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Granger Ann - Varady - 02

Titel: Granger Ann - Varady - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denn umsonst ist nur der Tod
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Haufen in der Ecke wogte, und ein weiterer Schwall
fauliger Luft schlug mir entgegen. Ich legte hastig die Hand
über meine Nase und wich zurück. »Sie können liegen bleiben,
wo Sie sind, und es mir von dort aus erzählen«, keuchte ich.
Von irgendwo in dem Haufen aus Lumpen und Dunkelheit tauchte eine ausgestreckte Hand auf, mit der Innenfläche nach oben. Sie sah aus wie etwas, das man findet, wenn
man eine Mumie auswickelt. »Geben Sie her, Schätzchen,
die zwei Mäuse.«
Ich legte eine Münze in die welke Hand. »Reden Sie mit
mir, und Sie kriegen die andere auch.«
Seine Klaue umschloss die Münze und verschwand wieder in der Dunkelheit. »Manchmal spielen sie einem dumme Streiche«, brummelte er. »Manchmal geben sie mir die
Dinger, die man in Slotmaschinen steckt.«
Ich wartete, bis er sich überzeugt hatte, dass die Münze
echt war. »Hab ihn seit über ’ner Woche nicht mehr geseh’n«, begann er unvermittelt. »Ich kenn ihn, ja. Kenn ihn
seit Jahr’n. Bin heute Nacht hergekommen, weil ich gedacht
hab, er wär hier. Aber er war nich hier. Normalerweise
kommt er früher oder später her, versteh’n Sie? Er schläft
nämlich hier.«
So viel wusste ich bereits. Eine Woche. Ich fragte mich,
wie gut der alte Mann die Zeit im Auge hatte. »Als Sie Albie
das letzte Mal gesehen haben, hat er da irgendetwas Besonderes erwähnt? Beispielsweise, dass er was beobachtet hat,
da draußen vor der Kirche? In der Nacht?«
»Nicht viel zu beobachten hier draußen, Schätzchen. Die
Straße runter ist ein Heim für Frauen. Manchmal gibt’s da
’n paar Probleme.«
Das Frauenhaus. Irgendwie kamen wir scheinbar immer
wieder darauf zurück.
»Hat er erzählt, dass er irgendeine Prügelei oder etwas in
der Art bei diesem Frauenhaus gesehen hat?«
»Nein … er kümmert sich nicht um so was. Keiner von uns
tut das. Was man nich sieht, bringt einen nich in Schwierigkeiten.«
Doch Albie hatte etwas gesehen, und ich befürchtete, dass
es ihn in Schwierigkeiten bringen würde. Von dem Alten
hier war jedenfalls nichts mehr zu erfahren. Ich gab ihm die
zweite Ein-Pfund-Münze.
»Danke, Schätzchen«, brummelte er und erlitt einen weiteren Hustenanfall.
»Zufrieden?«, fragte Ganesh, als ich wieder draußen bei
ihm war.
»Das ist wohl kaum das richtige Wort!«, fauchte ich wütend. »Tut mir Leid«, fügte ich hinzu. »Aber du weißt, was
ich meine.«
»Ich weiß, was du meinst«, sagte er. »Aber es gibt nichts,
was du dagegen tun kannst, Fran.«
Wir machten uns auf den Rückweg. Die Luft hier draußen auf der Straße war kristallklar und sauber verglichen zu
dem Gestank im Windfang. Die Überreste davon hafteten
hartnäckig in meiner Nase. Ich überlegte, warum der Pfarrer
keine Außentür an dem Windfang hatte anbringen lassen.
Aber wahrscheinlich hatte er das, und irgendwann waren sie
es leid gewesen, dass die Tür immer wieder aufgebrochen
worden war. Vielleicht hatten sie überlegt, dass es besser
war, Stadtstreicher in dem Windfang übernachten zu lassen,
als dass sie in die Kirche selbst einbrachen auf der Suche
nach einem Unterschlupf. Es war inzwischen tiefe Nacht.
Der Regen, der dazu beigetragen hatte, dass wir das Wetter
als zu kalt für die Jahreszeit empfunden hatten, war schwächer geworden. Das Licht der Straßenbeleuchtung glitzerte
in Pfützen und auf dem nassen Asphalt. Der Klang unserer
Schritte hallte über das Pflaster. Ein einzelner Wagen fuhr
vorbei und spritzte Wasserfontänen aus den Pfützen über
den Bürgersteig. Wie der Alte gesagt hatte, viel Betrieb gab
es nicht in dieser Gegend. Es war eine anständige Gegend,
und die Menschen versperrten des Nachts ihre Türen und
gingen nicht auf die Straße. Nicht zu Fuß jedenfalls.
Aber es war jemand unterwegs. Ganesh berührte mich
am Arm und zeigte nach vorn.
Eine zerzauste Erscheinung war eine Straßenecke weiter
vorne aufgetaucht und kam über das Pflaster in unsere
Richtung getappt. Sie trug einen übergroßen Mantel, der bei
jedem Schritt wie Fledermausflügel flatterte.
Ich atmete überrascht ein. »Albie?«
Dann geschah es.
Ein Wagen schoss um die Straßenecke und kam mit
quietschenden Bremsen neben der einsamen Gestalt zum
Halten. Zwei Männer sprangen heraus, einer groß, der zweite kleiner, beide in dunkler Kleidung und mit Strickmützen,
die sie bis weit über die Ohren heruntergezogen hatten. Sie
packten den überraschten Fußgänger und zerrten ihn mit
geübten Bewegungen in Richtung Wagen. Das Opfer setzte
zu

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