Granger Ann - Varady - 03
angesprochen?«
»Selbstverständlich nicht! Jemand anders hätte mich ebenfalls beobachten können. Er musste vorsichtig sein.«
»Er war nicht vorsichtig genug, wie es scheint«, sagte
Harford in einem Ton, als wäre die ganze Sache allein meine
Schuld.
Zum Glück wurden wir unterbrochen. Ein Klopfen an
der Tür verkündete Parrys Rückkehr. Er blickte selbstzufrieden drein und schwang eine gelbe Fototasche.
»Wir haben sie, Sir! Die Schnappschüsse und die Negative.«
Harford erhob sich würdevoll. Ich gewann den Eindruck,
dass er die Unterbrechung genauso wenig bedauerte wie ich
selbst.
»Gut gemacht, Sergeant«, sagte er. »Ich danke Ihnen für
Ihre Zeit, Miss Varady. Wir reden später weiter.«
Parry grinste mich triumphierend an.
»Wissen Sie, Daphne«, sagte ich, als die beiden endlich
gegangen waren, »ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal
sagen würde, aber ich glaube, ich komme besser mit Sergeant Parry zurecht als mit diesem Harford.«
»Er ist ein sehr attraktiver junger Mann, finden Sie
nicht?«, erwiderte Daphne sentimental.
Das war mir ebenfalls aufgefallen, doch ich hatte nicht
vor, mich davon beeindrucken zu lassen. Frauen in Daphnes
Alter, sagte ich mir, sind nun mal empfänglich für junge
Männer von Harfords Schlag. Ich war da anders.
Nachdem alles fotografiert, vermessen und dokumentiert
war, wurde Coverdales Leichnam entfernt, und die Scheinwerfer wurden abgebaut. Zurück blieb ein unheilverkündender weißer Kreideumriss, über den ich um ein Uhr in
der Nacht hinwegtreten musste, um in meine Wohnung zu
gelangen. Eigentlich wollten sie mich gar nicht dorthin lassen. Sie meinten, ich würde einen Verbrechenstatort stören.
Ich entgegnete, dass ich nicht vorhatte, im Eingangsbereich
vor meiner Wohnung zu bleiben, sondern in meinem Bett
zu schlafen – und Coverdale war schließlich nicht in meiner
Wohnung gewesen, sondern nur davor. Ich kann nicht sagen, dass ich mich an der Vorstellung erfreute, in meine
Wohnung zurückzukehren, ganz zu schweigen davon, dort
allein die Nacht zu verbringen, doch ich beharrte schon allein aus Prinzip darauf, auch wenn Daphne mir ein Bett in
ihrem Gästezimmer anbot.
»Aber Sie fassen nichts an, in Ordnung?«, warnte mich
Sergeant Parry.
»Was soll ich denn anfassen? Er war nicht in meiner
Wohnung!«, wiederholte ich zum ich weiß nicht wievielten
Mal.
»Wir würden uns nur gerne selbst davon überzeugen,
einverstanden?«
Parry folgte mir in die Wohnung, indem er ebenfalls über
die Kreidestriche trat, und blickte sich neugierig um. »Sieht
nicht so aus, als wäre jemand hier gewesen«, räumte er
schließlich ein.
»Es war niemand hier!«, sagte ich. »Kann ich jetzt vielleicht endlich meine Ruhe in meiner eigenen Wohnung haben? Der Abend war lang und verdammt anstrengend, wissen Sie?«
»Passen Sie nur auf, wenn Sie rein- oder rausgehen. Fassen Sie draußen vor der Tür nichts an. Wir werden Ihre Fingerabdrücke nehmen, sicherheitshalber, um sie auszuschließen. Ich schicke morgen Früh einen Beamten zu Ihnen.«
»Wo hab ich das bloß schon mal gehört?«, murmelte ich
leise.
Sie waren immer noch draußen zugange, als ich mich in
mein Bett legte und bei eingeschaltetem Licht einschlief.
»Hitch war heute Morgen kurz hier; er hat das Wasser wieder abgedreht«, sagte Ganesh klagend. »Er hat gesagt, er
würde später zusammen mit Marco wiederkommen und
das neue Klo und das Waschbecken vorbeibringen, damit
sie es morgen anschließen können.«
Es war Sonntagmorgen, und er war gegen neun Uhr bei
mir aufgekreuzt. An Wochenenden ist das nach meinen
Maßstäben Morgengrauen, bestenfalls, und nach einer
Nacht wie der vorhergegangenen hatte ich eigentlich gehofft, den Tag im Bett verbringen zu können. Ich war weder
angezogen noch auf Besucher eingerichtet und hatte die Tür
in meinem Snoopy-Nachthemd öffnen müssen.
»Dann dreh es eben wieder an«, brummte ich mürrisch
und tappte nach drinnen zurück.
»Das hab ich getan, und es ist aus dem Loch in der Wand
gespritzt, wo früher der Wasserhahn gewesen ist.«
»Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, die Wasserleitungen für den Waschraum separat abzudrehen?«
»Ich hab danach gesucht, aber ich habe keine Möglichkeit
gefunden, es zu tun. Darf ich bei dir duschen?«
»Wie viel kassiert Hitch bei dir zusätzlich, weil er sonntags kommt?«, fragte ich. »Oder hat er noch nichts gesagt?«
»Hitch ist ein Kumpel!«, verteidigte Ganesh seinen Klempner. »Er macht das nur, damit wir
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