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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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so
fantastisch erschien. Die Spiraltreppe hinunter, über die
York Road, durch die Subway, und schon war man am Eurostar Terminal. Ein paar Minuten zu Fuß, mehr nicht. War
es das, was Grice gemacht hatte? War er mit dem Eurostar
nach England gekommen, nur um diesen Austausch vorzunehmen? Anschließend musste er nichts weiter tun, als auf
dem gleichen Weg zurückgehen und in den nächsten Schnellzug nach Frankreich steigen. Es war so einfach. Ich fragte
mich, ob die Polizei ebenfalls daran gedacht hatte.
Pferdeschwanz ging zu Grice und flüsterte ihm etwas ins
Ohr. Grice ließ die Kamera sinken, und sie baumelte an
dem Riemen um seinen Hals. Ich schluckte mühsam; meine
Kehle war wie zugeschnürt. Wo blieben Harford und sein
Team? Bis jetzt hatte ich nichts weiter von ihnen gesehen als
den falschen Bettler oben auf der Fußgängerbrücke, viel zu
weit vom Schuss, um mir irgendwie helfen zu können. Er
war wahrscheinlich nur zur Sicherheit dort postiert, für den
Fall, dass Grice in diese Richtung zu flüchten versuchte. Ich
sah mich um in der Hoffnung, Grice würde nicht denken,
dass ich Hilfe suchte, sondern ich wäre einfach vorsichtig.
Das Pärchen in der Cafeteria hatte seinen Tisch verlassen
und kam nun Hand in Hand und immer noch verliebt
durch die Tür nach draußen. Grice näherte sich mir.
»Miss Varady?«
Seine Stimme besaß einen überraschend angenehmen
Klang. Ich hatte einen Schläger wie Pferdeschwanz erwartet,
aber Grice war selbstverständlich ganz anders. Foxley hatte
erzählt, dass Grice inzwischen wahrscheinlich irgendwo auf
der Welt ein untadeliges Leben führte, in der Maske eines
ehrenhaften Geschäftsmannes, einer wahren Stütze der Gesellschaft.
»Ich glaube, Sie haben etwas für mich«, fuhr er höflich
fort.
Die Sonnenbrille verhinderte, dass ich seine Augen sah.
Die Haare unter diesem albernen Hut schimmerten rötlich.
Er hatte sie schon wieder gefärbt. Wahrscheinlich besaß
er für jedes Foto in seinen falschen Pässen die richtige Haartönung.
Ich kramte nach dem Umschlag in meiner Tasche und
zerrte ihn hervor. »Was ist mit meinem Geld?«, zwang ich
mich zu fragen.
Grice bedachte Pferdeschwanz mit einem unmerklichen
Kopfnicken, und Pferdeschwanz zückte ebenfalls einen Umschlag. Grice streckte die Hand aus.
»Ich würde gerne zuerst den Inhalt prüfen, wenn Sie
nichts dagegen haben?«
»Tun Sie sich keinen Zwang an«, murmelte ich rau und
reichte ihm den Umschlag.
Er öffnete ihn, nahm die Negative hervor, hielt sie gegen
das Licht, dann betrachtete er die Abzüge. Schließlich sah er
mich an. »Ist das alles? Sie sind ganz sicher, ja?« Seine
Stimme klang nicht mehr ganz so angenehm.
»Ja«, flüsterte ich, weil es gelogen war. Ich hatte das Duplikat des Abzugs herausgenommen, das ich Pferdeschwanz gegeben hatte, um Fragen zuvorzukommen. Ich hatte schließ
lich behauptet, dass insgesamt nur vier Abzüge existierten.
Ein Zittern in meiner Stimme schien mich zu verraten.
Zwischen Hutkrempe und Sonnenbrille erschienen Falten
auf seiner Stirn. Ich spürte, wie er mich misstrauisch anstarrte. Die Angst ließ mich losplappern.
»Hören Sie!«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wer Sie sind, und
es ist mir auch völlig egal! Das sind nur ein paar blöde Urlaubsbilder. Er hat mir gesagt, Sie würden mir einen Riesen
dafür geben.« Ich bemühte mich, zugleich unterbelichtet
und rotzig zu klingen. Es schien zu funktionieren.
Das Stirnrunzeln verschwand wieder. Ein leichtes Lächeln
huschte über sein Gesicht. Er wandte sich zu Pferdeschwanz. »Gib ihr das …«
» Hey! Du! Ich kenne dich, verdammt! Wo ist mein Mädchen? «
Grice stieß einen Fluch aus. Pferdeschwanz wirbelte herum, und seine Hand zuckte unter die Jacke. Ich stierte ihn
an und wäre fast ohnmächtig geworden.
Am oberen Ende der Spiraltreppe war soeben eine große,
bärtige Gestalt in einer karierten Jacke und mit einer Wollmütze auf dem Kopf aufgetaucht. Jo Jo.
Ich hatte ganz vergessen, wie nah dieser Platz bei dem
Netzwerk aus Unterführungen lag, die einer ganzen Reihe
Obdachloser des Nachts als Schlafplatz dienten. Das war
die Gegend, wo Tig und Jo Jo übernachtet hatten, bevor
die Verzweiflung Tig zu mir getrieben hatte und in der
Folge zurück in die Midlands und in die klaustrophobische, geregelte, wenngleich komfortable Enge des Quayle’schen Haushalts.
Jo Jo machte einen Satz nach vorn und schwang eine geballte Faust in meine Richtung. »Ich hab gesehen, wie du mit
Tig geredet hast! Wo ist sie hin? Was hast du mit

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