch nicht besonders hell. Die imitiert gotische
Kirche ragte in den Himmel wie die Kulisse des Schwarzweißfilms, den ich am Abend zuvor gesehen hatte, lauter
Spitzen und Bögen, halb versteckt in tiefen Schatten. Besonders gut konnte man die Kirche nicht sehen, denn sie
wurde auch noch verdeckt durch zahlreiche Bäume, die an
der Straße entlang gepflanzt waren. Außerdem war eine der
Straßenlaternen in der Nähe ausgefallen. Ein Eisengeländer
trennte das Grundstück vom Bürgersteig. Es gab ein Tor,
doch das war mit einer Kette und einem Vorhängeschloss
gesichert.
    »Das war’s also«, hörte ich Ganesh erleichtert sagen,
nachdem er am Tor gerüttelt hatte, und er wandte sich
schon zum Gehen.
    »Machst du Witze?«, hielt ich ihn davon ab. »Wenn du
auf Platte pennst, dann suchst du dir ’nen sicheren Platz. Es
muss einen Weg nach drinnen geben!«
    Und den gab es auch, ein kleines Stück weiter, versteckt
hinter einem ausladenden Sommerfliederbusch. Das Gitter
war hier gut angerostet gewesen, und zwei Stangen waren
herausgerissen worden. Wir quetschten uns hindurch und
näherten uns dem Windfang, der ungefähr zweieinhalb Meter breit war und keinerlei Art von Tür besaß. Ich drehte
mich um, als wir dort ankamen, und ließ meinen Blick über
die Straße schweifen, um herauszufinden, was Albie von der
angeblichen Entführung wirklich gesehen haben konnte.
Nicht sonderlich viel, wie ich jetzt feststellte, wegen der
Bäume. Einen Augenblick lang überkamen mich Zweifel.
War Albies

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