Granger Ann - Varady - 05
Samstag vorbei ist, sobald wir das alles hinter
uns haben, werden du und ich eine lange Unterhaltung führen.«
»Du bist nicht mein Vater!«, fauchte ich. »Ich muss mir
von dir keine Vorträge halten lassen!«
»Nein«, sagte er. »Ich bin nicht dein Vater. Ich bin dein
Freund. Es ist mir nicht gleichgültig, was mit dir passiert.
Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch, dem das nicht
egal ist.«
Das war ein ernüchternder Gedanke. Er hatte recht. Es
gab ein paar wenige Leute, denen es vielleicht leid tun würde, wenn mir etwas zustieße, doch niemand außer Ganesh
würde um mich trauern. Ich wollte gerade sagen, dass ich
das wusste und dass ich ihm dafür wirklich dankbar war, als
er erneut den Mund öffnete und alles verdarb.
»Es sei denn, du glaubst, deine neue Freundin Susie Duke
vergießt Tränen um dich, wenn sie erfährt, dass jemand dir
eins über den Kopf gezogen und dich in den Kanal geworfen
hat – oder vor einen Zug.«
»Ich kann nicht glauben, dass du auf Susie eifersüchtig
bist!«, sagte ich. »Warum magst du sie nicht?«
»Wer sagt denn, dass ich sie nicht mag?« Er funkelte mich
an. »Tatsächlich ist sie ganz in Ordnung. Aber hinter ihrer
Freundlichkeit dir gegenüber verbirgt sich ein Motiv. Sie
möchte nämlich, dass du für ihre miese Detektivagentur arbeitest.«
»Das weiß ich selbst!«, verteidigte ich Susie. »Sie ist aufrichtig und geradeaus, was das betrifft. Sie ist nicht link.«
Ich atmete tief durch und fügte hinzu: »Ich bin immer vorsichtig …«
»Hah!«, rief Ganesh laut, was Hari dazu veranlasste, den
Kopf aus der Tür des Lagerraums zu stecken und sich erschrocken im Laden umzusehen.
»Ich passe schon auf mich auf! Niemand schleicht sich
von hinten an mich heran, um mir eins überzubraten und
mich anschließend in den Kanal zu werfen!«, rief ich. »Oder
sonst irgendwas.« Ich hoffte, dass dem tatsächlich so war.
Ganesh verschränkte die Arme vor der Brust. »Also schön.
Aber vergiss eins nicht: Susie war Gott weiß wie viele Jahre
mit diesem Rennie Duke verheiratet, einem schmierigen, verschlagenen, unehrlichen kleinen Schnüffler. Wenn du lange
genug mit so jemandem zusammen warst, dann färbt
zwangsläufig ein Teil davon auf dich ab!«
Ich dachte an den Schlüssel, den Susie behalten hatte und
mit dem wir Zutritt zu dem Parkplatz hinter dem alten Kino
hatten – doch davon sagte ich Ganesh nichts.
Ich war nicht sonderlich zufrieden, als ich an diesem Abend
zur Arbeit ging. Es schafft mich jedes Mal, wenn ich mich mit
Ganesh streite. Ich weiß, es war kein wirklich heftiger, ausgewachsener Streit gewesen, doch wir hatten uns frostig voneinander verabschiedet. Ich war nicht bereit, sämtliche Schuld
dafür auf mich zu nehmen. Ganeshs herablassende Art, mir
Vorträge zu halten, hatte mich wütend gemacht. Er hatte kein
Recht, mir vorzuschreiben, was ich zu tun und zu lassen hatte. Andererseits sorgte er sich um mich, und wenn er in
schlechter Stimmung war, dann deswegen, weil er Angst um
mich hatte und nicht nur vor dem Hund von Irish Davey.
Ich war außerdem verärgert, weil er angedeutet hatte, ich
wäre Susie Duke nicht gewachsen und würde von ihr beeinflusst werden. Das war eine Beleidigung! Was war ich in seinen Augen? Ein Kind? Nein, ich war fast zweiundzwanzig
und hatte mich seit meinem sechzehnten Lebensjahr allein
durchs Leben geschlagen. Ich war mit allen möglichen Leuten zusammengetroffen und hatte eine Menge gelernt, was
meine Selbsterhaltung anging. Und deswegen, sagte ich zu
mir, komme ich mit dieser Situation auch zurecht. Ich weiß,
was ich tue. Ich passe schon auf, dass nichts passiert, was ich
nicht will.
Genau!, schnarrte eine Stimme in meinem Kopf. Genau
so, wie du es dein ganzes Leben lang getan hast! Du hast
dich bei jeder Gelegenheit mit den Behörden überworfen
und nichts vernünftig zu Ende gebracht, was du je angefangen hast. Ganz zu schweigen davon, dass du dich immer
wieder in Situationen wie diese gebracht hast. Du hättest
nach der ersten Woche in der Pizzeria aufhören sollen, sobald dir klar geworden war, dass irgendwas nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Du hättest Ion niemals versprechen dürfen, ihm zu helfen. Wahrscheinlich hättest du dich
auch niemals überreden lassen dürfen, bei Martys Stück
mitzuspielen.
Letzteres verblüffte mich. Das Stück würde zwar die Welt
nicht im Sturm erobern, ganz sicher nicht, doch nachdem
wir alle Probleme ausgebügelt hatten, war es eine ziemlich
gute
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