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Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Grappa 05 - Grappa faengt Feuer

Titel: Grappa 05 - Grappa faengt Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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die sich wie eine Landzunge ins Wasser schob.
    »Erzähle mir die Geschichte von den Stymphalischen Vögeln«, bat ich.
    »Die Fischer, die um den See herum wohnten, hatten Angst vor ihnen. ›Den einen nach dem anderen siehst du, wie auf leichten Flügeln die Vögel, schneller noch als das verzehrende Feuer zu fliegen nach der Küste des abendlichen Gottes‹«, deklamierte er. »So hat Ovid gedichtet. Die westliche Küste – das war das Totenreich. Die Stymphalischen Vögel waren ein Symbol des Todes. Sie lebten im Sumpf des Sees, brachten tödliche Krankheiten und fraßen Menschen. Man sagt, dass der Kriegsgott Ares sie geschaffen habe. Ihre Federn waren so scharf, dass sie tödliche Wunden schlugen, wenn eine von ihnen vom Himmel fiel und einen Menschen traf.«
    Das Wasser dümpelte in leichten Wellen vor unseren Augen. Irgendwo zwitscherten winzige Piepmätze, die mit den eben genannten Vögeln wohl kaum etwas gemeinsam hatten. Sie waren flink, zart und unschuldig.
    Kondis setzte sich ans Ufer. Ich ließ mich ebenfalls auf die Erde hinunter.
    »Herakles hatte die Aufgabe, die Vögel für immer vom See zu vertreiben«, erzählte er und ließ den Blick über das Wasser schweifen. Er zog mich zu sich hin, und ich kuschelte mich in seinen Arm. Trotz dieser zärtlichen Geste verließ mich das bittersüße Gefühl nicht, das ich empfand, wenn ich ihm nah war. Ich habe in diese Beziehung das Ende bereits einkalkuliert, dachte ich.
    »Herakles bestieg eine Erhebung am Rand des Ufers und scheuchte die Vögel auf. Er machte dabei einen Riesenlärm, in dem er Holzklappern benutzte. Andere Dichter behaupten, er habe mit einer Schleuder auf die Vögel gezielt, noch andere geben einem Bogen den Vorzug. Einige Vögel konnten fliehen, später hatte Jason mit ihnen das Vergnügen, als er das Goldene Vlies suchte. Herakles brachte die Kadaver der Vögel nach Mykene, wo er sie als Beweis seiner Tat vorlegte. Damit galt die sechste Arbeit als erledigt. Sie wurde von den Göttern anerkannt.«
    »Eine wunderbare Geschichte!«, sagte ich schwärmerisch. Ich öffnete sein Hemd, küsste seine Brust und umspielte mit meiner Zunge seine Brustwarzen. Seine Haut war salzig und feucht.
    Er öffnete das Oberteil meines Kleides und vergrub das heiße Gesicht zwischen meinen Brüsten.
    Ich streichelte sein schwarzes Haar, legte den Kopf zurück und schloss die Augen. Meine Finger strichen über die Falten seiner Stirn und versuchten sie zu lösen. Er öffnete die Augen zur Hälfte und gab einen unwirschen Laut von sich.
    Ich musste lachen. »Ist ja gut, Baby«, murmelte ich, »sei ganz entspannt.«
    Ich legte den Kopf ins Gras und blickte in den wolkenlosen Himmel. Ab und zu fegte ein Vogel durch meine Sicht, das Wasser plätscherte, Zikaden zirpten sich die Seele aus dem Leib. Ein leiser Wind bewegte die Schilfrohre, die das Ufer umwucherten.
    Er löste seine Lippen von meiner Haut und fragte: »Bist du in mich verliebt?«, fragte er.
    »Ist das wichtig?«, gab ich zurück.
    »Natürlich ist das wichtig. Ich will endlich wissen, wie du zu mir stehst.«
    »Ich bin ziemlich verrückt nach dir«, gestand ich, »nenne es meinetwegen Verliebtsein. Und du?«
    »Du bist anstrengend, eigensinnig, unsensibel, ungehorsam und verklemmt. Ich weiß überhaupt nicht, was ich an dir finde«, lachte er.
    »Vielleicht kriegst du es ja noch heraus!«, rief ich und kniff ihn in den Po. »Komm jetzt, du griechischer Lüstling. Die Sonne und die Liebe haben mich hungrig gemacht. Was ist mit dem versprochenen Mittagessen?«
    Er schaute auf die Uhr. »Unser Mahl ist noch nicht fertig. Wolltest du nicht ein Interview mit mir machen? Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Ich gehe zum Auto zurück und holen deinen Rekorder.«
    Sein Gang war beschwingt, als er durch das Gras lief. Der dünne Stoff seines Hemdes flatterte hinter ihm her wie eine Fahne. Bevor er hinter einer Buschgruppe verschwand, drehte er sich um, lachte mir zu und winkte. Mein Herz bekam Schluckauf.
    Kassette 1. Bildungsreise. Interview mit Dr. Jason Kondis, 46 Jahre, Reiseleiter.
    Herr Kondis, Sie verkaufen, organisieren und begleiten Bildungsreisen. Was ist das Besondere an einer solchen Reise, die ja ziemlich kostspielig ist?
    Das Besondere ist, dass sie sich nicht auf dem üblichen Pauschalreiseniveau Sonne, Strand, Essen und Trinken bewegt. Diese Reise ist eigentlich eine Bildungsveranstaltung. Den Teilnehmern wird ein umfassendes Bild der Geschichte eines Landes geboten, dessen Kultur die

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