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Granger Ann - Varady - 04

Titel: Granger Ann - Varady - 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dass sie stets Boses muss gebaren
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Kein
Lampenschirm. Ich hatte auch keinen erwartet.
»Voll möbliert«, sagte Norman mit einer ausholenden
Geste, die das Mobiliar und die Ausstattung des Zimmers
miteinschloss.
Ja, das war es. Es war zu Zeiten seiner Eltern, wenn nicht
seiner Großeltern möbliert worden. Ich schätzte, dass ein
großer Teil aus den späten Vierzigern stammte. Der Teppich
war abgewetzt bis auf die Rückenfäden. Es gab ein Doppelbett mit Kopf- und Fußteilen, die aus flachen Brettern bestanden, sodass der Schlafende wie zwischen zwei Gartenzäunen lag. Die Matratze hing in der Mitte durch und war
übersät von ominösen Flecken. Ich konnte nicht anders, ich
musste an Wanzen denken. Das Bett stand jedenfalls hoch
genug über dem Boden, um einen Schrankkoffer darunter
aufzubewahren, falls man wollte. Ich warf einen flüchtigen
Blick drunter und entdeckte ein Meer von Staubflusen und
einen Nachttopf mit Griffen, bemalt mit Rosen.
»Norman, du hast doch wohl ein Klo?«, fragte ich bestürzt.
»Aber sicher, meine Liebe. Selbstverständlich. Es ist direkt nebenan, im Bad. Aber du hast dein eigenes Waschbecken.« Er deutete auf ein gesprungenes Waschbecken in einer Ecke an der Wand.
»Feuerleiter?«, fragte ich. Ich konnte die Unmengen von
Zeitungen unten einfach nicht ignorieren.
»Kein Problem«, antwortete Norman zuversichtlich. »Du
kannst jederzeit durch das Badezimmerfenster nach draußen klettern und auf das Dach des Anbaus springen. Von
dort bis zum Boden sind es keine zweieinhalb Meter.«
Und zwei gebrochene Knöchel.
Ich blickte mich niedergeschlagen um. Der Rest des Mobiliars bestand aus einem kleinen Kleiderschrank, einer
Kommode mit einem ovalen Spiegel und zwei ungepolsterten Holzstühlen. Auch hier hingen Bilder an den Wänden.
Eines zeigte Kinder in schwarzen Hosen und Trägerkleidchen beim Pflücken von Wildblumen. Das andere zeigte ein
sinkendes Schiff in einer aufgewühlten, kochenden See und
Leute, die sich an Planken klammerten. Ein kleines Mädchen mit wehenden goldenen Zöpfen ruderte ihnen in einem winzigen Boot heldenhaft entgegen, um sie zu retten.
Auf einer kleinen Messingplakette stand der Name des Bildes: The Lighthouse-Keeper’s Daughter.
»Ich könnte dir vielleicht noch einen Sessel von unten
reinstellen«, erbot sich Norman. »Drüben am Fenster ist genügend Platz. Zu schade, dass es dunkel ist und du die Aussicht nicht genießen kannst.« Norman tappte zum Fenster
und spähte in die Nacht hinaus. »Der Rahmen ist gebrochen, aber den reparier ich dir noch.«
Ich musste nicht erst die Aussicht bewundern. Ich hatte
genug gesehen.
»Über die Miete einigen wir uns schon«, sagte Norman
und hustete sich in die Hand.
Ich konnte nicht auf der Stelle Nein sagen. Norman versuchte lediglich – auf seine ihm eigene Weise – mir zu helfen und sich nebenbei einen zuverlässigen Mieter zu beschaffen. Außerdem fand ich vielleicht kein anderes Zimmer, und dann? Trotzdem wand ich mich innerlich bei dem
Gedanken, hier einzuziehen. Es musste doch irgendwo etwas anderes zu finden sein! Ich verhielt mich jedenfalls wie
ein ernsthaft interessierter Bewerber. Ich drehte den Wasserhahn auf. Die Leitungen husteten hohl, und dann kam
ein bräunlicher dünner Wasserstrahl. Der Abfluss war verstopft mit Haaren und Schmodder. Es stank ein wenig. Ich
zog eine der Schubladen in der Kommode auf. Der Knopf
löste sich in meiner Hand. Nachdem ich die Schublade endlich geöffnet hatte, ließ sie sich nicht mehr schließen.
Die genaue Inspektion machte Norman nervös. Er nahm
mir den Schubladenknopf ab und murmelte leicht gereizt
»Vorsichtig!«, um ihn wieder an seinen Platz zu stecken.
»So, da wären wir jedenfalls«, sagte er dann strahlend. Ich
blickte mich immer noch kritisch um, also beschloss er offensichtlich ein Ablenkungsmanöver. »Ziemlich üble Geschichte drüben bei dir, wie?«
Es dauerte eine Sekunde, bis mir bewusst wurde, dass er
von dem Mord an Clarence Duke redete. Meine Umgebung
hatte eine scheußliche Faszination in mir geweckt, die alles
andere verdrängt hatte. »Ja«, sagte ich schließlich. »Üble Geschichte.«
»Du kanntest ihn, hab ich Recht? Den Toten, meine ich?«
Es fiel mir schwer, mich auf Norman zu konzentrieren.
»Warum fragst du?«
Sein Blick wich dem meinen aus. »Ich dachte, dass du ihn
gekannt hast. Was hätte er sonst dort zu suchen gehabt, in
seinem Wagen vor den Garagen? Das ist doch eine Sackgasse, oder?«
»Er ist falsch abgebogen, das ist alles«, entgegnete ich.

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