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Granger Ann - Varady - 05

Titel: Granger Ann - Varady - 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Und hute dich vor deinen Feinden AEA4CEC7
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Eigenschaft meines Vaters war
seine Loyalität. Üblicherweise war er gegenüber den falschen
Leuten loyal, denjenigen, die ihn enttäuschten. Als meine
Mutter wegging, ließ sie ihn im Stich, aus welchen Gründen
auch immer, und er war am Boden zerstört. Er hatte stets
geglaubt, dass er sich auf sie verlassen könnte, wenn schon
auf niemanden sonst.
Damit waren Dad, Großmutter und ich allein gewesen.
Großmutter war Dads Mutter, und ich fragte mich immer,
wie er in ihre Vorstellung von ›geeignet‹ passte. Dad und
Großmutter taten ihr Bestes für mich. Sie kratzten das Geld
zusammen, um mich auf eine Privatschule zu schicken. Als
ich von der Schule gejagt wurde, ließ ich – auf meine Weise
– meinen Dad ebenfalls im Stich. Er sagte nie etwas in dieser
Richtung. Weder er noch meine Großmutter äußerten ein
Wort des Tadels. Ich tadelte mich selbst und werde es wahrscheinlich bis zu meinem Tod tun. So ist das wahrscheinlich
immer, wenn man Menschen verletzt, die einen lieben. Man
bedauert es für den Rest seines Lebens, doch man bekommt
kaum je die Chance, es wiedergutzumachen. Ich jedenfalls
bekam sie nicht. Ich hoffe, sie wissen, wo auch immer sie
sind, wie sehr ich die beiden noch immer liebe und wie sehr
ich sie vermisse.
Großmutter Varady würde zumindest die Befriedigung
haben, dass sie sich in einer Hinsicht nicht getäuscht hatte:
Ich war immer arm und bin es immer noch.
    Am frühen Abend kam Bronia zur Spätschicht. Ich war inzwischen fertig und zog mich um. Im Umkleideraum fragte
ich sie, wie das Bewerbungsgespräch gelaufen sei. Sie verbreitete vorsichtigen Optimismus.
    »Du wirst es doch niemandem hier weitererzählen, oder?«,
fragte sie. Wir führten unsere Unterhaltung mit gedämpften
Stimmen. »Nicht, dass es mich interessieren würde, aber du
weißt schon … Vielleicht kriege ich den Job nicht, und
dann würde Luigi mich damit aufziehen und mich ständig
daran erinnern. Er ist so nachtragend.«
    »Kein Wort, Bronia. Hör mal, könnten wir morgen noch
mal die Schicht tauschen? Ich weiß, ich bin dran mit der
Spätschicht, aber ich muss zur Probe.«
    Sie seufzte missmutig. »Also schön, dieses eine Mal noch.
Du musst bald auch wieder mal eine Spätschicht machen,
Fran. Ich weiß, dass du für ein Stück lernst, aber Po-Ching
und ich haben auch noch ein Privatleben.«
    »Ich mache sämtliche Abende, wenn wir nicht proben«,
versprach ich ihr. »Hör zu, ich bin diejenige, die Geld verliert, weil sie so wenig Stunden macht. Du und Po-Ching,
ihr verdient jede Menge mehr, weil ihr für mich einspringt.«
    »Geld ist nicht alles«, informierte Bronia mich. »Ich würde gerne ausgehen. Ich möchte einen Freund. Wie kann ich
einen Freund haben, wenn ich jeden Abend immer nur arbeite, arbeite und arbeite?«
    Ich konnte verstehen, warum sie so zickig war. Es war die
Anspannung nach dem Bewerbungsgespräch. Sie fragte sich,
welchen Eindruck sie hinterlassen hatte und ob sie den Job
bekommen würde. Es gelang mir, sie zu beruhigen. »Nicht
mehr lange, Bronia, dann hast du deine neue Arbeit, und
ich bin diejenige, die ununterbrochen im Laden bedient
und versucht, das verlorene Geld wieder einzufahren.«
    Wir gingen zum Dienstplan, der in der Küche aufgehängt
war, und trugen unsere getauschten Schichten ein.
Mario beobachtete uns und sagte: »Ihr wechselt eure
Schichten, wie ihr gerade lustig seid. Ich weiß nie, wer von
euch kommt. Die Einzige, auf die ich mich verlassen kann,
ist Po-Ching. Sie will nie zusätzlich freihaben.«
»Wir müssen nicht ständig arbeiten wie du«, entgegnete
Bronia schnippisch. Die Aussicht auf eine neue Stelle gab
ihr Oberwasser. »Nur weil du bis auf die paar Stunden
nachmittags nie freimachst, heißt das noch lange nicht, dass
wir das auch so handhaben müssen.«
»Ich habe in nächster Zeit nicht mal die Nachmittage
frei«, schnappte Mario zurück. »Georges Frau hat nämlich
angerufen und gesagt, dass er mit einer Blinddarmentzündung im Krankenhaus liegt. Aber wenn man ein Geschäft
hat, dann ist das eben so. Ich mache sonntags frei, wie alle
anderen auch.« Wir hatten sonntags geschlossen. »Wenn ihr
irgendwelche Dinge zu erledigen habt, dann macht das gefälligst auch sonntags.«
»Fran macht bei einem Stück mit«, erklärte Bronia. »Sie
muss zu den Proben.«
»Hab ich gehört«, sagte Mario. »Drüben im Rose Pub.
Vielleicht nehm ich mir ja mal frei, um mir dieses Stück anzusehen!« Er kicherte.
Mario im Publikum. Das würde

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