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Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf

Titel: Grappa 08 - Grappa und die fantastischen Fuenf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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aktiv an den Morden und der Erpressung beteiligt war. Ganz im Gegensatz zu dir.«
    »Welche Morde?« Tabibi junior hatte diese Frage gestellt.
    »An Kossmann und Oberstaatsanwalt Klima. Und vielleicht an Ihrem Vater.«
    »Grappa, du bist wahnsinnig geworden«, behauptete Solo. »Was erzählst du nur für einen Mist? Du kommst mit deiner Story nicht weiter und versuchst, mir diese Verbrechen in die Schuhe zu schieben.«
    »Ich habe die Schachtel Antabus in deiner Wohnung gefunden.«
    »Und? Vielleicht hat Klima das Zeug auch genommen.«
    »Wie kommst du auf Klima?«
    »Ich habe mir den Obduktionsbefund besorgt«, bekundete er.
    »Wollen Sie bleiben oder gehen?«, mischte sich der Vorsitzende des türkischen Kulturvereins wieder ein.
    »Ich bleibe«, sagte ich bestimmt. Und zu Solo gewandt: »Nach dem Gebet reden wir zwei. Und zwar Tacheles!«
    Solos Blick verschleierte sich. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
    Kücük und ich stiegen hinter Tabibi und Solo eine Treppe hinauf, an deren Stirnseite ein riesiges Regal mit nummerierten Fächern stand. Mein Führer bat mich, meine Schuhe auszuziehen. Ich stellte sie ins Fach mit der Nummer 311. Tabibi und Solo hatten ihre Treter in die Fächer mit den Nummern 303 und 306 gestellt. Beide bogen kurz vor mir nach rechts ab, um in den großen Gebetsraum zu gelangen. Kücük und ich gingen nach links zu einer zweiten Treppe, die in den Gebetsraum für Frauen führen sollte. Doch auch hier oben sah ich nur Männer.
    »Wo sind die Frauen?«, fragte ich.
    »Wenn die Männer unten keinen Platz mehr haben, gehen sie hier oben hin«, erklärte Kücük. »Die Frauen begeben sich dann in einen dritten Raum, in den das Gebet per Lautsprecher übertragen wird.«
    »Ich bleibe aber jetzt hier«, kündigte ich an.
    »Ist in Ordnung«, sagte er. »Bleiben Sie aber hinter dem Vorhang und zeigen Sie sich nicht. Sie dürfen auch nicht in den Gebetsraum schauen.«
    »Ist ja gut.« Langsam gingen mir seine Verhaltensmaßregeln auf die Nerven.
    Der Raum war mit Teppichboden ausgelegt. Die Wände zierten arabische Motive. Die Männer saßen auf ihren Knien, viele von ihnen hatten die Augen geschlossen. Drei kleine Mädchen knusperten in einer Ecke Kekse und beäugten mich neugierig. Ich winkte ihnen zu und setzte mich im Schneidersitz auf den Fußboden.
    Ein alter Mann, auf dem Kopf eine gehäkelte weiße Kappe, begann zu schimpfen. Es schien mir zu gelten. Ich stellte mich stur und beachtete ihn nicht. Die Mädchen kicherten, ich kniff ihnen ein Auge zu. Nach ein paar Augenblicken hatte sich der Mann wieder beruhigt.
    Im Gebetsraum unter uns begann der Vorbeter mit seinem monotonen Gesang. Ich rutschte ein bisschen zum Geländer der Empore hin, hier war der Vorhang ein wenig geöffnet. Mindestens fünfhundert Gläubige knieten dort unten, viele hatten weiße Mützchen auf dem Kopf, die Handflächen nach oben gestreckt, sie waren voller Andacht und Selbstversunkenheit.
    Jetzt begann der Iman mit seiner Predigt. Ich verstand kein Wort, doch jede Sequenz endete mit dem gemeinsamen Spruch der Gemeinde Allah aqu ba. Es klang genauso gottergeben und endgültig wie das ›Amen‹ in christlichen Kirchen.
    Der Gesang ging mir gewaltig auf die Ohren. Ich schloss die Augen, um ein paar Sekunden später aufzuschrecken. Vor mir saß eines der kleinen Mädchen – in der Hand einen trockenen Keks, den es mir reichte.
    Die Kleine war höchstens sechs, hatte schwarze Kohleaugen, einen roten Pullover, eine Lücke neben dem oberen Schneidezahn und eine riesige goldene Spange, die das lockige Haar zusammenhielt. Gerührt nahm ich den Keks und streichelte die Wange des Kindes. »Danke.«
    Zufrieden rutschte die Kleine wieder zu ihrem Vater hin und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er sah zu mir und lächelte mich an. Dann drückte er seine kleine Tochter an sich und gab ihr einen Kuss.
    Zwanzig Minuten später war das Gebet zu Ende. Ich rappelte mich hoch, hatte Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten, denn mein rechtes Bein war eingeschlafen.
    Ich hastete hinunter zu dem Schuhregal, Solos Treter standen noch immer in Zelle 306. Ich fischte meine Pumps aus meinem Fach und stieg hinein.
    Nach und nach leerte sich das Regal. Solos braune Halbschuhe waren noch immer da. Da kam Mamoud Tabibi. Solo war nicht bei ihm.
    »Wo ist Mustafa?«, fragte ich.
    »Er wird wohl noch kommen«, antwortete der Teppichhändler. »Seine Schuhe stehen schließlich noch da.«
    »Dann werde ich warten.«
    Tabibi drehte ab.

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