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Granger Ann - Varady - 03

Titel: Granger Ann - Varady - 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die wahren Bilder seiner Furcht
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gedämpfter Hoffnung,
voll Resignation und nicht ganz verhohlenem Ressentiment.
Dieser Typ dort klang einfach viel zu munter, zu vergnügt,
fast, als würde er Fähnchen oder Sticker für die Wohlfahrt
verkaufen.
»Grottenschlechte Verkleidung«, murmelte ich ihm im
    Vorbeigehen zu.
»Ach, halten Sie die Klappe«, murmelte er zurück, gerade
noch rechtzeitig, bevor ich außer Hörweite war.
Es war merkwürdig tröstend zu wissen, dass sich trotz
meiner gegenwärtigen Kooperation mit der Polizei im
Grunde genommen nichts an meiner Beziehung zu den Bullen geändert hatte.
Ich klapperte die Stufen hinunter. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Auf diesem großen freien Platz waren immer
Menschen, selbst im Winter, und ganz besonders an einem
so schönen Tag wie heute. Ich ging an der Seite der Festival
Hall entlang zur Cafeteria. Durch die Glaswände hindurch
sah ich einige Gäste an den Tischen sitzen. Ein junges Paar
direkt neben dem Eingang hatte die Köpfe über dem Tisch
zusammengesteckt und sah sich tief in die Augen. Rings um
mich herum ging alles seinen normalen Gang; friedliche, alltägliche Leben. Was hatte ich getan, dass ich davon ausge
schlossen war?
Du bist eben einfach zu neugierig, Fran, sagte ich mir. Du
musstest ja unbedingt losziehen und diesen Film entwickeln
lassen. Du hättest ihn nicht einfach in den Papierkorb werfen
können, oder?
Die betonierte Freifläche zwischen der Cafeteria und der
Eisenbahnbrücke war nur schwach besucht. Ich ging zu dem
überlebensgroßen Kopf Nelson Mandelas auf seinem Sockel. Niemand stand dort, und ich spürte, wie in mir ein geradezu alberner Optimismus aufstieg. Vielleicht würde sich
Grice gar nicht zeigen. Dann fiel mein Blick hinter die Statue, auf die kurze Treppe, die zu einem höher gelegenen
Gehweg führte.
Dort stand eine stämmige Gestalt, ein Mann, mit dem
Rücken zu mir. Er lehnte auf dem Geländer und hielt eine
Kamera, als würde er Aufnahmen von dem wunderschönen
Victory Arch der Waterloo Station schießen. Das Dumme
daran war, dass er den Bogen von seiner Position aus überhaupt nicht richtig sehen konnte, lediglich die oberen Reihen Mauerwerk, ein paar Flaggen und den Schriftzug »Waterloo Station«. Der Rest wurde von dem schmutziggelben
Mauerwerk der Eisenbahnbrücke verdeckt, deren Rampe
nach unten in Richtung Concert Hall Approach verlief. Mir
ging eine logische Folge von Gedanken durch den Kopf, die
allesamt wenig ermutigend waren.
Er war kein Fotograf.
Er war kein Tourist.
Er war möglicherweise ein Außenseiter, der besessen war
von viktorianischen Eisenbahnbögen.
Viel wahrscheinlicher war er Grice.
Als ich näher kam, drehte er sich zu mir um, richtete die
Kamera auf mich und begann zu fotografieren. Er sah wohlhabend aus. Er trug eine wetterfeste hellgraue Jacke mit Gürtel und einen von jenen kleinen grünen Tirolerhüten. Von
seinem Standpunkt aus konnte er mich im Sucher halten,
während ich auf ihn zuging. Ich hörte das leise Klicken des
Verschlusses, während er seine Aufnahmen schoss. Jetzt hatte er also Bilder von mir, für den Fall, dass er sie später noch
einmal benötigen würde. Ein aufmunternder Gedanke.
Er bewegte sich erneut, setzte eine merkwürdig unpassende Sonnenbrille auf und kam mir entgegen. Er stieg die
wenigen Treppenstufen hinunter und blieb an der Bronzebüste von Mandela stehen. Langsam und bedächtig drehte
er sich zur Seite, allem Anschein nach in der Absicht, den
besten Winkel für eine Aufnahme der Büste zu finden.
Ich hatte inzwischen keine Zweifel mehr, dass es sich um
Grice handelte. Er hatte die Gegend ausgekundschaftet und
war vor meinem Eintreffen in Stellung gegangen. Mir
rutschte das Herz in die Hose. Was sollte ich jetzt tun? Zu
ihm gehen? Es war wohl kaum angebracht, dass ich zu vertraulich wurde. Beim Namen konnte ich ihn ebenfalls nicht
rufen, weil ich seinen Namen offiziell gar nicht kennen
durfte. Am Ende blieb ich einfach bei der Büste stehen und
steckte die Hände in die Taschen, als würde ich auf jemanden warten.
Dann tauchte jemand anders auf. Pferdeschwanz. Mein
Puls drohte auszusetzen. Ich hätte damit rechnen müssen,
dass er in der Nähe war. Grice würde wohl kaum ohne seinen Gorilla herumlaufen. Er hatte sich in der Nähe der Spiraltreppe aufgehalten, die hinunter zur Concert Hall Approach führte, und ich hatte ihn nicht bemerkt, weil die Kamera mich abgelenkt hatte.
Plötzlich kam mir ein Gedanke, den ich zuerst von mir
gewiesen hatte und der mir mit einem Mal doch nicht

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