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Grappa 03 - Grappa macht Theater

Grappa 03 - Grappa macht Theater

Titel: Grappa 03 - Grappa macht Theater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden.
    Dann legte er los. Beschuldigte Feudel als notorischen Steuerhinterzieher, als unseriösen Geschäftsmann und Betrüger. Während er sprach, verteilte sein Büroleiter Kopien des belastenden Materials in den Reihen, inklusive des Gutachtens unseres Steuerberaters.
    »Überzeugen Sie sich selbst! Ich habe die Staatsanwaltschaft vor drei Stunden eingeschaltet, die Ermittlungen gegen Herrn Feudel laufen bereits. Das Gericht hat einer Hausdurchsuchung in den Geschäftsräumen und in den Privathäusern des Herrn Feudel zugestimmt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«
    Höfnagel lehnte sich zurück. Da zerfetzte ein Knall die Stille. Der Kulturdezernent sackte in seinem Stuhl zusammen. Schreie von der Zuschauertribüne.
    »Ruhe da oben«, brüllte Oberbürgermeister Gregor Gottwald, »oder ich lasse den Saal räumen!«
    »Putzi« hatte sich übers Geländer gebeugt, die Waffe in der rechten Hand. Ich gab unserem Fotografen ein Zeichen, doch der hielt bereits drauf. Der Motor der Fotokamera summte.
    Ich sprintete zu Höfnagel. Es hatte ihn böse erwischt, aber er atmete noch. Der Schuss hatte ihn in die Schulter getroffen.
    »Einen Krankenwagen!«, brüllte ich. Irgendjemand schrie, dass der Notarzt bereits unterwegs sei.
    Da öffnete Höfnagel die Augen. »Hat doch alles prima geklappt, Grappa, oder?«, lächelte er unter Schmerzen.
    »Oh, Mann! Darüber kann man nun wirklich geteilter Meinung sein!«, gab ich zurück.

Wildwest, Wein und neue Wahrheiten
    Oberbürgermeister Gregor Gottwald brach die Ratssitzung ab, die Wahl eines Intendanten für die Bühnen wurde vertagt. Der Skandal brachte Bierstadt in die überregionalen Schlagzeilen – das Presseamt der Stadt hätte sich eigentlich darüber freuen müssen. Doch die Überschrift »Wildwest in Bierstadt – Schusswechsel im Ratssaal« war nicht dazu angetan, das Eigenbild der Stadtwerbung von einer »weltoffenen liebenswerten High-Tech-Metropole« in alle Welt zu transportieren.
    »Dieses Ereignis wirft uns um Jahre zurück!«, seufzte der Leiter des PR-Amtes in einem Artikel der Konkurrenz-Zeitung. Er kündigte an, mehr Personal fordern zu wollen, um den »Schaden für Bierstadt zu begrenzen«.
    Höfnagel war zum Glück nicht lebensgefährlich verletzt. Er war der Held des Tages. Die Schnelligkeit, mit der die High Society von Bierstadt ihr Ex-Mitglied Feudel fallen ließ, war mit bloßem Auge nicht mehr wahrzunehmen. Steuerhinterziehung, na gut. Aber dass sein Leibwächter im ehrwürdigen Ratssaal auf einen Dezernenten ballerte, das war zu viel.
    Das »Bierstädter Tageblatt« hatte journalistisch die Nase vorn. Die Fotos waren gelungen. Der blutende Höfnagel und der Attentäter zweispaltig hoch, die entsetzten Ratsmitglieder um Gregor Gottwald dreispaltig und Feudels verwirrtes Teiggesicht einspaltig – dazwischen der ultimative, spannende Tatsachenbericht über eine der denkwürdigsten Ratssitzungen, die es in Bierstadt je gegeben hatte. Die Auflage zog an, der Fotograf verkaufte seine Bilder an alle Welt. Jansen war zufrieden.
    Leider standen auf meinem Einkaufszettel noch zwei ungeklärte Morde. Über die sprach niemand mehr, doch mir gingen sie nicht aus dem Kopf.
    Ich gönnte mir eine Woche Urlaub, düste mit dem Auto nach Florenz, besuchte die einschlägigen Weingüter in der Umgebung und kaufte ein. Der Spätherbst in der Toskana war mal wieder ein Erlebnis. In den Uffizien sah ich mir mein Lieblingsbild an, »La Primavera« von Sandro Botticelli, ging ein paarmal fürstlich essen und fuhr zurück. Der Wagen bog sich unter der Last der Weinflaschen. Ich lobte die Einführung des Europäischen Binnenmarktes, als ich an der Grenze durchbrauste, ohne den Zoll zu bemühen.
    Bierstadt empfing mich mit Dauerregen, ich fühlte mich sofort zu Hause. Abends rief ich Jansen an.
    »Gibt es was Neues?«, fragte ich und hoffte insgeheim, dass die Mörder von Nello und Beate Elsermann während meines Kurztrips gefasst worden wären.
    »Schön, dass wir dich wiederhaben. Nein, viel ist nicht passiert. Nur dass die Bullen versuchen, Feudel den Mord an Nello anzuhängen. Die Polizei hat bei der Hausdurchsuchung Feudels Terminkalender gefunden. Am Tag der Entführung war er mit Nello verabredet.«
    »Das ist neu! Aber die Studenten waren schneller, sie haben ihn vorher abgefangen! Hat er gesagt, warum er sich mit Nello treffen wollte?«
    »Ja. Und jetzt halt dich fest. Nello wollte ihm das Erpressungsmaterial übergeben.

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