Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
Vom Netzwerk:
Trotzdem zögerte ich.
Er trat mir in den Weg, sodass ich nicht weitergehen
konnte. Ich verfluchte mich im Stillen für meine vorübergehende Schwäche, die ihm diese Gelegenheit geboten hatte.
Ich wusste aus Erfahrung, dass Typen wie er häufig nur
schwer wieder abzuschütteln waren.
»Nun nehmen Sie schon, Süße«, beharrte er und brachte
sein Gesicht ganz nah an meines. Ich blickte ihm in die Augen und bemerkte ein Funkeln, das Intelligenz verraten
konnte, aber vielleicht auch nur Boshaftigkeit war. Er schob
mir ein paar Flugblätter in die Hand. »Kaufen Sie sich was
Schönes, Süße. Total billig!«
»Tatsächlich?«, fragte ich. »Ja, warum nicht?« Ich steckte
die Flugblätter ein.
Ich nahm sie erst wieder hervor, als ich zu Hause und in
Sicherheit angekommen war. Es überraschte mich nicht
weiter, dass ich nicht mehrere Flugblätter, sondern ein
Flugblatt und darunter einen braunen Umschlag hatte.
Ich öffnete den Umschlag und schüttete den Inhalt auf
Daphnes Küchentisch. Einen Streifen Negative und vier Abzüge, die ich wiedererkannte.
Die Polizei hatte ihr Versprechen gehalten. Nun war ich
an der Reihe, meines einzulösen.
KAPITEL 17 An jenem Abend gingen Ganesh
und ich zusammen essen. Ich hatte Gewissensbisse und wäre von alleine bestimmt nicht ausgerechnet an diesem Tag
ausgegangen, doch er kam kurz nach acht vorbei und fragte,
ob ich schon gegessen hätte und falls nicht, ob ich nicht
vielleicht Lust hätte, mit ihm auszugehen.
»Vielleicht haben wir diesmal mehr Glück«, sagte er,
»und finden keine Leiche vor deiner Tür, wenn wir zurückkommen.«
Fast hätte ich gesagt, dass er sich lieber nicht darauf verlassen sollte und dass der Leichnam durchaus mein eigener
sein könnte – doch er hätte es wahrscheinlich nicht als Witz
aufgefasst. Genauso wenig wie ich übrigens.
»Wird das ein weiteres Weihnachtsessen für das Personal?«, fragte ich stattdessen. Konnte ja nicht schaden.
»Nein, ist es nicht«, antwortete er. »Wir können uns keine zwei Weihnachtsessen leisten. Du musst diesmal selbst
bezahlen. Oder ich lade dich ein, wenn du möchtest«, fügte
er großzügig hinzu.
Rein zufällig war Daphne an diesem Abend zu einer
Freundin gegangen, und ich war alleine im Haus. Ich war
noch nicht dazu gekommen, mir ein paar Brote zu machen –
meine Vorstellung von einem Abendessen. Also gingen wir
aus, nachdem wir vorher festgelegt hatten, dass ich selbst bezahlen würde. Es war eine Sache, auf Geschäftskosten essen
zu gehen, doch eine ganz andere, Ganesh bezahlen zu lassen.
Nicht, weil er kein Geld hatte, aber so funktionierte unsere
Freundschaft nicht. Er hatte mir in der Vergangenheit immer
wieder Geld geliehen, wenn ich vollkommen pleite gewesen
war oder dringend Geld gebraucht hatte, doch ich hatte es
stets zurückgezahlt. »Niemandem etwas schulden und niemandes Gläubiger sein«, wie Mrs Worran stets gesagt hatte.
Sie war unsere Nachbarin gewesen, als Dad und Großmutter Varady noch gelebt hatten. Sie hatte irgendeiner exklusiven Sekte angehört, so exklusiv, dass der Himmel menschenleer sein musste, wenn sie die Einzigen waren, die errettet wurden. Niemand außer ein paar Mrs Worrans, die
sich dort oben herumtrieben. Mrs Worran hatte einen ganzen Stapel derartiger Sprichwörter, für jede Gelegenheit das
passende. Sie waren ausnahmslos negativ. Sie besaß auch einen Vorrat schlecht gedruckter Traktate, die sie spät in der
Nacht heimlich in die Briefkästen verteilte, als wüssten wir
nicht, dass sie von ihr kamen. Einmal, im Alter von zehn
Jahren, als ich unglücklicherweise mit dem Fahrrad in ihre
Ligusterhecke gestürzt war und ein großes Loch verursacht
hatte, kam sie aus dem Haus geschossen und sagte zu mir,
dass ich ganz sicher in der falschen Hälfte stecken würde,
wenn eines Tages die Schafe von den Ziegen getrennt wurden. Als ich von der Schule flog, war Mrs Worran in ihrem
Element. Selbst als Großmutter kurz nach Dad starb und ich
ganz allein übrig blieb, informierte mich Mrs Worran, dass
man sich um mich keine Gedanken machen müsse; sie wäre
sicher, dass ich zurechtkäme. »Der Teufel kennt die Seinen«,
sagte sie, was mir bereits damals einigermaßen obskur erschien und was ich bis heute nicht ganz begriffen habe.
Wir ließen Bonnie eingesperrt in der Küche zurück, was
der kleine Terrier gar nicht wohlwollend aufnahm. Wir
konnten ihr protestierendes Heulen noch hören, als wir hinter uns die Haustür ins Schloss zogen. Wahrscheinlich

Weitere Kostenlose Bücher