Grant County 05 - Gottlos
vergiftet? Das passt doch nicht zusammen.»
Sara musste ihm recht geben. «Und warum sollten sie sie überhaupt begraben? Sie treten doch bestimmt für den Schutz ungeborenen Lebens ein, oder?»
«Das passt alles nicht zusammen. Es muss ein anderes Motiv geben.»
«Also gut», sagte Sara. «Es ist keiner von ihnen, sondern jemand anders. Warum sollte sich jemand erst die Mühe machen, sie lebendig zu begraben, um sie anschließend zu vergiften?»
«Vielleicht wollte er zurückkommen und die Leiche holen. Vielleicht sind wir ihm zuvorgekommen, und er konnte nicht beenden, was er vorhatte.»
Sara hatte diese Möglichkeit noch nicht in Betracht gezogen, und der Gedanke jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken.
«Ich habe ein paar Bretter von der Kiste ins Labor geschickt», sagte er. «Wenn DNA dran ist, finden wir sie.» Er überlegte. «Hoffentlich», sagte er dann.
Sara wusste, dass solche Tests Wochen, manchmal Monate dauern konnten. Das Forensische Labor des GBI war so im Rückstand, dass es ein Wunder war, dass in Georgia überhaupt Verbrechen aufgeklärt wurden. «Könnt ihr nicht einfach zur Farm rausfahren und mit den Leuten vor Ort reden?»
«Nicht ohne begründeten Verdacht. Und auch dann nur, solange Sheriff Arschloch mich nicht auf seiner Seite der Grenze erwischt.»
«Was ist mit dem Sozialamt?», schlug Sara vor. «Es klingt, als sind auch Kinder dort. Es könnten Ausreißer darunter sein, Minderjährige.»
«Gute Idee», Jeffrey freute sich, dass es einen Weg gab, dieses Hindernis zu umgehen. «Aber ich muss vorsichtig sein. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass dieser Lev Ward bestens über seine Rechte Bescheid weiß. Ich wette, die Farm hat mindestens zehn Rechtsanwälte in der Hinterhand.»
Sara richtete sich auf. «Was?»
«Ich sagte, wahrscheinlich haben sie mindestens zehn Anwälte –»
«Nein, sein Name.»
«Lev Ward, einer der Onkel», sagte Jeffrey. «Es ist eigenartig, aber irgendwie sieht er dir ähnlich. Rote Haare.» Er zog sich ein T-Shirt über den Kopf. «Sehr blaue Augen.»
«Ich habe grüne Augen», knurrte sie. Diesen Witz machte er immer. «Inwiefern sieht er mir ähnlich?»
«Hab ich doch schon gesagt.» Jeffrey zuckte die Achseln und strich sein Lynyrd-Skynyrd- T-Shirt glatt. «Sehe ich jetzt aus wie ein Hinterwäldler, der in einen Strip-Club gehört?»
«Erzähl mir von diesem Lev.»
«Warum bist du so neugierig?»
«Ich will es einfach wissen», sagte sie, dann: «Tessa geht neuerdings in diese Kirche.»
Jeffrey lachte ungläubig. «Du machst Witze.»
«Warum, ist das so schwer zu glauben?»
«Tessa geht in die Kirche? Ohne dass deine Mutter die Peitsche rausholt?»
«Was willst du damit sagen?»
«In dieser Freikirche sind sie eben einfach sehr … fromm.» Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. «Nicht unbedingt die Leute, mit denen Tessa sonst rumhängt.»
Es war eine Sache, wenn Sara über die lockere Moral ihrer Schwester lästerte, aber sonst durfte das keiner – nicht mal Jeffrey. «Wie sind denn die Leute, mit denen sie rumhängt?»
Er streichelte ihr den Fuß, offensichtlich hatte er das Gefühl, in der Falle zu sitzen. «Sara –»
«Vergiss es.» Sara wusste selbst nicht, warum sie so empfindlich war.
«Ich will es aber nicht vergessen. Sara, was ist los mit dir?»
Sie drehte sich weg. «Ich hatte einfach einen echt miesen Tag.»
Er strich ihr über den Rücken. «Die Obduktion?»
Sie nickte.
«Du hast mich angerufen, weil du mich gebraucht hast», flüsterte er. «Ich hätte mir Zeit nehmen sollen.»
Sie hatte einen Kloß im Hals. Dass er seinen Fehler selbst erkannte, bedeutete ihr fast so viel, als hätte er ihn gar nicht erst gemacht.
«Es muss schlimm für dich gewesen sein, Baby. Tut mir leid, dass ich nicht für dich da war.»
«Schon gut.»
«Ich will nicht, dass du so was allein durchstehen musst.»
«Carlos war da.»
«Das ist was anderes.» Er strich ihr über den Rücken, machte kleine kreisende Bewegungen mit den Handballen. Seine Stimme war kaum mehr als ein Raunen. «Was ist los?»
«Ich weiß auch nicht», gab sie zu. «Tessa will, dass ich am Mittwochabend mit ihr in diese Kirche gehe.»
Jeffrey hielt mit dem Streicheln inne. «Bitte, tu das nicht.»
Sie sah ihn über die Schulter an. «Warum?»
«Diese Leute», begann er. «Ich traue ihnen nicht. Ich kann dir nicht sagen was, aber irgendwas stimmt da nicht.»
«Glaubst du wirklich, sie haben Abigail
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