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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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würde sie die Tatsache, dass ich sie heute Abend alleine ließ, mit
auf die Liste von Dingen setzen, die sie gegen Ganesh hatte.
Wir landeten in einer Burgerbar ganz in der Nähe, wo wir
beide einen Vegaburger bestellten. Ganesh ist der Vegetarier, nicht ich, doch irgendwie war ich in letzter Zeit von
Fleisch abgekommen. Ich musste immerzu an tote Dinge
denken, wenn ich Fleisch aß. Der Vegaburger bestand
hauptsächlich aus Bohnen. Was die Aussichten für den
nächsten Tag, wenn ich Grice begegnete, noch düsterer
machte. Ich würde unter Blähungen leiden. Andererseits
reichte der bloße Gedanke daran, Grice gegenüberzutreten,
vollkommen aus, dass ich mir fast in die Hosen machte.
Das gemeinsame Abendessen gab mir Gelegenheit, Ganesh zu erklären, dass ich am nächsten Morgen nicht zur
Arbeit kommen konnte. »Es tut mir Leid, wenn ich dich
hängen lassen muss«, sagte ich, »aber mir ist etwas Wichtiges dazwischengekommen. Eine von diesen Geschichten.
Vielleicht kannst du Dilip bitten, mich für ein paar Stunden
zu vertreten?«
»Du weißt ja, dass ich mich nicht in deine Angelegenheiten einmische«, sagte Ganesh, »und ich fange jetzt bestimmt
nicht damit an. Aber du sollst wissen, dass ich weiß, dass du
etwas im Schilde führst. Bitte versprich mir, dass du vorsichtig bist.«
»Ich bin vorsichtig«, versprach ich ihm. Ich würde vorsichtig sein.
»Und sag diesem Harford«, fuhr er grimmig fort, »dass
ich ihm auf die Füße treten werde, falls irgendetwas schief
geht, was auch immer es ist.«
»Du magst diesen Harford wohl nicht«, sagte ich.
»Richtig. Im Gegensatz zu dir.«
»Blödsinn!«, schnappte ich mit vollem Mund. »Das Gleiche hast du mir schon mit Sergeant Parry andichten wollen!
Ehrlich, Gan, du verwandelst dich noch in einen Kuppler,
wenn das so weitergeht.« (Ich wusste, dass ihn das ärgern
würde. Das war der Grund, aus dem ich es sagte.)
»Ich hab nicht gesagt, du wärst scharf auf Parry!«, widersprach Ganesh. »Ich hab gesagt, er ist scharf auf dich! Und
das ist er auch. Also hatte ich Recht. Aber du wirst nichts
mit ihm anfangen, oder? Sehen wir den Tatsachen ins Auge:
Er ist ungehobelt. Harford hingegen hat gute Manieren, ist
gebildet und hat Aussichten auf eine Karriere, außerdem
sieht er gut aus. Selbstverständlich bist du interessiert. Aber
wenn das dazu führt, dass du dumme oder leichtsinnige
Entscheidungen triffst, dann ist das nicht gut. Das ist alles.«
Ich sagte ihm, dass er Glück hätte, weil er seinen Vegaburger bereits aufgegessen hatte, sonst hätte ich ihm das
Ding in den Hals gestopft.
    Der nächste Morgen war freundlich und hell, einer jener
Wintertage, an denen das Wetter ganz und gar untypisch ist
und man das Gefühl hat, der Frühling hätte sich in die falsche Jahreszeit verirrt. Die bleiche Sonne, die angenehme
Luft, der muntere Ausdruck in den Gesichtern der Passanten, all das schien sich gegen mich verschworen zu haben
und mich zu verhöhnen. Ich fühlte mich wie eine Frau auf
dem Weg zum Schafott. Es war so ungefähr das Dümmste,
was ich jemals getan hatte.
    Kurz vor zwölf begann ich meinen langen, einsamen Weg
über die Hungerford Bridge. Unter mir auf dem Damm sah
ich Cleopatras Needle einsam und merkwürdig fehl am
Platz, genau wie ich mich hier oben auf der Brücke fühlte.
Der schmale Gehweg der Brücke war voll mit Menschen, die
in beide Richtungen unterwegs waren. Sie verlangsamten
ihren Weg, als sie an einem älteren Mann vorbeikamen, der
seinen Drachen steigen ließ. Er war ziemlich gut. Der Drachen aus irgendeinem silbern glänzenden Material war hoch
oben über dem Wasser. Er hing an einer, wie es aussah,
zweckentfremdeten hauchdünnen Angelschnur, mit der er
geschickt kontrolliert wurde. Er tanzte und kreiste und erweckte die Aufmerksamkeit von so gut wie jedem in der
Umgebung. Viele Leute blieben stehen und warfen einen
zweiten Blick darauf, nicht sicher, ob es ein Vogel, ein Helikopter oder – manche gaben die Hoffnung einfach nie auf –
ein UFO war. Dann bemerkten sie den Alten und wussten,
dass es ein Drachen war. Ich beneidete den Mann um seine
Gemütsruhe, als ich an ihm vorbeikam.
    Zu meiner Linken glitzerte der Fluss, und wenn ich in der
Stimmung gewesen wäre, hätte ich den Anblick wahrscheinlich bewundert. Es herrschte jenes perlmuttartige Licht, das
an Tagen wie diesem häufig über der Themse hängt. Die
große Kuppel von St. Pauls, wo der Fluss einen weiten Bogen macht, überragte die Gebäude ringsum.

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