Granger Ann - Varady - 03
nicht
hatte, und falls etwas schief ging, würde es auf Ganesh zurückfallen und niemanden sonst.
Ich konnte seine Unsicherheit gut nachvollziehen, doch
er hatte sich selbst in diese Lage gebracht, und er war der
Einzige, der sich wieder daraus befreien konnte. Außerdem
hatte er nicht den geringsten Anlass, mich wegen meiner
Haare anzugreifen – genauso, wie ich kein Recht hatte, mich
über Hitchs Glatze lustig zu machen. Ein paar Wochen zuvor, als das Wetter noch milder gewesen war, hatte ich beschlossen, eine neue Frisur auszuprobieren. Also hatte ich
mir die Haare an den Seiten abrasieren und nur eine kurze
Bürste oben stehen lassen, die zum Nacken hin auslief. Ich
hatte schnell gemerkt, dass ich die falsche Jahreszeit ausgewählt hatte. Im Sommer wären die kahlen Seiten ja in Ordnung gewesen, aber jetzt, mit dem Winter vor der Tür, war
es ein wenig kühl, also ließ ich alle Haare wachsen. Das Resultat sah ein wenig chaotisch aus, die Seiten waren fransig,
und die Haare auf dem Kopf standen in alle Richtungen. Ich
hatte mein Bestes getan, um sie ordentlich zu kämmen, ich
benutzte sogar Gel, und ich brauchte ganz bestimmt niemanden, der mich daran erinnerte, dass ich aussah, als hätte
ich gerade einen elektrischen Schlag bekommen. Es würde
sich auswachsen. Je schneller, desto besser. Haben Sie noch
nie einen Fehler gemacht?
Hitch kehrte zurück und pfiff fröhlich vor sich hin. Er
trug eine Farbtafel. »Wenn du Magnolie möchtest«, sagte er,
»ich hab ein paar Dosen davon im Sonderangebot. Sind von
einem Auftrag übrig geblieben.«
Ich funkelte Ganesh an, doch er weigerte sich, meine Blicke zur Kenntnis zu nehmen. Er führte Hitch nach hinten
ins Lager, wo sie unter vier Augen über die Farbe reden
konnten.
Ich lehnte mich auf die Ladentheke und blätterte gelangweilt durch die Zeitungen, bis meine Aufmerksamkeit durch
das Läuten der Türglocke erregt wurde.
Ein kleiner, südländisch aussehender Mann kam herein.
Er besaß dunkle, lockige Haare, olivfarbene Haut und verkniffene Gesichtszüge. Er starrte mich an. »Zwanzig Benson
and Hedges « , verlangte er.
Ich nahm die Packung aus dem Regal hinter mir und
drehte mich wieder zu ihm um. Er hatte sich in der Zwischenzeit bewegt. Er war zu dem Regal mit den Zeitschriften
gewandert und studierte die Titelseiten. Ich legte die Zigaretten auf die Theke und wartete geduldig. Ich hatte nichts
anderes zu tun, deshalb beobachtete ich ihn. Gan hatte mich
gewarnt, auf Kunden aufzupassen, die bei den Zeitschriften
herumlungerten. Manchmal schoben sie ein Magazin in ein
anderes und versuchten mit dem Preis für eines davonzukommen. Außerdem gab es die, die sich scheuten, die Girlie-Magazine aus den oberen Fächern zu nehmen. Sie
verbringen eine Ewigkeit damit, in Illustrierten über Holzarbeiten oder Computer zu schmökern, um schließlich
doch nach oben zu greifen und eines der Hochglanzblätter
in die Hand zu nehmen und ganz überrascht zu tun, als hätten sie keine Ahnung gehabt, was sie enthielten.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Kunde sich
überhaupt nicht für die Zeitschriften interessierte. Er blickte
sich überall im Laden um, und ich wurde allmählich nervös.
Als er sich schließlich abwandte und zur Theke zurückkam,
warf ich einen hastigen Blick nach unten, um mich zu überzeugen, dass das Brecheisen an Ort und Stelle lag, für den
Fall, dass ich es brauchte.
Er suchte nach einer Hand voll Münzen in der offenen
Handfläche. »Das Geschäft scheint ruhig zu sein«, bemerkte
er.
»Mal so, mal so«, erwiderte ich, nahm sein Geld und kur
belte die Registrierkasse, bis die Schublade aufsprang.
Er steckte die Zigaretten in eine Tasche seines Blousons.
»Passiert nie etwas Aufregendes hier, oder?« Er lächelte
mich auf eine Weise an, die er wahrscheinlich für charmant
hielt. Er besaß kleine, spitze weiße Zähne.
»Nicht, seit ich hier arbeite«, antwortete ich.
»Ein Freund von mir kam vor kurzem hier vorbei«, sagte
er.
»Aha?«
»Er meinte, es hätte draußen eine Schlägerei gegeben oder
so was. Ein Bursche wurde zusammengeschlagen. Er ist hier
reingegangen.« Sein Englisch war gut, doch mit einem starken Akzent behaftet. Er lispelte, und die R schienen in seinem Rachen stecken zu bleiben.
»Ich weiß nichts von einer Schlägerei«, entgegnete ich
kühl.
»Vielleicht waren Sie zu diesem Zeitpunkt nicht da?« Seine Augen wanderten erneut durch den Laden. »Arbeitet
sonst noch jemand hier?«
»Ich bin morgens immer hier«, sagte
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