Grant County 03 - Dreh dich nicht um
dem Handgelenk gegen den Kühlschrank. Vor Schmerz sah sie Sterne, doch sie versuchte, tief durchzuatmen.
Lena setzte sich an den Tisch und überlegte, wo Ethan vom Revier aus hingehen würde. Sie hatte seine Nummer im Wohnheim nicht. Im Sekretariat des College anzurufen, war keine gute Idee. Nachdem Lena die letzte Nacht im Gefängnis verbracht hatte, war wahrscheinlich keiner dort erpicht darauf, ihr zu helfen.
Vor zwei Tagen hatte Lena den Anrufbeantworter aus dem Schrank geholt für den Fall, dass Jill Rosen zurückrief. Jetzt griff sie nach dem schnurlosen Telefon und wählte ihre eigene Nummer. Sie hoffte, dass sie das Gerät richtig angeschlossen hatte. Das Telefon klingelte dreimal, dann wurde Lena von ihrer eigenen Stimme begrüßt. Sie klang fremd und laut. Nach dem Piepton tippte sie den Code ein und hörte ihre Nachrichten ab. Die erste war von ihrem Onkel Hank, der hören wollte, ob es ihr gut ging, und sich freute, dass sie sich endlich einen Anrufbeantworter angeschafft hatte. Die nächste war von Nan. Sie klang besorgt und bat Lena, so bald wie möglich zurückzurufen. Die letzte Nachricht war von Ethan.
»Lena«, sagte er. »Geh nirgendwohin. Ich suche dich.«
Um seine Nachricht noch einmal abzuhören, drückte sie die Drei. Das Gerät spulte zurück, und Lena musste sich Hank und Nan noch einmal anhören, bevor die Stimme von Ethan wieder erklang.
»Geh nirgendwohin. Ich suche dich.«
Wieder drückte sie auf drei. Lena drückte das Telefon fester gegen ihr Ohr und versuchte, Ethans Tonfall zu entschlüsseln. Er klang aggressiv, doch das war nichts Neues.
Sie hörte sich die Nachricht ein viertes Mal an, als es an der Tür klopfte.
»Richard«, murmelte sie. Sie sah an sich herunter und stellte fest, dass sie immer noch den hellblauen Schlafanzug trug. »Scheiße.«
Das schnurlose Telefon piepte zweimal, und sie sah an der blinkenden LED-Anzeige, dass die Batterie zu Ende ging. Hastig drückte sie die Fünf und hoffte, damit Ethans Nachricht zu speichern.
Sie ging ins Wohnzimmer und stellte das Telefon auf die Ladestation. Eine dunkle Gestalt stand vor der Tür, durch den Vorhang war nur die Silhouette zu sehen. Lena rief: »Eine Minute.« Ihre Kehle schmerzte.
In Nans Schlafzimmer suchte sie etwas, das sie sich überziehen könnte. Sie fand nur einen rosafarbenen Frotteebademantel, der genauso haarsträubend war wie der Schlafanzug. Stattdessen nahm sich Lena eine Jacke aus dem Schrank im Flur. Die zog sie über, als sie zur Haustür lief.
»Einen Moment«, sagte sie und zog den Stuhl von der Haustür weg. Dann schob sie den Riegel zurück und öffnete die Tür, doch es war niemand da.
»Hallo?«, rief Lena und trat auf die Veranda. Kein Mensch. Auch die Einfahrt war leer.
Das Piepen der Alarmanlage erinnerte Lena daran, dass Nan sie eingeschaltet hatte, bevor sie gegangen war. Der Alarm wurde nach zwanzig Sekunden ausgelöst. Lena lief schnell ins Haus zurück und tippte gerade noch rechtzeitig den Code ein.
Sie war auf dem Weg in die Küche, als sie das Klirren von berstendem Glas hörte. Der Vorhang an der Küchentür bewegte sich, doch es war nicht der Wind. Eine Hand erschien und tastete nach dem Riegel. Lena stand wie versteinert da, dann wurde sie von Panik erfasst und rannte in den Flur zurück.
Schritte knirschten auf dem Küchenfußboden. Lena versteckte sich im zweiten Schlafzimmer hinter der Tür, von wo sie durch den Schlitz zwischen Wand und Angeln den Flur im Blick hatte. Der Eindringling durchquerte zielgerichtet das Haus, die schweren Schuhe polterten auf den Dielen. Im Flur hielt er inne, sah nach rechts, dann nach links. Lena konnte sein Gesicht nicht erkennen, sie sah nur das schwarze Hemd und die Jeans.
Sie kniff die Augen zusammen und hielt die Luft an, als er das Zimmer betrat. Verzweifelt drückte sie sich an die Wand und versuchte, sich hinter der Tür unsichtbar zu machen.
Als sie die Augen zu öffnen wagte, hatte der Eindringling ihr den Rücken zugewandt. Lena starrte ihn an. Sie war sich sicher gewesen, dass es Ethan war, doch seine Schultern waren zu breit und die Haare zu lang.
Der Schrank war bis unter die Decke mit Kisten voll gestopft. Eine nach der anderen zog der Mann jetzt heraus und las die Etiketten, bevor er sie ordentlich auf dem Boden stapelte. Es schien Stunden zu dauern, bis er endlich fand, wonach er suchte. Als er sich vor einen Karton kniete, zeigte er Lena sein Profil. Im selben Augenblick erkannte sie Richard Carter.
Lena dachte an
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