Grappa 14 - Grappa im Netz
wie früher fand ich sie jetzt einfach nur prollig. Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich.
»Das werde ich auch. Wahrheit ist immer das Beste. Ich war vorgestern übrigens kurz davor, dich anzurufen. Hatte spontan Lust, dich zu treffen. Diese einsamen Wochenenden gehen mir auf die Nerven. Wir wollten doch sowieso mal einen Wein zusammen trinken.«
»Hättest du mal tun sollen! Ich habe auch nur zu Hause herumgehangen, und das war verdammt öde.«
»Das nächste Mal mache ich es«, versprach ich und das Bild erschien wieder vor mir: Barbara und Kaligula händchenhaltend beim Italiener. Mein Lächeln konnte nicht besonders echt wirken, denn die Eifersucht kehrte zurück und machte mich für ein paar Sekunden willenlos.
Zum Glück klingelte mein Handy. Auf dem Display erkannte ich Kaligulas Nummer. Auch der noch! Ich ging dran und sagte: »Moment!«, und zu Barbara gewandt: »Sorry, es ist hochgradig privat.«
Sie grinste, hob kurz die Hand und trollte sich.
»Guten Morgen!«, begrüßte mich mein Exlover. »Bist du im Sender?«
»Ja, klar«, antwortete ich. »Ich muss mich ja gelegentlich um meinen Job kümmern. Gibt's was Neues von deiner Mörderjagd?«
»Es gibt etwas. Aber das möchte ich dir nicht am Telefon sagen. Können wir uns heute Abend sehen?«, fragte Kaligula.
»Ich habe leider keine Zeit«, log ich.
»Schade. Interessiert dich der Fall nicht mehr?«
»Doch, natürlich. Können wir das denn nicht am Telefon erledigen?«
»Ist irgendwas? Deine Stimme klingt so ... anders.«
»Mach doch kein Drama draus! Am Samstag hattest du keine Zeit, heute Abend kann ich nicht. Ich melde mich bei dir, wenn ich wieder Luft habe, einverstanden?«
Supercool
»Ich will diese Sendung nicht mehr machen«, teilte ich der Hecke wenig später mit. »In zwei Monaten ist meine Zeit hier sowieso abgelaufen und ich gehe zurück zur Zeitung. Fernsehen ist nicht meine Welt.«
Dr. Ada Hecke hatte den Chefsessel hinter ihrem Schreibtisch verlassen und sich zur Sitzgruppe für die Besucher begeben. Jetzt saß sie rechts von mir, die Beine damenhaft und unbequem übereinander geschlagen.
»Und was wollen Sie die restlichen zwei Monate bei uns tun?«, fragte sie.
»Filme machen, als Reporterin arbeiten. Ich treibe mich lieber draußen rum, statt acht Stunden täglich im Büro zu hocken. Außerdem habe ich noch drei Wochen Urlaub.«
»Gut!« Sie streckte überraschend schnell die Waffen. »Ich werde einen anderen Kollegen bitten, Herzflimmern zu übernehmen. Tut mir persönlich zwar Leid, aber Zwang hemmt jede Kreativität.«
»Danke.« Ich atmete auf. »Wie geht es eigentlich Ihrem Sohn?«
»Was meinen Sie?«
»Er hat doch das ganze Chaos an dem Abend mitbekommen. War er nicht geschockt?«
»Aber nein.« Ada Hecke lachte. »Die Kinder von heute sind nicht so leicht zu beeindrucken. Guido schon gar nicht. Er ist – so sagt er – der Coolste in seiner Klasse.«
»Netter Junge. Und sehr aufmerksam. Er hat der Polizei ja ziemlich weitergeholfen.«
»Weitergeholfen? Der Polizei?«
»Er hat doch den Zettel gefunden, der an die Tür geklebt worden war!«
»Welchen Zettel?« Ihr Blick wurde plötzlich hart.
»Den Zettel mit dem Zeichen, das die Mörderin verwendet – eine Gottesanbeterin. Ich dachte, das hätten Sie mitbekommen!«
»Nein. Davon hat er mir nichts erzählt!« Hecke versuchte sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen.
»Da sehen Sie mal, wie supercool Ihr Junge ist«, lächelte ich. »Er gibt der Polizei einen wichtigen Hinweis und schweigt dann aus Bescheidenheit.«
In meinem Büro zurück schaute ich in meine Mailbox – sie war leer. Der Stramme Hengst hatte nichts von sich hören lassen.
Eher zufällig blickte ich aus dem Fenster meines Büros. Ada Hecke verließ schnellen Schrittes den Sender.
Ich wählte die Nummer von Heckes Sekretärin und verlangte die Chefin. »Sie musste ganz plötzlich weg«, erzählte die Mitarbeiterin bereitwillig. »Versuchen Sie's doch mal auf dem Handy.«
Ich entgegnete, dass das so wichtig nun auch wieder nicht sei. »Kommt sie denn nochmal wieder?«, setzte ich nach.
»Davon hat sie nichts gesagt.«
»Wissen Sie, wo sie hinwollte?«
»Nach Hause. Irgendwas ist mit ihrem Sohn, glaub ich.«
Die Richtigen und die Falschen
Es war kurz nach sieben und ich packte meine Sachen. Draußen war es kühl und es dämmerte schon. Das Jahr ging langsam dem Ende zu, vor zwei Wochen hatte ich noch mit offenem Verdeck nach Hause düsen können. Jetzt hatte ich sogar schon
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