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Granger Ann - Varady - 05

Titel: Granger Ann - Varady - 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Und hute dich vor deinen Feinden AEA4CEC7
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Es gab einen Weg. Doch er musste warten.
    An jenem Abend gab es keine Probe. Wir alle sollten unseren
Text inzwischen kennen. Wir hatten noch eine Woche, bis
der Vorhang aufging. Bis dahin war noch eine Menge Arbeit
zu erledigen, bis hin zur Kostümprobe, und danach – Premierenabend! (Oder genau genommen, der einzige Abend.)
    Ich wurde allmählich aufgeregt angesichts der Aussicht,
auf der Bühne zu stehen und vor Publikum zu spielen. Ich
war in meiner Rolle einigermaßen sicher. Ganesh war ziemlich gut. Carmel neigte dazu, die exakten Worte ihres Textes
zu vergessen und zu improvisieren, was alle anderen aus
dem Konzept brachte, insbesondere Nigel. Wenn er nicht
die Zeile hörte, die er erwartete, konnte er hängen bleiben
wie eine vertrocknete Pflaume am Ast und den Übeltäter
finster anstarren. Und da er den Holmes spielte und viel von
ihm abhing, konnte sich das als Problem erweisen. Irish Davey und sein Hund waren bisher nicht wieder aufgetaucht.
Der Hund hatte gezeigt, dass er die eine Sache konnte, die
von ihm verlangt wurde, nämlich von einer Seite der Bühne
zur anderen zu laufen, und das reichte. Marty schien zufrieden zu sein, und Ganesh war überglücklich angesichts der
hundelosen Proben. Der Hund würde, so hatte Irish versprochen, zur Kostümprobe wieder dabei sein. Bis dahin
übte er mit ihm allein.
    Das alles verschaffte mir einen freien Abend, den ich damit verbringen konnte, Ion aufzuspüren. Die Aufgabe würde nicht leicht werden. Ich wusste nicht, wo er wohnte oder
wo er arbeitete. In London nach jemandem zu suchen ist,
als würde man nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen fahnden, wenn man keine exakte Adresse hat, von
der man weiß, dass der oder die Gesuchte dort auftaucht.
Ich konnte darauf warten, dass er wie ausgemacht zu mir
nach Hause kam, um sich zu erkundigen, wie weit ich mit
meinen Nachforschungen inzwischen war. Doch ich hatte
ihm klargemacht, dass er mich eine Woche lang in Ruhe lassen sollte, und diesmal hatte er offensichtlich verstanden.
    Bis dahin konnte alles Mögliche passieren. Ion wurde
vielleicht ungeduldig. Vielleicht fing er wieder an, auf eigene
Faust herumzuschnüffeln, und brachte sich in echte Schwierigkeiten bei der Pizzeria. Luigi entging nicht viel, was den
Laden betraf. Wenn Ion erneut auftauchte und draußen herumhing, würde Luigi wahrscheinlich auffallen, dass er den
Jungen schon einmal gesehen hatte. Und falls Ion – der
Himmel möge es verhüten – auf den dummen Gedanken
kam, sich erneut in den Keller vorzuwagen … Allein der Gedanke ließ mir das Blut fast in den Adern gefrieren.
    Dann fiel mir ein, dass ich Ion vor dem Fastfood-Laden
in der Camden High Street getroffen hatte. Ich überlegte,
dass er mit großer Wahrscheinlichkeit in der Gegend wohnte. Wir alle sind Gewohnheitstiere und markieren unser vertrautes Territorium. Wenn ich zur gleichen Zeit zum gleichen Ort ging, würde ich ihn vielleicht dort antreffen.
    Es nieselte und wurde bereits spät, als ich nach der Arbeit
an der Stelle ankam. Ich mag die Camden High Street. Sie
hat eine liebenswürdige, verrückte Atmosphäre und ist voll
mit kleinen, exzentrischen Läden, die alles nur Erdenkliche
verkaufen. Suchen Sie Kleidung aus Leder, egal was? Hier
finden Sie es. Wo man hinsah, Tattoo-Studios. Die Straße
hat etwas von einem Jahrmarkt mit ihren bunten Auslagen
und der gemischten Menge, die auf und ab spaziert und die
vollen, geschäftigen Straßenmärkte besucht. Jetzt, lange nach
Einbruch der Dunkelheit, war es menschenleer, wo vorher
die Märkte vor Leben nur so gesprüht hatten. Die Läden waren geschlossen, doch irgendwie machte das die wunderlichen Verzierungen in den oberen Etagen nur noch offensichtlicher. Auf eine Weise, die beinahe mittelalterlich wirkt,
haben viele Geschäfte an ihren Straßenfassaden monströse
Repräsentationen der Güter, die sie verkaufen, oder der
Welt, die sie repräsentieren. Man wandert unter einer gigantischen Jeans entlang oder einer Gestalt von Elvis, als wäre
man mitten im Karneval gelandet. An diesem Abend waren
zwar weniger Leute als gewöhnlich unterwegs, doch die Bars
und Pubs hatten viel zu tun. Der Fastfood-Laden, wo ich
Ion gefunden hatte, roch nach heißem Fett und Zwiebeln.
Er wurde geführt von einem Kerl mit einem Frettchengesicht, der aussah, als wäre er in sein eigenes siedendes Öl getunkt worden.
    Ich kaufte das letzte fettige Ding, das es noch gab, ein Hotdog, und fragte beiläufig: »Ich habe

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