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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Tote-Anfassen. Hatte ich natürlich nicht, damals. Später schon.«
    »Aha.« Jeffrey fragte sich, wie sie bei diesem Thema gelandet waren.
    »Mein Bruder Roger war es damals, der an ihnen rumgefingert hat. Er war ein echter Bengel.«
    Jeffrey wusste nicht, was er sagen sollte. Die Pointe kam höchstwahrscheinlich noch.
    »Er hat die Jungs für einen Vierteldollar pro Nase nachts in die Leichenhalle gelassen, wenn mein Vater im Bett war. Nur mit ’ner Taschenlampe hat er sie reingeführt und dann hat er auf die Brust der Leichen gedrückt, hier – « Unwillig sah Jeffrey hin. »Und dann gibt der Tote so ein dumpfes Stöhnen von sich.«
    Brock machte den Mund auf und ließ ein tiefes, hohles Stöhnen hören. Es klang wirklich schauerlich.
    »Verdammt, Schluss jetzt, Brock«, schimpfte Jeffrey. Er bekam tatsächlich eine Gänsehaut.
    Brock schien ein bisschen beleidigt zu sein, doch er würde drüber wegkommen. Auf dem Rest des Weges zur Leichenhalle tranken sie schweigend ihren Kaffee.

    Als Jeffrey bei den Rosens vor dem Haus parkte, sprang ihm als Erstes der glänzende rote Ford Mustang in der Einfahrt ins Auge. Anstatt zur Haustür ging Jeffrey zuerst zu dem Wagen hinüber. Als er in Andy Rosens Alter war, hatte er von einem roten Mustang geträumt. Obwohl er wusste, wie unvernünftig das war, war er jetzt ein bisschen neidisch. Er fuhr mit dem Finger den schwarzen Rennstreifen auf der Motorhaube nach und dachte daran, dass Andy sehr viel mehr gehabt hatte, wofür es sich zu leben lohnte, als Jeffrey in seinem Alter.
    Doch anscheinend gab es noch jemanden, der diesen Wagen liebte. Trotz der frühen Stunde war kein Tau auf dem Lack zu sehen. Ein Eimer stand kopfüber beim Kotflügel, darauf war ein Schwamm. Der Gartenschlauch lag unaufgerollt daneben. Jeffrey sah auf die Uhr. Ungewöhnliche Zeit für eine Autowäsche, dachte er, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass sein Besitzer am Vortag gestorben war.
    Als er sich der Veranda näherte, hörte Jeffrey Stimmen. Die Rosens schienen in einen heftigen Streit verwickelt. Aus langjähriger Erfahrung als Polizist wusste er, dass die Leute dazu neigten, die Wahrheit zu sagen, wenn sie wütend waren. Er versuchte, an der Tür zu lauschen, ohne dass es für morgendliche Jogger allzu verdächtig aussah.
    »Warum interessiert er dich jetzt auf einmal, Brian?«, schrie Jill Rosen. »Vorher hast du dich einen Dreck um ihn geschert.«
    »Das ist doch gequirlte Scheiße, und das weißt du.«
    »Nimm nicht solche Wörter in den Mund, wenn du mit mir redest.«
    »Leck mich doch! Ich rede, wie’s mir passt, verflucht nochmal!«
    Einen Moment war es still. Jill Rosen war leiser geworden und Jeffrey verstand nicht, was sie sagte. Auch der Mann sprach jetzt leiser.
    Jeffrey gab ihnen noch eine Minute, dann klopfte er an die Tür. Er hörte Schritte und meinte, jemand weinen zu hören.
    Jill Rosen öffnete die Tür. An ihrem durchweichten Taschentuch sah er, dass sie den Morgen in Tränen verbracht hatte. Jeffrey musste an Cathy Linton denken, gestern auf der Terrasse.
    »Chief Tolliver«, sagte Jill Rosen. »Das ist Dr. Brian Keller, mein Mann.«
    »Wir haben telefoniert«, erinnerte ihn Jeffrey.
    Keller sah ziemlich verzweifelt aus. Dem dünnen grauen Haar und der schlaffen Haut nach zu urteilen, ging er auf die sechzig zu, doch die Trauer machte ihn um zwanzig Jahre älter. Er trug die Hose eines Nadelstreifenanzugs, darüber hatte er nichts als ein vergilbtes Unterhemd mit V-Ausschnitt an, das ein paar Büschel grauen Brusthaars freigab. Um den Hals hing eine Kette mit dem Davidstern, die der seines Sohnes glich. Oder vielleicht war es ebendie, die sie im Wald gefunden hatten. Er war barfuß. Wahrscheinlich war er derjenige gewesen, der das Auto gewaschen hatte.
    »Tut mir leid«, sagte Keller. »Wegen gestern am Telefon. Ich war ziemlich durcheinander.«
    »Mein Beileid. Sie haben einen geliebten Menschen verloren, Dr. Keller.« Jeffrey schüttelte Kellers Hand. Er überlegte, wie er möglichst taktvoll fragen könnte, ob Andy sein richtiger Sohn war oder ob er ihn adoptiert hatte. Viele Frauen behielten ihren Mädchennamen bei, wenn sie heirateten, doch die Kinder nahmen normalerweise den Namen des Vaters an.
    Jeffrey fiel keine andere Lösung ein, als ganz direkt zu fragen. »Dr. Keller, sind Sie Andys biologischer Vater?«
    Jill Rosen erklärte: »Als Andy alt genug war, durfte er sich den Namen aussuchen.«
    Jeffrey nickte verständnisvoll.
    »Kommen Sie herein.« Jill

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