Granger Ann - Varady - 05
muss.
»Bronia«, sagte ich. »Jemand hat mir eine Nachricht für
Max gegeben. Weißt du, wo ich ihn finden kann?« Ich hoffte, dass das vage genug klang, damit sie meine Frage sofort
wieder vergaß.
»Wer ist das?«, entgegnete Bronia, so gut es ging, ohne
den Mund zu bewegen. Sie war inzwischen beim Lippenstift
angelangt.
»Hm, ich glaube, er kommt manchmal hierher.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich kenne keinen Max.
Frag Mario oder Luigi. Die kennen jeden, der häufiger in
den Laden kommt.«
»Ich glaube nicht, dass er häufiger kommt. Ich würde
Mario oder Luigi lieber nicht damit belästigen. Es ist eine
Privatsache, weißt du?«
»Es ist keine gute Idee, Zettelbotschaften zwischen Verliebten hin und her zu befördern«, erklärte Bronia. Sie hatte
meine Frage völlig falsch verstanden, und ihr slawisches
Temperament ging mit ihr durch. Ich hatte nicht vor, sie zu
korrigieren.
»Du hast wahrscheinlich recht«, stimmte ich ihr zu.
Bronia ließ den Lippenstift in ihre Handtasche fallen und
schlang sie über ihre Schulter.
»Du siehst prima aus«, sagte ich zu ihr. »Hals- und Beinbruch.«
»Wie bitte?« Sie starrte mich entsetzt an.
»Das ist ein Theaterbrauch«, erklärte ich. »Es bedeutet
Pech, jemandem Glück zu wünschen, verstehst du? Bei deinem Bewerbungsgespräch.«
»Ach so. Bis dann, Fran.«
Bronia ging rasch hinaus. Vielleicht, dachte ich, vielleicht
sollte ich mir ein Beispiel an ihr nehmen und mich ebenfalls
auf die Suche nach einem anderen Job machen. Warum tat
ich es bloß nicht, Herrgott noch mal? Es war beinahe, als
würde mich das San Gennaro mit einem magischen Bannspruch festhalten. Ich wusste, was es war. Ich mag keine Geheimnisse, richtig? Ich gehe nicht gerne von einem weg, bevor ich das Rätsel gelöst habe. Was auch immer im San
Gennaro vor sich ging, es würde mir auf Dauer nicht verborgen bleiben.
Das Geschäft ließ wie üblich ab zwei Uhr nach und wurde
schließlich so schleppend, dass ich Zeit fand, wegen des
Knoblauchbrots kurz nach draußen zu schlüpfen. Ich sagte
Luigi, dass er sich für zwanzig Minuten oder so um die Tische kümmern solle, während ich die Besorgung erledigte.
»Ich bin Barmann«, sagte er mürrisch. »Sag Mario, wenn
er sein dämliches Brot will, soll er sich selbst um die Tische
kümmern.«
»Ich glaube nicht, dass ich das tun werde«, entgegnete
ich. »George ist nicht aufgetaucht, und Mario muss ohne
Pause durchmachen bis zum Schluss. Er ist ziemlich verärgert deswegen.«
»Du willst jemanden sehen, der verärgert ist?«, schnaubte
Luigi. »Dann schau mich an!«
»Ich werde Jimmie bitten, nach vorn zu kommen«, erwiderte ich hastig. »Ich muss ihn sowieso um Geld bitten.
Jimmie ist vielleicht froh, wenn er etwas zu tun bekommt.«
»Schick ihn doch das Brot holen«, sagte Luigi. »Ich will
nicht, dass er hier draußen rumstolpert, und er kommt auf
keinen Fall hinter meinen Tresen!« Er sah ziemlich entschlossen und wütend aus.
»Schon gut, schon gut!«, versuchte ich, ihn zu beschwichtigen. »Ich werde ihn bitten, kurz in den Supermarkt zu gehen und das Brot zu besorgen, aber wenn er sich weigert,
dann musst du dich um die Tische kümmern, ob es dir nun
passt oder nicht. Was hast du schon zu tun? Es ist nicht ein
Gast im Laden!« Rein der Vollständigkeit halber fügte ich
hinzu: »Außerdem ist Jimmie der Manager, oder? Es ist seine Entscheidung, was er tut.«
Luigi bedachte mich mit etwas, das ich nur als sehr, sehr
schmutzigen Blick beschreiben kann. »Ist diese Bronia
schon weg?«, wollte er wissen.
»Seit einer Ewigkeit.«
»Die sollen noch ein Mädchen einstellen. Ich werde mit
Silvio reden. Es ist total dämlich, nachmittags nur eine Kellnerin zu haben.«
Ich ließ ihn mit seinen schmollenden Gedanken allein.
Wenn es ihm nicht gefiel, dann war das sein Problem.
Jimmie saß mit dem Kopf auf der Brust hinter seinem
Schreibtisch und schlief immer noch. Der tragbare Fernseher zeigte einen alten Gangsterfilm in Schwarz-Weiß. Jimmie sah im Schlaf älter aus; ich fragte mich, wie alt genau er
wirklich war. Ich hatte immer angenommen, er wäre irgendwas in den Vierzigern, doch jetzt neigte ich dazu, zehn
Jahre draufzuschlagen. Wenn er auf das Ende seines Arbeitslebens zuging, dann konnte ich es ihm nicht verdenken,
wenn er die Gelegenheit ergriffen hatte, endlich einmal gutes Geld zu verdienen, und dass er keine Lust hatte, Fragen
zu stellen.
Ich beugte mich über ihn und schüttelte ihn sanft am
Arm. »Jimmie?«
Er
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