Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
Vom Netzwerk:
auf seinen Stock.
    Der Mann ist erschöpft. Er hatte eine Woche lang Angst, war zusammengebrochen, hatte geweint, nicht richtig gegessen und sich nicht richtig waschen können. Seine Kleidung ist stark verschmutzt.
    Bevor er zur Polizei geht, will er sich erst einmal säubern, etwas essen, um seine Würde wiederzugewinnen. Er überlegt, zu wem er gehen könnte. Er hat etwas Geld dabei, genug für eine Fahrt mit dem Bus.
    So könnte es gewesen sein, dachte ich, öffnete wieder die Augen und blinzelte ins Licht. Die Sonne hatte sich inzwischen hervorgewagt.
    Nello hatte an dem Abend einen Freund besucht, von dem er Hilfe erhofft hatte. Aber – die Sache mit dem Bus, die konnte nicht stimmen. Die Polizei hatte alle Fahrer der Linien befragt, die am Stadtpark vorbeifuhren. Sie hatten in der Nacht niemanden befördert, der aussah wie Nello von Prätorius. Auch die Ermittlungen bei Taxifahrern hatten kein Ergebnis gebracht.
    »Nello hat ihn angerufen und ist von ihm abgeholt worden! Oder er ist zu Fuß gegangen!«, rief ich aus.
    Eine junge Mutter, die ihren Kinderwagen vorbeischob, bat um absolute Stille, weil ihr Kleines gerade eingenickt war. Ich zollte der Mutterschaft Respekt und verließ den Stadtpark. Am Ausgang machten die Saubermänner aus dem Sonderprogramm Mittagspause.
    Ich winkte ihnen freundlich zu und sagte: »Weiter so, Jungs! Und denkt immer daran, dass Arbeit nicht schändet!«
    Sie glotzten mich an. In ihrem Blick war nicht viel Freude. Dabei hatte ich es doch nur gut gemeint.

Ein Schönheitsbad und eine Spur
    Mir fiel plötzlich ein, dass ich bei meinem Besuch in Nellos Wohnung seinen Terminkalender mitgenommen hatte. Ich hatte ihn zwar überflogen, doch nichts Auffälliges bemerkt. Ich blätterte ihn zu Hause noch einmal sorgfältig durch.
    Abgabetermine für Rezensionen, Arzttermine und einige Telefonnummern. Beutelmoser, Pistor, Feudel und die Redaktion des »Kulturechos«. Die Telefonnummer der Ex-Frau und eines Verlages im Rheinland namens Strohwolt. Auf Anhieb keine Anhaltspunkte.
    Ich ließ mir ein Bad ein, nahm reichlich teures Badeparfum und stieg in die Wanne. Die Hitze des Wassers und die entspannte Körperlage ließen mich einschlummern.
    Als das Wasser immer kälter wurde, zog ich den Stöpsel raus. Ich trocknete das teure Gel von meinem Körper. Das Bad war erfüllt von pudrigem Duft. Der Spiegel war beschlagen, und ich malte mit den Fingern Runen auf das Glas. Ein Zeichen hatte die Form eines Kopfes. Eines Tierkopfes. Der Kopf einer Ente.
    Mein Gehirn wurde elektrisiert. Das war die Spur, die ich bisher übersehen hatte: Nellos Spazierstock! Wo war er geblieben?
    Ich rannte ins Wohnzimmer und stopfte die Videokassette, die ich mir hatte vorsichtshalber kopieren lassen, in den Rekorder. Im Halbdunkel des Raums stand Nello von Prätorius und rezitierte:
    Sprich, Evchen, hörst du, sprich jetzt, Jungfer Evchen!
    Gib Gotte, hörst du, Herzchen, gib, mein Seel,
    Ihm und der Welt, gib ihm was von der Wahrheit.
    Denk, dass du hier vor Gottes Richtstuhl bist …
    Der silberne Entenkopf warf einen milden Schein. Aristide von Prätorius hatte mir erzählt, dass sein Vater nach der Freilassung mit Umschlag und Stock am Stadtpark abgesetzt worden war. Bei seiner Leiche waren aber weder Umschlag noch Spazierstock gefunden worden. Der Mörder hatte die Papiere und den Stock noch in seinem Besitz!

Ungebetener Besuch und kein Treppenwitz
    Ich hatte mir den Zugang zu Nellos Wohnung schwieriger vorgestellt. Doch die Tür war nur angelehnt. Ich trat ein und wusste, dass jemand vor mir da gewesen war. Das Arbeitszimmer war durchgewühlt, Papiere und Zeitungen lagen auf dem Boden, Aktenordner waren auseinandergerissen worden. Sogar die Holzverkleidungen an den Wänden hatte jemand abgeschält. Für mich bestand kein Zweifel, dass der Mörder Nellos Wohnung durchsucht hatte. Doch – was war sein Ziel gewesen? Und – hatte er gefunden, was er gesucht hatte?
    Ich war mal wieder zu spät gekommen. Wenn es hier etwas zu entdecken gegeben hatte, war es einem anderen in die Hände gefallen. Ich war vom Pech verfolgt.
    Ich hatte wenigstens ein weiteres Kapitel in meiner unendlichen Geschichte. Ich griff zum Fotoapparat und knipste die Zimmer. Dann interviewte ich kurz den Hausbesitzer, der aber nichts gesehen hatte. Die Polizei versprach mir, so bald wie möglich zu erscheinen. Das Interesse der Beamten hielt sich in Grenzen.
    Frustriert stolperte ich die Treppe hinunter. Sie war verschmutzt und staubig. Mit der

Weitere Kostenlose Bücher