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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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die Glock in Nans Zimmer. Richard hatte ihr wieder den Rücken zugewandt, und wenn sie sich ganz vorsichtig bewegte, schaffte sie es vielleicht aus dem Zimmer hinüber zu Nan.
    Mit angehaltenem Atem verließ sie ihr Versteck hinter der Tür. Ganz langsam schlich sie sich aus dem Zimmer, doch Richard musste ihre Anwesenheit gespürt haben. Er fuhr herum und stand blitzschnell auf. Wut glomm in seinen Augen, doch dann wirkte er plötzlich erleichtert. »Lena«, sagte er.
    »Was machst du hier?« Lena versuchte streng zu klingen, doch ihre Stimme war rau, und sie war überzeugt, dass er ihr die Angst anhörte.
    Er runzelte die Stirn, offensichtlich verwirrt von ihrem Groll. »Was ist denn mit dir passiert?«
    Lena berührte ihr Gesicht. »Ich bin gestürzt.«
    »Schon wieder?« Richard lächelte traurig. »Auf die Art bin ich früher auch oft gestürzt. Ich hab dir doch gesagt, dass ich weiß, wie das ist. Ich habe das Gleiche durchgemacht.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    »Hat dir Sibyl nie davon erzählt?«, fragte er, dann lächelte er. »Nein, natürlich hat sie keine Geheimnisse weitererzählt. Das war nicht ihr Stil.«
    »Was für Geheimnisse?«, fragte Lena und griff hinter sich. Sie versuchte sich zur Tür vorzutasten.
    »Familiengeheimnisse.«
    Er trat einen Schritt auf sie zu, und sie wich nach hinten aus.
    »Es ist schon seltsam mit den Frauen«, sagte er. »Werden glücklich einen Schläger los, nur um dem nächsten auf den Leim zu gehen. Als hätten sie tief drinnen nichts anderes gewollt. Sie können nicht lieben, wenn sie nicht verdroschen werden.«
    »Wovon redest du?«
    »Bei dir ist es natürlich etwas anders.« Er wartete, bis sie begriffen hatte, was er meinte. »Meine Mutter«, erklärte er dann. »Besser gesagt, mein Stiefvater. Ich hatte mehrere von der Sorte.«
    Lena trat einen kleinen Schritt zurück, ihre Schulter streifte die Tür. Sie zog den linken Arm an, um nicht mit dem Gips gegen den Knauf zu kommen. »Sie haben dich geschlagen?«
    »Ja, sie alle«, sagte Richard. »Sie haben mit Mama angefangen, aber am Schluss war dann immer ich dran. Sie wussten, dass bei mir was falsch ist.«
    »Bei dir ist doch nichts falsch.«
    »Doch, das ist es«, erklärte Richard. »Und die Leute spüren es. Sie wissen genau, wie sehr du sie brauchst, und dafür bestrafen sie dich.«
    »Richard – «
    »Weißt du, was komisch ist? Meine Mutter hat sie immer beschützt. Sie hat mir unmissverständlich klar gemacht, dass die anderen ihr wichtiger waren als ich.« Er lachte bekümmert. »Und dann drehte sie sich um und tat es mit ihnen. Doch es war keiner je so gut wie der, der abgehauen war.«
    »Wer?«, fragte Lena. »Wer ist abgehauen?«
    Er kam näher. »Brian Keller.« Als er ihre Überraschung sah, lachte er. »Wir durften es niemand sagen.«
    »Warum?«
    »Dass der Sohn aus seiner ersten Ehe eine Schwuchtel ist?«, fragte Richard. »Er sagte, wenn ich es irgendjemandem erzählte, würde er kein Wort mehr mit mir reden. Er würde mich vollkommen aus seinem Leben ausschließen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Lena und machte noch einen Schritt rückwärts. Sie stand jetzt schon im Flur und musste gegen den unwiderstehlichen Drang ankämpfen loszurennen. Der Ausdruck in Richards Augen ließ keinen Zweifel daran, dass er sie verfolgen würde. »Mein Anwalt kommt gleich vorbei«, sagte sie. »Ich muss mich anziehen.«
    »Keinen Schritt, Lena.«
    »Richard – «
    »Ich meine es ernst.« Er stand genau vor ihr. Er hatte die Schultern gestrafft. Er könnte ihr ernsthaft wehtun, wenn er es darauf anlegte. »Keinen Zentimeter.«
    Sie rührte sich nicht. Den linken Arm an die Brust gepresst, spielte sie in Gedanken ihre Möglichkeiten durch. Er wog mindestens doppelt so viel wie sie. Ihr war nie aufgefallen, was für ein großer Mann er war, vielleicht weil sie ihn nie als Bedrohung wahrgenommen hatte.
    Sie wiederholte: »Mein Anwalt kommt gleich.«
    Richard griff nach dem Schalter hinter ihr und schaltete das Licht an. Dann sah er sie von oben bis unten an, registrierte jeden blauen Fleck, jede Wunde. »Schau dich an«, sagte er. »Du weißt doch, wie es ist, wenn jemand es auf einen abgesehen hat.« Er grinste sie verschlagen an. »Wie Chuck zum Beispiel.«
    »Was weißt du von Chuck?«
    »Nur, dass er tot ist«, sagte Richard. »Und die Welt ohne ihn ein wenig friedlicher.«
    Lena versuchte zu schlucken: »Was willst du von mir?«
    »Kooperation«, sagte er. »Wir können einander helfen. Wir

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