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Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Grappa 02 - Grappas Treibjagd

Titel: Grappa 02 - Grappas Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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immer nur um die Wahrheit, um den, der hinter der ganzen Sache steckt. Und das ist Dr. Ellenbogen, das weiß ich genau. Warum schützen Sie ihn? Womit hat er Sie nur in der Hand? Was ist es? Geht es um Geld?«
    In ihre Augen traten Tränen. »Was wissen Sie denn schon in Ihrem Hochmut! Sie gehen über Leichen, wenn Sie eine Geschichte wittern. Soll ich Ihnen dabei helfen, einen ehrenhaften Mann fertig zu machen? Soll ich mithelfen, ihn und seine Familie für immer ins Unglück zu stürzen, nur damit Sie ein neues Opfer zur Strecke bringen können?«
    Ihre Stimme kippte über zur Hysterie, die Leute im Kaffeeladen guckten schon. Ihre Blicke waren unfreundlich.
    »Frau Engler, Herr Ellenbogen ist kein ehrenhafter Mann. Das wissen Sie besser als ich! Er hat viel Geld mit den Kinder-Pornos verdient! Und was ist mit Ihnen? Sie arbeiten jahrelang in einer Beratungsstelle, in der missbrauchte Kinder und vergewaltigte Frauen Schutz suchen, und beteiligen sich gleichzeitig an dem Vertrieb dieser Sachen. Warum haben Sie das gemacht? Und für wen? Das Geld allein kann es ja wohl nicht sein, oder?«
    »Ja, ich habe Fehler gemacht, und ich werde dafür büßen müssen. Das ist meine Sache, ganz allein meine Sache.«
    »Dann stimmt es also? Sie sind spielsüchtig? Wie viel Schulden haben Sie bei Ellenbogen gemacht?«
    Sie schwieg. Ihr Blick zeigte Leere und Gleichgültigkeit. Sie hat mit dem Leben abgeschlossen, dachte ich erschrocken. »Haben Sie sich einen der Filme, die Sie in alle Welt verschickt haben, eigentlich mal angesehen? Haben Sie mal mit Kindern gesprochen, denen das widerfahren ist? Natürlich haben Sie das. Wer hat Sie dazu gebracht, verdammt noch mal? Nun reden Sie endlich!«
    Ich fasste sie am Arm und schüttelte sie. Irgendwann muss ihr Widerstand zu brechen sein, dachte ich, wenn nicht aus Einsicht, dann wenigstens, weil sie mich und meine Fragen leid war. Doch sie reagierte nicht, stierte in ihren Kaffee und rührte die längst verteilte Milch unter.
    »Hören Sie«, beschwor ich sie, »Ihre Strafe wird mit Sicherheit geringer ausfallen, wenn Sie den Kopf der Bande nennen. Dann kommen Sie vielleicht mit einer Geldstrafe davon, und Ihr Leben ist nicht ganz verpfuscht. Überlegen Sie doch mal! Wenn Sie wollen, dann helfe ich Ihnen.«
    Ich meinte es ernst in diesem Augenblick.
    »Sie mir helfen?«, schrie sie. »Sie sind doch nur auf Ihren Vorteil aus! Alle Journalisten Ihres Schlages sind Bluthunde. Was wissen Sie schon von meinen Gefühlen? Gerade Sie! Lassen Sie mich in Frieden.«
    Sie stürzte an mir vorbei nach draußen. Ihre Tasse Kaffee fiel um und bekleckerte mein Leinen-Jackett. Ich tupfte die Tropfen mit einer Papierserviette auf. Frau Engler hatte mir ihre Abschiedsworte ins Gesicht geschrien. Ich blickte mich um. Die kaffeetrinkenden Gäste nahmen eine drohende Haltung an. »Alles in Ordnung«, stammelte ich, »eine Bekannte, die es ganz schrecklich mit den Nerven hat. Die fängt sich schon wieder! Nur eine Frage der Zeit!«
    Da mir die Leute kein Wort glaubten, stürzte ich meinen Kaffee hinunter und machte flott die Fliege.
    Frau Engler nahm sich noch an diesem Abend das Leben. Sie erhängte sich in ihrer Wohnung. Sie hinterließ einen Abschiedsbrief, dessen Inhalt die Polizei nicht bekanntgab. Die Ermittlungen gegen sie wurden eingestellt. War ich schuldig an ihrem Selbstmord? Ich hoffte nicht.
    Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon. Ich hatte Frau Engler ziemlich hart ins Gebet und auf ihre seelische Lage keine Rücksicht genommen. Doch – sie hatte ihr Leben selbst verpfuscht, hatte mitgeholfen, Verbrechen an unschuldigen Kindern zu vertuschen. Die Gewissensbisse über meine rustikalen Recherchemethoden dauerten nur so lange, wie es unbedingt nötig war.

Ein Maler und seine Modelle
    Die Bilder in der Galerie »Blickpunkt« waren eine Mischung aus Surrealismus und naiver Kunst. Da quollen Schlangen aus dem Mund eines kleinen Mädchens, das in Sterntaler-Manier mit dem Kleidchen goldene Münzen aus der Luft auffing. Das Röckchen war gelupft und gab den Blick auf ein unbehaartes, rosiges weibliches Geschlechtsteil frei. Solche Bildausschnitte und Perspektiven hatte ich schon mal gesehen, nur waren sie nicht in Öl gemalt.
    »Sterntalers Traum«, so der Titel des Werkes. Doch nicht das Mädchen auf dem Bild träumte, sondern der Maler hatte sich einen Traum erfüllt. Fotografiert heißt so was »Kinderporno« und fällt unter einen Strafrechts-Paragrafen, kam es mir in den Sinn, in Öl gemalt

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