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Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig

Titel: Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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sah harmlos aus, wenn man von den Eurozeichen in seinen Augen absah, und sein Boot hatte den Vorteil, dass wir uns in einer Art Kabine verbergen konnten, deren Inneres ausgestattet war wie ein Boudoir aus Tausendundeiner Nacht. Dicke Kissenrollen mit Samt bezogen, Brokatdeckchen und rote Bommeln, die vor unseren Augen hin und her baumelten. Neben mir Wiesengrundel, der mehr als die Hälfte der Bank einnahm.
    »Warum kippen diese schmalen Boote eigentlich nicht um?«, fragte ich, um den Dialog mit etwas Belanglosem in Schwung zu bringen. »Diese Gondeln sind ja krumm wie Bananen!«
    »Das muss so sein«, antwortete Wiesengrundel. »Die linke Hälfte einer Gondel ist etwa sechzehn Zentimeter länger und vierundzwanzig Zentimeter breiter als die rechte. So wird das Gewicht des Gondoliere ausgeglichen, der ja, wie Sie sehen, hinten auf der linken Seite steht. Das Ruder taucht immer rechts ins Wasser. So ist die Gondel wendig, kann sich um die eigene Achse drehen und mit wenigen Ruderschlägen beschleunigt werden. Nur so werden Zusammenstöße zwischen den Booten vermieden.«
    »Warum sind Sie aus Bierstadt geflüchtet?«, kam ich zur Sache.
    Der Gondoliere ruderte uns in einen schmalen Kanal, das Wasser war ruhig und schwarz glänzend, rechts und links erschienen die Fassaden wie glatte Felswände. »Als Hunze und die beiden Mädchen umgebracht wurden, bekam ich Angst. Ich hatte keine Lust, mir auch das Hirn wegschießen zu lassen!«
    »Sie sind aber erst nach Krawottkis Tod geflüchtet«, hielt ich fest.
    »Bis dahin hätte ja auch alles Zufall sein können. Erst als Krawottki tot war, schwante mir, dass die Sache mit Venedig zu tun haben könnte.«
    »Wer sagt mir, dass nicht Sie die vier getötet haben?«
    Wiesengrundel lachte. »Wenn Sie glauben, dass ich ein Mörder bin, warum fahren Sie dann mit mir? Wer sagt Ihnen, dass ich Sie nicht auch erschieße?«
    »Was ist im Sommer in der Villa vorgefallen?«
    »Warten Sie bitte noch einen Augenblick«, sagte der Komponist. »Wir sind gleich da. Dann erfahren Sie alles.«
    »Was haben Sie am Lido gemacht?«
    »Ich war in einem Tonstudio. Sie wissen doch, dass ich Musiker bin.«
    »Ich habe die Premiere Ihrer Verklärten Nacht im Konzerthaus gehört.«
    »Und? Hat Ihnen die Musik gefallen?«
    »Nachdem ich mich an die schrägen Töne gewöhnt hatte, schon.«
    Er lachte wieder.
    Die Gondel hielt wenige Minuten später an einer Anlegestelle. Wiesengrundel stand zuerst auf und half mir beim Aussteigen. Ein paar Stufen führten vom Wasser zu einer Gasse hoch, die noch enger zu sein schien als die von mir bereits abspazierten. Die Häuser waren alt, aber überhaupt nicht prächtig.
    Wiesengrundel hatte meinen Ellenbogen gepackt, als fürchtete er, dass ich ihm verloren ginge.
    »Wir sind da.« Das Haus hatte eine graubraune Farbe, die an einigen Stellen abgeblättert war und Ziegel zeigte. Die Holztür schien auf den beiläufigen Blick morsch zu sein, besaß aber hinter einer Metallblende ein modernes Sicherheitsschloss. Wiesengrundel öffnete, schob mich hinein und schloss wieder ab.
    Ich betrat einen kleinen Innenhof mit einem Brunnen in der Mitte, gepflastertem Boden und Holzbänken, flankiert von großen Zitrusbäumen in ziegelroten Töpfen. Die Pflanzen trugen gelbe Früchte und blühten zugleich. Ihr Duft war angenehm-betörend.
    Wiesengrundel führte mich in das Haus. Der Grundriss schien quadratisch zu sein und der Raum war zweckmäßig möbliert. Ich sah einen Flügel, ein Cembalo und einige weitere Instrumente – auch einen Computer, um den herum viele Papiere lagen.
    »Nehmen Sie doch irgendwo Platz«, sagte der Meister. »Ich mache uns erst mal einen Kaffee.«
    Er verschwand und ich ließ mich auf einen verschlissenen Fauteuil fallen. Wiesengrundel schien nicht der geschickteste Kaffeezubereiter zu sein, denn in der Küche schepperte es und ich hörte leises Fluchen. Ich musste an Bacis Soufflee-Story denken und konnte mir nun gut vorstellen, dass der Komponist mit seinen Aktivitäten nicht nur Eierschaum zur Verzweiflung treiben konnte.
    »Der Mörder muss gefunden werden«, begann der Komponist leise, als er die Tassen brachte. »Es ist nicht schön, Angst zu haben, vor Angst gelähmt zu sein. Ich habe seit den Morden keine vernünftige Note mehr zu Papier gebracht.«
    »An was arbeiten Sie denn gerade?«
    »An einer Kammeroper«, antwortete er. »Die Hochzeit von Bacchus und Ariadne.«
    »Das gleiche Motiv wie im Lamento d'Arianna in der Frari-Kirche«, sagte

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