Granger Ann - Varady - 05
Grundkenntnisse, was die Bedienung eines Computers anging, und war in dieser Hinsicht kaum besser als Jimmie. Ich konnte ins Internet gehen,
und das war so ungefähr alles.
Silvio bemerkte unsere Verzweiflung und fügte freundlich hinzu: »Luigi, der Barmann, kennt sich mit Computern
aus. Er wird die Programme für euch machen.«
»Ah, richtig!«, sagte Jimmie mit großer Erleichterung.
»Aye, großartige Idee!«
Auch ich war erleichtert, doch das Gefühl war nicht von
langer Dauer.
Silvio hatte seinen wohlwollenden Blick auf mich gerichtet. »Und ich, Francesca, werde selbstverständlich auch zu
eurer Aufführung kommen.«
»Ich auch!«, stimmte Jimmie ein, der sich nun, da er
wusste, dass er nichts am Computer machen musste, nicht
übertrumpfen lassen wollte, was die Unterstützung des Personals anging.
Verdammter Mist. Gab es überhaupt jemanden, der nicht
zu unserem Stück kommen würde? Freddys Veranstaltungsraum würde vor wohlwollenden Bekannten und Verwandten geradezu bersten.
»Ich habe dich schon länger im Auge, Francesca«, fuhr
Silvio fort. »Mario sagt, du würdest gut arbeiten. Ich werde
eine weitere Pizzeria eröffnen, eine größere als das San
Gennaro. Es ist eine Stelle frei für eine stellvertretende Geschäftsführerin. Ich denke, du wärst ausgesprochen geeignet
für diesen Posten.«
Er strahlte mich an. Wahrscheinlich war dies ein Wink
für mich, ihm die Hand zu küssen und ihm überschwänglich zu danken. Doch meine Knie waren weich wie Gelee.
Hier stand ich nun und bedauerte, den Job im San Gennaro
überhaupt angenommen zu haben, und dort saß Silvio,
schick, freundlich und mit stählernen Augen und wollte mir
zu einer Karriere in der Gastronomie verhelfen. Ich nahm
an, dass es ein Angebot war, das ich nicht ablehnen konnte.
Ich versuchte es trotzdem.
»Ich habe nicht genügend Erfahrung, Sir.«
Silvio legte kurz die Stirn in Falten, bevor er mit einer
weiteren eleganten Geste fortfuhr: »Du bist ein kluges Mädchen. Du wirst es lernen.«
Ich war entlassen. Ich ging nach draußen, während ich
überlegte, was er wohl mit seinen letzten Worten gemeint
hatte.
Freitag war Zahltag. Der kleine, undurchschaubare Buchhalter erschien und reichte uns unsere Lohntüten. »Hier unterschreiben!« war alles, was er je sagte. Es war immer noch
neu für mich, am Ende einer jeden Woche bezahlt zu werden, und obwohl ich meine Zweifel hatte, was den Job anging, diesen kleinen braunen Umschlag zu erhalten war ein
schönes Gefühl.
Ich war an diesem Tag von einer neuen Entschlossenheit
erfüllt: Was auch immer ich von Ions Geschichte hielt – und
ich schwankte noch immer, ob ich ihm glauben sollte oder
nicht –, ich musste etwas wegen Ion selbst unternehmen.
Vor allen Dingen musste ich ihm irgendwie eintrichtern,
dass er nicht mehr vor der Pizzeria herumlungern durfte auf
der Suche nach seinem Bruder. Unter keinen Umständen
durfte er den Laden noch einmal betreten, und selbst das
Warten vor der Tür, in der Hoffnung, diesen Max noch
einmal zu sehen, war eine schlechte Idee.
Mir war durchaus bewusst, dass es nicht leicht werden
würde. Ion war besessen von dem geheimnisvollen dicken
Mann und dessen angeblicher Verbindung zum San Gennaro.
Er klammerte sich daran, weil es die einzige Spur war, die er
hatte. Dagegen zu argumentieren wäre, als würde man die
Finger eines Ertrinkenden vom rettenden Floß wegbiegen.
Doch die Vorstellung, Ion könnte sich einmal mehr in den
Keller schleichen, wo er so leicht in die Falle geraten und
jemandem begegnen konnte, der weit gefährlicher war als
der alte Wally, hatte mich in meinem Entschluss bestärkt.
Außerdem hatte ich bisher keine Spur von diesem Max finden können, und für den Augenblick sah ich wirklich nicht,
was ich noch tun konnte.
Das Gefühl von Unruhe, das ich von Anfang an wegen
der Pizzeria in mir gespürt hatte, blieb jedoch. Ganz besonders der Keller beschäftigte meine Fantasie. Ich konnte nicht
vergessen, wie wütend Luigi reagiert hatte, weil ich mehr als
ein paar Minuten dort unten gewesen war. Dass er wütend
auf Wally war, konnte ich verstehen. Er vermutete zu recht,
dass der Alte stahl. Doch ich war sicher, dass er mich nicht
verdächtigte. Was hatte er also dagegen, dass ich dort hinunterging und mich umsah? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Ich wusste, dass ich noch einmal in den Keller
musste und mich ungestört umsehen, doch wann und wie?
Die Antwort kam mir, als meine Finger die Lohntüte umschlossen.
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