Grappa 14 - Grappa im Netz
ein Theater machen?« Kaligula war noch blasser geworden, seine Nervenstränge schienen etwas angenagt zu sein.
»Ich lasse Sie beide dann mal allein«, kündigte Brinkhoff an und grinste immer noch breit. »Denn ich habe keine Lust in Ihr Scharmützel zu geraten. Trinken Sie noch etwas Kaffee, er wird Sie beruhigen, Frau Grappa.«
»Sehr witzig!«, zischte ich.
Trotzdem erklärte ich Kaligula meine Theorie und der Profiler rang sich ein müdes Lächeln ab. »In einem hast du Recht. Guido Hecke ist der Stramme Hengst. Ich habe den Zettel, der angeblich mit Tesafilm an die Studiotür geklebt wurde, untersuchen lassen. Es gibt weder Spuren von Kleber auf dem Papier noch auf der Tür. Also hat der Junge gelogen. Ich habe eine Überwachung angeordnet. Guido ist ein Computerfreak. Seine Mutter kauft ihm immer das Neueste, was gerade auf dem Markt ist. Aber Guido geht manchmal nach der Schule nicht nach Hause, sondern in ein Internetcafé. Warum? Wenn er doch alles, was er braucht, zu Hause hat.«
»Ich habe es geahnt«, rief ich. »Dieser pubertierende Bengel! Führt mich wochenlang an der Nase rum und spielt den Sexgott!«
»Einer meiner Mitarbeiter beobachtete Guido im Café und setzte sich anschließend an den PC, an dem der Junge gehockt hatte. Und siehe da! Über eine bestimmte Funktion, die die Seiten anzeigt, auf die der Benutzer zuletzt Zugriff hatte, konnten wir seine Aktivitäten zurückverfolgen.«
»Und wo hat der Kleine überall rumgesurft?«
»In dem Single-Service, und auf einer Seite, die ich bisher noch nicht kannte. Sie trägt den Namen www.Hexenhammer.de. Aber er hat sich die Seite nur angesehen, weder eine E-Mail geschrieben noch sich im Gästebuch eingetragen.«
»Und? Was fängst du mit diesen Infos an? Es ist nicht verboten, Internetcafés aufzusuchen und sich im Single-Chat als Erwachsener auszugeben.«
»Nein. Aber wir haben gestern eine Hausdurchsuchung in Heckes Wohnung durchgeführt. Und in Guidos Zimmer einige Disketten gefunden – mit gespeicherten Chats. Da waren auch die Mails drauf, die er dir geschrieben hat. Mit den Tipps zu den Morden. Und den Informationen über die Mantis religiosa. «
Nun war ich platt. Deshalb hatte die Hecke so fluchtartig den Sender verlassen! Nicht weil ich sie aufgeschreckt hatte, sondern weil die Polizei bei ihr alles umkrempelte.
»Hast du Guido schon verhört? Was sagt er?«, wollte ich wissen.
»Nein. Ich kann ihn nicht fragen. Er ist weg.«
»Was heißt das?«
»Er ist verschwunden!«
»Verschwunden? Und wie erklärt sich seine Mutter das?«
»Sie macht auf verzweifelt. Hat ihn als vermisst gemeldet.«
»Du glaubst ihr nicht?«
»Ich glaube ihr kein Wort!« Kaligulas Stimme war hart. »Sie hat ihren Sohn ganz schnell irgendwo hingeschafft. Um Zeit zu gewinnen.«
»Zeit? Wofür?«
»Um Spuren zu beseitigen! Ich habe mir diese Hexenhammer-Seite angeguckt. Sie ist ziemlich männerfeindlich und bietet Frauen Beratung bei Partnerschaftsproblemen an. Angeblich nur eine Beratung. Aber ich habe die Vermutung, dass es dabei nicht bleibt. Die Oberhexe ist eine Frau, die loszieht und auf Bestellung untreue Männer umbringt.«
»Eine echte Marktlücke!« Ich war begeistert. »Warum bin ich eigentlich nicht auf die Idee gekommen?«
»Es wundert mich nicht wirklich, dass du an so was Spaß hättest«, muffelte mein Exlover.
»Und jetzt verrat mir, du schlauer Profiler, wer die Frau ist!«
»Deine Chefin.«
»Das habe ich auch mal gedacht«, räumte ich ein. »Hast du ihre Alibis überprüft?«
»Meine Leute sind gerade dabei.«
»Glaubst du, Urban ist blind gewesen?«, zweifelte ich. »Da stöckelt seine Chefin in die Latino-Bar, um ihn zu ermorden, und er erkennt sie nicht?«
»Sie hat sich eben verkleidet«, beharrte Kaligula auf seiner Theorie. »Und als er mit ihr auf dem Zimmer war, hat sie ihn mit einer Waffe bedroht.«
»Und welches Motiv hat die Hecke?«
»Keine Ahnung«, gab Kaligula zu.
»Siehst du!«
»Ich habe niemals gesagt, dass ich mich nicht auch irren kann«, meinte Kaligula reserviert. »Aber zurzeit ist sie unser einziger Anhaltspunkt.«
»Da kann ich dir einen tollen Tipp geben«, kündigte ich an. »Knöpf dir doch mal Gudrun Ottawa vor.«
»Die Moderatorin? Warum ausgerechnet die?«
»Sie hat eine interessante Tätowierung. Eine Mantis religiosa. Direkt hier!« Ich deutete auf die bewusste Stelle genau über meiner rechten Hüfte.
Liebe, kein Sex
Wir waren dienstlich geblieben, und das war gut so. Zu Ende
Weitere Kostenlose Bücher