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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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und Sara und Jeffrey sahen im selben Moment die zweite Tätowierung. Es sah aus wie eine Art Schriftzeichen.
    Jeffrey sagte: »Die war nicht auf Andys Zeichnung.«
    »Die ist auch schon älter. Meinst du, er hat sie absichtlich weggelassen?«
    »Glaub mir, er hätte die ebenfalls gemalt, wenn er sie gesehen hätte.«
    »Also hatte er kein Verhältnis mit ihr.« Sie gab Carlos zu verstehen, dass er ein Foto von der Tätowierung machen sollte. Sie legte ein Lineal daneben, um den Maßstab zu dokumentieren. »Wir scannen es, um herauszufinden, was es heißt.«
    »Shalom«, sagte Carlos.
    »Wie bitte?«, fragte Sara überrascht.
    »Hebräisch«, erklärte er. »Es bedeutet ›Friede‹.«
    »Bist du sicher?«
    »Ich habe Hebräisch in der Schule gelernt«, sagte er. »Meine Mutter ist Jüdin.«
    »Ach«, sagte Sara. Wie lange arbeitete er jetzt schon für sie, ohne dass sie irgendetwas über ihn wusste? Jeffrey schrieb etwas in sein Notizbuch. Seine Brauen waren gerunzelt, und Sara fragte sich, welche Verbindung er gerade zog.
    Als sie sich umdrehte, schlug sie sich den Kopf an der Organwaage über dem Untersuchungstisch an.
    »Scheiße«, fluchte sie und betastete ihre Stirn. Sie blickte sich nicht nach Jeffrey und Carlos um, sondern lief ohne weiteren Kommentar zu dem Metallschrank neben den Waschbecken und zog sich einen sterilen Anzug und Handschuhe über.
    Sie bat Jeffrey: »Kannst du mir bitte meine Brille holen? Sie müsste auf dem Schreibtisch liegen.«
    Dann zog sie sich ein zweites Paar Handschuhe über die ersten. Carlos schob die Tafel heran, die Sara von der Schule übernommen hatte. Einige Informationen hatte er bereits aufgeschrieben. Lücken blieben, wo er das Gewicht, die Maße und Angaben zu den einzelnen Organen notieren würde, die im Lauf der Prozedur ermittelt wurden. Sara hatte gern alle Daten vor Augen, während sie die Obduktion durchführte. Zusammenhänge waren so leichter zu erkennen.
    Mit dem Fuß betätigte sie das Diktaphon und begann: »Wir haben den unbalsamierten, gut entwickelten Leichnam einer neunzehnjährigen weißen Frau vor uns, die sich mit einem Kaliber-12-Repetiergewehr selbst in den Kopf geschossen haben soll. Sie wurde vom diensthabenden Beamten als Ellen Marjory Schaffer identifiziert. Fotos und Röntgenaufnahmen wurden nach meiner Anweisung gemacht. Nach dem Gesetz von Georgia wird die Obduktion in der Leichenhalle der Gerichtsmedizin Grant County durchgeführt am …«
    Jeffrey las das Datum vor, und Sara fuhr fort: »Wir beginnen um 20 Uhr 33, es assistieren Carlos Quinonez, Technischer Assistent der Gerichtsmedizin, und Jeffrey Tolliver, leitender Polizeichef von Grant County.«
    Sie hielt inne und sah auf die Tafel. »Die Person wiegt ungefähr siebenundfünfzig Kilogramm und ist zirka ein Meter zweiundsiebzig groß. Der Schädel wurde durch den Schuss aus einem Gewehr schwer beschädigt.« Sie legte die Hand auf den Unterbauch. »Der Körper wurde gekühlt und fühlt sich kalt an. Die Leichenstarre ist eingetreten.«
    Sara fuhr fort, erwähnte besondere Kennzeichen, während sie mit einer Schere die Tüte aufschnitt, die Ellen Schaffers Kopf bedeckte. Geronnenes Blut und Hirnmasse klebte an dem Plastik, dazu eingedickte Klumpen von Knochensplittern.
    Carlos sagte: »Der Rest ist im Kühlschrank.«
    »Den schaue ich mir später an.« Sara schälte die Tüte von dem ab, was von Ellen Schaffers Kopf übrig war. Kaum mehr als ein blutiger Stumpf war noch da, blonde Haarsträhnen und Zähne, wo einmal das Stammhirn gewesen war. Es wurden weitere Fotos gemacht, dann nahm Sara das Skalpell und ging zur inneren Untersuchung über. Während sie den üblichen Y-Schnitt durchführte, spürte sie ihre große Müdigkeit. Sie schloss einen Moment die Augen, um sich zu konzentrieren.
    Dann machte sie sich daran, jedes Organ zu entfernen, zu wiegen, zu katalogisieren und in eine Tüte zu packen. Im Magen fanden sie, was wahrscheinlich Ellens Henkersmahlzeit gewesen war: Müsli mit Nüssen, fast wie frisch aus der Packung.
    Sie klemmte die Därme ab und überreichte sie Carlos. Er machte sich daran, sie im Waschbecken mit einem Schlauch auszuspritzen. Ein Sieb über dem Ausguss fing auf, was herausgespült wurde. Der Gestank war fürchterlich.
    Sara zog das obere Paar Handschuhe aus und ging zur anderen Seite des Saals, wo der Lichtkasten stand. Carlos hatte die Röntgenaufnahmen bereits vor der Autopsie aufgehängt. In ihrer Erschöpfung hatte sie nicht daran gedacht, sie vorher

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