Granger Ann - Varady - 05
Vorhang herunterlassen sollte. Sie zerrte an der Leine, und
der Vorhang surrte herab.
Unten in der ersten Reihe klatschten Erwin und seine
Freunde begeistert in die Hände.
»War das alles?«, fragte eine der Frauen aus Carmels Supermarkt laut.
Denise neben mir stieß einen sentimentalen Seufzer aus.
»Es wird großartig. Du wirst schon sehen, Fran!«
»Sag das nicht!«, flehte ich sie an. »Das bringt Pech! Außerdem heißt es, eine gute Kostümprobe sei ein schlechtes
Omen. Eine schlechte Kostümprobe hingegen, sagt man,
bedeutet eine gute Premiere.«
»All diese Theatersprüche!«, sagte Denise. »All diese Traditionen! Genau wie die Tatsache, dass man nicht Macbeth sagen darf!«
»Danke, Denise. Du leistest wirklich ganze Arbeit«,
murmelte ich.
»Mein Maxie ist jedenfalls vor Begeisterung ganz aus dem
Häuschen«, sagte Denise.
In diesem Moment kam Irish Davey mit seinem Hund zu
uns. Das Tier roch an meinen Beinen und bemerkte Bonnie.
Das lenkte mich ab. Ich glaubte, Denise richtig verstanden
zu haben, aber ich war nicht sicher.
»Was war das, Denise?«, fragte ich. Ich berührte den Kopf
des Hundes, und er blickte verwirrt zu mir auf. Er schien
meine plötzliche Anspannung zu wittern.
»Ich habe gesagt, dass Maxie vor Begeisterung ganz aus
dem Häuschen ist. Er liebt das Theater. Er kann es kaum
erwarten, dass ihr morgen Abend euren richtigen Auftritt
habt!«
»Denise«, begann ich so beiläufig, wie ich konnte, obwohl
meine Kehle plötzlich wie ausgetrocknet und seltsam verengt schien. »Wer ist Maxie ?«
Der Hund gab ein leises Winseln von sich.
Denise drehte sich zu mir um und grinste. »Oh, sorry,
Fran. Das ist sein Kosename. Ich meine natürlich Freddy.
Früher war er mal Ringer, in jungen Jahren. Er hatte den
Künstlernamen Max der Mangler. Er war ziemlich gut,
weißt du? Eine Menge Leute erinnern sich von damals an
ihn und nennen ihn auch heute noch Max. Freddy liebte das
Ringen wegen des Publikums, der Stimmung, der Pfiffe, der
Schreie und der Buhrufe. Das ist es auch, was er an den
Shows am meisten mag, die wir hier oben veranstalten. Das
Publikum. Nicht, dass das morgige Publikum schreien, johlen und pfeifen wird«, fügte sie rasch hinzu. »Es wird alles
sehr zivilisiert zugehen.«
»Max«, sagte ich leise. »Sie nennen ihn Max …«
»Nur seine guten Freunde«, sagte Denise, »und ich natürlich. Alle anderen nennen ihn Freddy. Der Name Max wird
wirklich fast nur noch von seinen Freunden aus den alten
Tagen benutzt.«
»Tatsächlich?«, fragte ich. »Das habe ich ja gar nicht gewusst.«
Doch jetzt wusste ich es.
KAPITEL 14 Ganesh und ich verließen den
Pub nach der Probe gemeinsam und schweigend. Ganesh
redete nicht, weil er sauer war. Ich platzte innerlich wegen
meiner Neuigkeiten, doch ich zwang mich, den Mund zu
halten, bis wir in Sicherheit waren. Wir warteten, bis wir
den tiefsten Punkt der Straße erreicht hatten und niemand
in Hörweite war, den wir kannten; dann redeten wir beide
gleichzeitig los.
»Hör zu, Fran, ich habe mich nie in irgendwas eingemischt, was du tust, selbst wenn ich fest davon überzeugt
war, dass es verrückt ist …«
»Gan, halt die Klappe, und hör mir zu! Ich habe herausgefunden …«
»Ich habe dich immer wieder wegen Susie Duke gewarnt,
und hast du auf mich gehört?«, fuhr Ganesh wie eine alles
überrollende Dampfwalze fort. »O nein! Fran Varady, die
große Fluchtkünstlerin! Ich habe dir gesagt, ich habe dir klar
und deutlich gesagt, dass du diesmal deine Nase in etwas
reinstecken …«
»Ganesh!«, brüllte ich ihn an. »Ich weiß, was du mir gesagt hast, und es tut mir leid, dass ich mich beinahe in die
Luft habe sprengen lassen! Ich habe es nicht mit Absicht getan, weißt du? Würdest du mir BITTE mal einen Augenblick zuhören?«
»Was denn?«, fragte Ganesh im Schutz eines Eingangs,
wo er mürrisch mit den Händen in den Taschen seiner
Blousonjacke stehen geblieben war.
»Ich habe herausgefunden, wer dieser Max ist! Max existiert wirklich! Ion hat ihn nicht erfunden oder sich mit dem
Namen geirrt. Ich weiß jetzt, wer dieser Max ist!«
»Ach ja?«, murmelte Ganesh mit einem Stirnrunzeln.
»Es ist Freddy!«
»Freddy? Welcher Freddy?«
»Herrgott noch mal, Ganesh! Freddy, der Wirt vom Rose
Pub!«
Ganesh beäugte mich, als versuche er abzuschätzen, ob
die Explosion ein paar weitere Schrauben in meinem Gehirn
gelockert hatte. »Freddy der Wirt? Bist du jetzt völlig durchgedreht oder was?«
»Freddy«, sagte ich triumphierend,
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