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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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veranstaltete? Da kostete die Karte einen halben Tausender.
    Als Vereinszweck war die »Förderung kultureller Initiativen« angegeben, über die Aufnahme neuer Mitglieder musste im Vorstand Einstimmigkeit herrschen. Das klang nach Geheimnistuerei. Und Geheimnisse waren dazu da, gelüftet zu werden.

Ein »erlesenes Haus« und ein schlauer Fliegenpilz
    Lazarus Beutelmoser war so etwas wie Bierstadts Betroffenheitsschriftsteller. Ende Sechzig, ein freundlicher Mann, der für jeden, den er traf, ein salbungsvolles Wort auf Lager hatte. Ich war auf dem Weg zu ihm, denn er war einer der letzten, der Nello vor seinem Verschwinden gesehen hatte. Außerdem war er zweiter Vorsitzender der »Loge«.
    Beutelmoser gehörte zu den Literaten, die ihr Geld seit etlichen Jahren damit verdienen, dass sie keine Bücher mehr schreiben. Er las aus seinen alten Texten vor oder verfasste ab und zu kleinere Geschichten oder Gedichte, die allerdings nicht gedruckt wurden.
    Sein letztes größeres Werk hatte er vor 20 Jahren herausgebracht, seitdem befand er sich in einer Schaffenskrise. Um nicht zu verhungern, tingelte er mit seinen Texten durch Schulklassen, Kirchen, politische Talkshows.
    Seitdem Bürgerkriege, Hungersnöte, Wirtschaftskrisen und andere Katastrophen allabendlich über die Mattscheibe in die heimischen Wohnstuben eindrangen, war Lazarus Beutelmosers Marktwert angestiegen. Seine Texte handelten von Menschlichkeit, vom Miteinander, von der Solidarität mit Hungernden, Verfolgten und Gefolterten. Sogar die Bierstädter Frauengruppen zahlten manches Mal für seine Dienste, denn er taugte auch als Tröster für geschundene Frauenseelen.
    So hielt sich der Mann über Wasser. Seine Werbespots gegen das große Elend in dieser Welt hatten ihm zu Ansehen und Vermögen verholfen. Immerhin gab es für jede schriftstellerische Leistung ein Honorar, egal, ob der Text einmal oder zehnmal gelesen wurde. Seine Zeilen zum Frieden waren so klar und aussagekräftig, dass er nur die jeweiligen Kriegsgebiete austauschen musste. Bosnien raus, Somalia rein. Somalia raus, Libanon rein.
    Ich stand vor seinem Haus, dieser buchstäblich »erlesenen« Jugendstilvilla am Rande des Bierstädter Naherholungsgebietes. Über der Eingangstür hing der Gekreuzigte in Schmiedeeisen. Davor schob ein schläfriger Schäferhund Wache.
    »Hallo, Fifi«, sprach ich den Hund an, »ich bin die Tante von der Zeitung. Lass mich mal an den Klingelknopf ran!«
    Bei dem Wort »Zeitung« entspannten sich Fifis Gesichtszüge. Er schaute mich freundlich an und legte den Kopf wieder auf die Pfoten. Zeitung – das roch nach Honorar für Herrchen.
    »Denkste, Fifi!«, sagte ich schadenfroh und schellte. Die Tür wurde geöffnet, und Beutelmoser stand vor mir. Er hinkte nicht, denn beide Beine waren zu kurz. Dafür steckten sie in einer weißen Leinenhose, über der er ein Don-Kosaken-Hemd mit Folklore-Borten trug. Dieses Hemd war ein Geschenk von Boris Jelzin – so war Beutelmoser in unserem Konkurrenz-Blatt nach seiner letzten Moskau-Reise zitiert worden.
    Seine großen bernsteinfarbenen Augen hießen mich still willkommen. Ein Schleier des Schmerzes lag über ihnen, als er seufzend sagte: »Mein armer Freund Nello! Ich will Ihnen zur Seite stehen bei der Suche nach seinem armen, von Krankheiten gepeinigten Körper! Betreten Sie bitte mein bescheidenes Haus! Seien Sie mein Gast!«
    Alles, was er sagte, war mit einem dicken Ausrufungszeichen versehen. Er sprach nicht, sondern er schleuderte die Worte, die von feinen Speichelfontänen accompagniert wurden, hinaus in die Welt, die damit klarkommen musste.
    Ein Mann des feuchten Wortes, dachte ich und tupfte meine Wangen heimlich mit einem Tempo ab. Irgendwie musste ich da durch! Und das schnell und möglichst trocken!
    Wir erreichten das Wohnzimmer. Brokatvorhänge schluckten das Sonnenlicht, das sich leidlich bemühte einzudringen. Zeitungen und Bücher lagen verstreut auf den altdeutschen Couchsesseln, auf dem eichenen Sideboard tummelte sich eine erkleckliche Zahl von leeren Rotweinflaschen. Eine Alpenlandschaft im Abendlicht prangte in goldenem Rahmen und wies Beutelmoser als Anhänger der traditionellen Malerei aus. Ein kristallener Lüster adelte den Raum.
    »Darf ich Ihnen einen kleinen Imbiss reichen?!«, unterbrach er meine Milieu-Studien und präsentierte mir stolz ein paar Erdnussflips. Sie hatten ein ähnliches Alter wie die Sessel. Ich winkte ab.
    »Der Schmerz über meinen verschwundenen Kollegen lässt mich

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