Grappa 14 - Grappa im Netz
diese Leckerei geknüpft hatte: Das Ei blieb auf dem Teller und wurde nicht mehr durch die gesamte Wohnung geschleift.
Ich hatte das Geschirr abgeräumt, als das Telefon klingelte. Tom Piny fragte, ob er mal eben reinkommen dürfe.
»Wo bist du denn?«, fragte ich.
»Ich steh vor deinem Haus«, erklärte er. »Kam zufällig hier lang. Also, was ist?«
»Ich bin noch im Nachthemd und ungeschminkt.«
»Ich nehm die Brille ab, dann werde ich's überleben.«
»Meinetwegen!«
Keine zwei Minuten später stand er vor der Tür. Ich hatte mich inzwischen in Hose und Pullover geworfen. Zum Schminken hatte es natürlich nicht mehr gereicht.
»Sie sind bestimmt die Frau Mutter«, sagte TOP, als er mich sah. »Darf ich reinkommen? Ich will zu Ihrer Tochter!«
»Du bist ein verdammter Teufelsbraten!«, grinste ich. »Komm rein!«
»Nicht dass dein Mistvieh mich anspringt«, meinte Tom Piny und guckte, ob er den Kater irgendwo ausmachen konnte.
»Erst die große Fresse und dann Angst vor einem kleinen Katerchen«, höhnte ich und zog ihn rein. »Kaffee?«
»Warum bietest du mir eigentlich nie Grappa an?«, wunderte sich TOP.
»Und warum bringst du mir keine frisch geschlagene Pinie mit?«
»Weil man Pinien nur bei Vollmond schlagen darf – es sei denn, man hat gewichtige sexuelle Gründe.«
»Und Grappa darf man nur nach Sonnenuntergang trinken ... Außerdem hab ich keine passenden Gläser«, erinnerte ich ihn.
»Dann nehmen wir die Eierbecher – wie beim letzten Mal«, lachte Piny. »Hatte was, Grappa-Baby! In echt!«
Tom ließ sich aufs Sofa fallen, dessen Innereien ächzten. Eberhard lag auf dem Sessel gegenüber und hob missbilligend den Kopf, blieb aber sonst ruhig.
»Also? Kaffee oder was?«, wiederholte ich mein Angebot.
»Lass mal. Kaffee regt mich noch mehr auf.«
»Okay.« Ich setzte mich in den zweiten Sessel. »Was ist passiert?«
»Ich habe eine unglaubliche Neuigkeit«, verkündete Piny mit glänzenden Augen.
»Erzähl schon!«
»Du weißt doch, dass der Oberbürgermeister über einen so genannten Feuerwehrfonds verfügt. Aus dem bezahlt er nach eigenem Gusto Dinge, von denen nicht unbedingt jeder etwas wissen muss. Für die nicht fünftausend Anträge und Formblätter ausgefüllt werden sollen.«
»Klar weiß ich das. So eine Art Taschengeld. Wenn er mal Lust auf einen Schokoriegel oder die kleine Mahlzeit zwischendurch hat. Und wenn er spontan sein will.«
»Spontan war Nagel noch nie und für Süßigkeiten gibt der bestimmt kein Geld aus«, meinte Piny.
»Und für was gibt er das Geld aus?«
»Genau das ist die Frage. Und ich kenne die Antwort.«
»Nun sag schon!«
»Kennst du den Erotic-Body -Laden?«
»Klar, der Nobelladen für Dessous neben dem Rathaus. Wolltest du den nicht kaufen, wenn du pensioniert bist?«, nickte ich.
»Könnte sein. Aber wir reden ausnahmsweise nicht von mir. Sondern von Nagel.«
»Sag bloß, der trägt neuerdings Damenunterwäsche?«
»Nicht auszuschließen – so wie seine Partei ihn immer zur Minna macht! Nein, Nagel soll mit dem Geld aus dem Feuerwehrfonds Dessous gekauft haben. Und zwar in einer Größe, die seiner Frau bestimmt nicht passt.«
»Quatsch!«
»Nur feine Spitzenware. Höschen, Tangas und Strings in Größe 42–44 und Vollschalen-BHs 85 Doppel-D! Dazu einige Korsetts und Catsuits.«
»Was sind denn Catsuits?«
»Das weißt du nicht?« TOP schaute mich voller Entsetzen an.
»Nein. Aber ich kann ja mal den Kater fragen! Eberhard, weißt du, was Catsuits sind?«
Der Löwe hob nicht mal den Kopf ob dieser Frage, sondern zuckte nur mit der Spitze des rechten Ohres – sein Signal für: Lasst mich mit eurem Mist bloß in Ruhe!
»Also, sag schon!«, quengelte ich.
»Das sind so Ganzkörperbodys aus Stretch und transparentem Material. Durchsichtig an den wichtigen Stellen.«
»Wow!«
»Und jetzt fragt sich natürlich ein investigativer Journalist wie ich: Für wen waren diese Sachen bestimmt?«
»Bist du schon zu einem Ergebnis gekommen?«
Piny schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, für wen sie nicht bestimmt sein können. Seine Sekretärin und seine Referentin sind zu schlank – genau wie seine Frau. Und für dich konnten die Sachen auch nicht gedacht sein, Grappa. Die Tangas würden dir ja noch passen, aber Doppel-D? Da geht 'ne ganze Menge rein. So viel hast du nicht zu bieten.«
»Soll ich darüber jetzt froh oder traurig sein?«, wollte ich wissen.
»Bleib, wie du bist«, meinte er generös.
»Ich danke dir!«, sagte ich
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