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Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Grant County 03 - Dreh dich nicht um

Titel: Grant County 03 - Dreh dich nicht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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anzusehen. Doch jetzt, nachdem sie die Serie zweimal intensiv betrachtet hatte, fiel ihr die seltsam vertraute Form in der Lunge auf.
    »Jeff«, rief sie.
    Er stellte sich neben sie und starrte die Aufnahmen an.
    »Ist das ein Zahn?«
    »Das wissen wir gleich.« Sara zog sich wieder die Handschuhe über, dann nahm sie die linke Lunge aus der Plastiktüte. Auf den ersten Blick war das Lungenfell glatt, ohne Anzeichen von Verhärtung. Sara hatte das Organ für die spätere Biopsie beiseite gelegt. Jetzt nahm sie ein großes Skalpell.
    »Wenig Blutaspiration«, sagte sie.
    Im unteren rechten Quadranten der linken Lunge fand sie schließlich den Zahn.
    »Könnte der Schuss den Zahn dahin befördert haben?«
    »Sie hat den Zahn aspiriert«, widersprach Sara. »Sie hat ihn in die Lunge eingeatmet.«
    Jeffrey rieb sich die Augen. Dann fasste er die Unstimmigkeit mit einfachen Worten zusammen. »Sie hat den Zahn eingeatmet, als sie niedergeschlagen wurde.«

DIENSTAG
ACHT
    Lena unterdrückte ein Gähnen, als sie mit Ethan aus dem Kino kam. Vor zwei Stunden hatte sie ein Kodein genommen. Es hatte zwar nicht viel gegen den Schmerz im Handgelenk geholfen, aber dafür war Lena jetzt hundemüde.
    »Woran denkst du?«, fragte Ethan. Die typische Frage, wenn ein Kerl wollte, dass die Frau das Reden übernahm.
    »Ich hoffe für dich, dass das mit der Party klappt«, sagte sie und gab ihrer Stimme einen drohenden Unterton.
    »Schon verstanden«, sagte er. »Hat sich der Cop nochmal gemeldet?«
    »Nein«, log Lena, obwohl ihr Telefon seit dem Kaffeetrinken fünf Anrufe vom Revier angezeigt hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Jeffrey an ihre Tür klopfte, und dann würde Lena ein paar Fragen beantworten müssen – oder die Konsequenzen für ihr Schweigen tragen. Während des Films war sie zu dem Schluss gekommen, dass Chuck Gaines sie aufgrund von Jeffreys Behauptungen vielleicht nicht feuern konnte, aber das Schwein könnte ihr das Leben zur Hölle machen. Für Chuck wäre es das Größte, etwas gegen sie in der Hand zu haben. Und so schlimm ihr Job jetzt schon war, ihm fielen bestimmt noch mehr Grausamkeiten ein.
    Ethan fragte: »Hat dir der Film gefallen?«
    »Nicht besonders«, erklärte sie. Lena überlegte, was sie täte, wenn Andys Freund gar nicht auftauchte. Morgen müsste sie unbedingt mit Jill Rosen reden. Lena hatte drei Nachrichten auf Jills Anrufbeantworter hinterlassen, doch die Therapeutin hatte nicht zurückgerufen. Lena musste rausfinden, was sie Jeffrey gesagt hatte. Sogar ihren alten Anrufbeantworter hatte sie aus dem Schrank geholt, falls Jill sich heute Abend doch noch meldete.
    Lena blickte hinauf zum Himmel und holte tief Luft. Sie brauchte jemanden, mit dem sie über alles sprechen konnte, doch es gab niemanden, dem sie vertrauen konnte.
    »Schöner Abend«, sagte Ethan. Er dachte wohl, sie bewunderte die Sterne. »Vollmond.«
    »Morgen regnet es.« Lena ballte die Faust und öffnete sie wieder. Wo Ethan sie gepackt hatte, zogen sich hässliche dunkelblaue Flecke wie ein Armband um ihr Handgelenk; es fühlte sich an, als wäre der Knochen angebrochen. Das Gelenk pochte und war so dick geworden, dass sie den Ärmelknopf nicht mehr zubekam. Sie hatte einen Verband getragen, bis Ethan an die Tür klopfte, doch sie wollte sich vor ihm nicht anmerken lassen, dass er sie wirklich verletzt hatte.
    Lenas Problem war, dass sie erst am Montag ihr Gehalt bekam. Sie hatte nicht mehr genug Geld übrig für die fünfzig Dollar Eigenbeteiligung, die fällig wären, wenn sie den Arm im Krankenhaus röntgen ließ. Immerhin konnte sie die Hand noch bewegen. Wenn es am Montag immer noch so wehtat, würde sich Lena dann darum kümmern. Sie war ohnehin Rechtshänderin, und außerdem hatte sie schon mit schlimmeren Schmerzen leben müssen als jetzt. Fast war es ein tröstliches Gefühl: Sie spürte, dass sie am Leben war.
    Als könnte er ihre Gedanken lesen, fragte Ethan: »Wie geht’s deinem Handgelenk?«
    »Gut.«
    »Es tut mir echt leid. Ich war einfach – «, er schien nach Worten zu suchen, » – ich wollte nicht, dass du gehst.«
    »Nette Art, einem das zu sagen.«
    »Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe.«
    Sie schwieg. Irgendwie pochte die Schwellung stärker, wenn sie darüber sprachen. Bevor sie aus dem Haus ging, hatte sie Kodein und Ibuprofen 800 eingesteckt, falls die Schmerzen schlimmer würden. Während Ethan auf dem Parkplatz der Studentenvereinigung von einer Gruppe Jugendlicher abgelenkt wurde,

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