Grappa 03 - Grappa macht Theater
für alle Fälle die Zuzahlungsrichtlinien für dritte Zähne nach dem neuen Kostendämpfungsgesetz im Gesundheitswesen.
»Was passiert als Nächstes?«, fragte Jansen nach der Redaktionskonferenz. »Kaufst du dir eine Knarre und gehst auf Feudel los?«
»Sprich mich nicht an!«, knurrte ich. »Du störst eine wunderschöne Depression!«
»Stell dich nicht so an, Grappa-Mäuschen! Eine kleine körperliche Attacke wird dich doch nicht umhauen. Frauen sind doch härter im Nehmen als wir Männer. Also sag! Wie fürchterlich wird deine Rache sein?«
Irgendwie fand er das alles lustig.
»Du hältst mich ja für ein Monster! Dabei lehne ich brutale Gewalt aus prinzipiellen Gründen ab. Man muss die Leute da treffen, wo es ihnen psychisch besonders wehtut. Feudel ist über seine Eitelkeit zu packen. Wie die meisten Männer!«
»Nur die Männer?« Jansen grinste. »Ich möchte dich mal sehen, wenn keine Zeitung deine Storys mehr haben will und niemand in Bierstadt deinen Namen kennt. Na, wie gefällt dir diese Vorstellung?«
Ich blieb cool. »Bestens. Dann hätte ich eine Menge Ärger weniger. Doch leider muss ich weitermachen wie bisher. Zum Heiraten ist es zu spät, zum Kinderkriegen auch. Die zehn Heiratsanträge von attraktiven Millionären habe ich letzte Woche endgültig abschlägig beschieden. Also bleibe ich dir erhalten. Nicht aus Eitelkeit, sondern weil ich mein täglich Brot verdienen muss bis an mein Lebensende!«
»Arme, alte Grappa!« Es klang so gelogen, wie es war. »Bevor wir dich im Altenheim anmelden … sag mir lieber, wie es mit der Recherche weitergeht? In der nächsten Woche will der Rat der Stadt über die Besetzung des Intendanten-Postens entscheiden. Und unser Feudel ist der Kandidat der Mehrheitsfraktion! Seine Wahl ist damit gesichert!«
»Dann muss ich mich sputen. Ich weiß, wo ich weitermachen muss. Nello und Beate Elsermann haben irgendetwas gegen Feudel in der Hand gehabt. Die Frage ist nur, was das war.«
»Sehr intelligent! Nur sind die beiden, von denen du sprichst, ziemlich tot.«
»Richtig! Aber beide haben Menschen gekannt, mit denen sie täglich umgegangen sind. Austerlitz zum Beispiel. Der Junge hat bestätigt, dass es um Geldsummen ging. Und wer aus dem Kreis der ›Loge‹ hat Geld? Feudel natürlich. Als Objekt für Erpressung eignen sich reiche Leute besser als arme Schlucker. Ich muss noch mal dringend mit Austerlitz sprechen. Da muss es noch mehr geben, er hat bestimmt nicht alles gesagt.«
»Und rede auch mit Pistor!«, sagte Jansen. »Ich habe ganz vergessen, dass er angerufen hat und dich sprechen wollte.«
»Wann war das?«
»Gestern Abend. Du warst gerade weg.«
»Das war zu der Zeit, als ich mit ›Putzi‹ Fangen gespielt habe. Ich werde mich sofort darum kümmern.«
Eine Mappe mit schwarzen und roten Zahlen
Paul Pistor lieferte mir kurze Zeit später die Munition zum Abschuss von Ralf-Maria Feudel. Der dicke, gemütliche Kammerschauspieler der Städtischen Bühnen konnte sich einen Intendanten namens Feudel nicht vorstellen und wollte ihn verhindern – so teilte er mir mit.
Er hatte sich an den einzigen Menschen gewandt, der ihm helfen würde: An Maria Grappa, die berühmte Polizeireporterin, deren Artikel er seit Jahren schätzte.
Er trug einfach zu dick auf. Seine Schmeicheleien verletzten mein Schamgefühl und machten mich vorsichtig. Immerhin war er mit Feudel seit Jahren befreundet. Aber das bedeutete in diesen Kreisen nach meinen bisherigen Erfahrungen nicht besonders viel.
»Lassen wir den gemütlichen Teil, und kommen wir zur Sache!«, meinte ich frostig, nachdem er die Elogen hinter sich hatte.
Pistor saß mir gegenüber und streckte mir seinen Kugelbauch entgegen. Die roten Hosenträger mit den eingestickten Edelweiß-Blumen waren eine Lachnummer.
Das Treffen fand in der Redaktion des »Bierstädter Tageblattes« statt. Ich hatte Kaffee gekocht und ein paar Brötchen besorgt; süße Limonade und Sülze wären angebrachter gewesen.
Doch dann kam er tatsächlich zum Wesentlichen. Pistor griff in eine Plastiktüte und legte eine Mappe auf den Tisch. Sein jovialer Ton wurde durch eine rein geschäftliche Miene ersetzt.
Ich klappte die Mappe auf. Sie enthielt Kopien von Buchhaltungsauszügen, Bankbelegen und Steuerbescheide. Alles stammte aus dem Unternehmen »Fidelio«.
»Ja und?«, fragte ich. Zahlen waren noch nie mein Hobby.
»Lassen Sie die Papiere von einem Fachmann prüfen«, lächelte Pistor, »der wird schnell feststellen, dass
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