Granger Ann - Varady - 05
vielleicht ist sie ihm bereits auf den
Fersen. Vielleicht hat sie versucht, mich dazu zu bringen, dass
ich über Freddy rede. Die Morgan ist ziemlich verschlagen.«
»Die ganze Sache könnte in einem Zusammenhang stehen«, räumte Ganesh ein, während er in der raschelnden
Papiertüte nach dem letzten verbliebenen Samosa fischte.
»Die Menschenschmuggel-Geschichte könnte ein gemeinsames Unternehmen von Freddy und beispielsweise Silvio
oder jemand anderem in der Pizzeria sein.«
»Mario!«, rief ich.
»Wieso Mario?«
»Weil er mich angelogen hat. Als Ion an der Hintertür
der Pizzeria war und nach Max gefragt hat, hat Mario mir
hinterher erzählt, er hätte sich nach einem Job erkundigt.
Warum sollte Mario versuchen, mich zu belügen, wenn er
nichts damit zu tun hat?«
»Vielleicht, weil er ein Kumpel von Freddy ist?«, fragte
Ganesh. »Das ist er doch, oder nicht?«
Ich starrte Ganesh aus aufgerissenen Augen an. »Wer?
Mario? Woher weißt du das?«
»Ich habe sie gesehen, in unserem Laden. Sie haben sich
unterhalten. Einer war schon da, um eine Sonntagszeitung
zu kaufen oder so, und dann kam der andere rein, und es
ging los. ›Hi, Kumpel, wie geht’s denn so, was macht die
Frau?‹ und der ganze Rest.«
»Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?«
»Warum sollte ich? Du hast mir nicht erzählt, dass Mario
dich belogen hat. Du hast Freddy vor heute Abend nicht
verdächtigt. Wo war die Verbindung?« Ganesh richtete einen Finger auf mich. »Aber das alles bedeutet noch lange
nicht, dass Mario in den Menschenschmuggel verwickelt ist.
Wenn du mich fragst und wenn er ein Freund von Freddy
ist, dann weiß er wahrscheinlich, dass Freddy früher unter
dem Namen Max der … wie war das noch gleich?«
»Mangler«, sagte ich düster.
»Richtig. Er weiß wahrscheinlich, dass Freddy die Finger
in ein paar krummen Geschäften hat, ohne notwendigerweise zu wissen, was für Geschäfte das genau sind. Und als
der Junge kam und nach Max gefragt hat, war Mario sofort
klar, dass eine von Freddys krummen Touren schiefgelaufen
sein musste. Er blaffte den Jungen an und belog dich, weil er
Freddy decken wollte, wie es jeder gute Freund getan hätte.
Wahrscheinlich ist er gleich hinterher zu Freddy gegangen
und hat ihm von dem Zwischenfall erzählt.«
Meine Zuversicht sank. »Also wusste Freddy von Anfang
an, dass Ion sich in der Gegend herumtrieb und sich nach jemandem mit Namen Max erkundigte. Der arme Kerl hat sein
eigenes Todesurteil unterschrieben, gleich dort an der Hintertür. Hätte er mit irgendjemand anderem gesprochen anstatt
mit Mario – mit mir oder mit Po-Ching oder Bronia –, wäre
er wahrscheinlich noch am Leben. Aber er musste ausgerechnet an Freddys Kumpel Mario gelangen, und das war’s.«
»Sei fair gegen Mario«, ermahnte mich Ganesh. »Er mag
Freddy einen Tipp gegeben haben, dass jemand nach ihm gefragt hatte, aber er wusste nicht notwendigerweise, was Freddy unternehmen würde. Zumindest hat er bestimmt nicht
gewusst, dass Freddy einen Unfall auf dem Bahnsteig für Ion
geplant hat.«
Ganesh betrachtete die zerknitterte Papiertüte, als enthielte sie die Antwort auf all unsere Fragen. »Jede Wette,
dass Freddy hinter der Operation steckt«, sagte er schließlich. »Er hat die erforderlichen Kontakte. Er ist der gute, alte
Junge aus der Gegend. Jeder kennt ihn. Er kennt sämtliche
Geschäftsleute hier, einschließlich der zwielichtigen. Er weiß
beispielsweise, wer Transporte auf den Kontinent und vom
Kontinent nach England durchführt. Er hat sicher auch gewusst, wer über ein passendes leer stehendes Grundstück
verfügt wie die Rückseite des alten Kinos, und er konnte
zum Besitzer gehen und sich den Schlüssel leihen. Der Besitzer würde keine Fragen stellen, sondern den Schlüssel
aushändigen, weil es ja der gute alte Freddy ist, der ihn darum bittet, der Mann, dar Geld für wohltätige Zwecke sammelt. Wer auch immer diesen Menschenschmuggel organisiert, er ist verdammt gut darin, und wir wissen beide, dass
Freddy ein Organisationstalent ist.«
»Ja«, murmelte ich. »Denk an unser Stück. Denk an all
die Leute, die er im Laufe der Jahre dazu gebracht hat, sich
in Wannen voller gebackener Bohnen oder Gelee zu setzen
oder sich als Babys zu verkleiden und in Kinderwagen durch
die Straßen schieben zu lassen.«
»Ganz genau«, sagte Ganesh. »Freddy hat jede Menge
Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert, und obendrein
besitzt er einen beliebten Pub. Er ist ein sehr
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