Grappa 14 - Grappa und der Tod aus Venedig
Blue.
»Weil ich es so wollte«, antwortete er. »Nur so konnte ich mich in Venedig herumtreiben und Sie bei Ihren lachhaften Versuchen beobachten, Licht in den Fall zu bringen. Außerdem war mein Sohn dort.«
Rabatt wandte sich an Betty Blue: »Pack die nötigsten Sachen. In einer knappen Stunde bin ich wieder da. Ich erledige das hier eben.« Mit ›das hier‹ war wohl ich gemeint.
Duong Thu Huong nickte, schaute zu mir und fragte: »Gibt es keine andere Möglichkeit?«
»Nein.«
»Aber wenn sie uns schwört ...?«
»Ich kenne diese Grappa. Wir sind uns ähnlich. Sie fühlt sich an keinen Schwur gebunden und denkt nur an ihr Käseblatt.«
»Sie kennt die ganze Wahrheit überhaupt noch nicht«, widersprach Duong Thu Huong. »Und ich habe ein Alibi.«
»Welche Wahrheit? Welches Alibi?«, fragte ich, um Zeit zu schinden.
»Glauben Sie wirklich, dass diese winzige kleine Frau in der Lage ist, vier Leute umzubringen?« Rabatt lachte höhnisch.
»Sie?«, rief ich aus. Die Wahrheit war in diesem verdammten Fall wie eine Zwiebel mit immer neuen Schalen!
»Kommen Sie«, sagte Rabatt statt einer Antwort, »wir haben eine kleine Fahrt vor uns.«
Frau Schmitz ruft an
Inzwischen waren zwei Stunden vergangen und ich hatte mich nicht bei Anneliese Schmitz gemeldet. Gleich würde sie versuchen, mich auf dem Handy zu erreichen – wenn sie den Zeitplan einhielt –, und wenn sie keine Antwort bekäme, würde sie Hauptkommissar Brinkhoff anrufen. Der würde seine Beamten zu Duong Thu Huongs Wohnung schicken. Nur – leider war ich nicht mehr anwesend, um mich retten zu lassen. Aber eine kleine Chance gab es doch noch: Vielleicht würde Betty Blue auspacken und der Polizei alles erzählen. Meine Nerven brannten.
Auch Rabatt schien ziemlich nervös zu sein, seine Fahrweise war hektisch und er fluchte ständig, wenn vor ihm ein Autofahrer zu langsam war oder sonst ein ›Vergehen‹ beging.
»Fahren Sie doch nicht so schnell«, giftete ich. »Sie bringen uns beide ja noch um!«
»Schön, dass Sie Ihren Sinn für Humor nicht verloren haben.«
Mein Handy machte sich in Rabatts Jacke bemerkbar. Anneliese Schmitz! Sie ließ es klingeln, bis die Mailbox ansprang.
Wir fuhren schon etwa zehn Minuten auf der Autobahn, Rabatt hatte die Waffe neben sich auf der linken Seite. Aus dem Wagen springen konnte ich nicht, denn er hatte die Zentralverriegelung heruntergedrückt. Außerdem würde ich einen Sprung bei einem solchen Tempo ohnehin kaum überleben.
»Die werden Sie kriegen«, sagte ich. »Nicht heute, nicht morgen, aber irgendwann. Und soll ich Ihnen sagen, wer Sie finden wird?«
»Da bin ich aber mal gespannt!«
»Michelangelo Baci.«
Rabatt lachte höhnisch. Er reduzierte die Geschwindigkeit und wir verließen die Autobahn ab. Ich versuchte, mir die Straßenschilder zu merken, er hatte mich ins nahe gelegene Sauerland kutschiert, dort wo Wälder und Einsamkeit die schnelle Entdeckung meiner Leiche erschweren würden.
Die Straßen wurden immer schmaler, verengten sich schließlich zu Wegen und plötzlich tauchte ein Gebäude vor uns auf, eine Art Hof. Hoffnung keimte in mir, vielleicht wollte er mich hier nur verstecken, bis er und Duong Thu Huong in Sicherheit waren.
»Rein da!« Mit einer Hand schloss Rabatt die Tür auf, in der anderen hielt er wieder die Waffe.
Der Flur war dunkel und endete in einem Raum. Rabatt stieß mich unsanft hinein. Es gab nicht viel Licht, die Fensterläden waren geschlossen. Der Oberstaatsanwalt aktivierte eine Funzel. Vor uns saß ein Mann – gefesselt an einen Stuhl. Es war Michelangelo.
»Da haben Sie Ihren Befreier«, kicherte Rabatt.
»Hab keine Angst, Madonna«, stöhnte Michelangelo. »Wir kommen hier schon raus.«
Er sah bleich und mitgenommen aus, im Gesicht hatte er eine Platzwunde, auf Stirn und Wangen klebte verkrustetes Blut.
»Sie Schwein!«, schrie ich Rabatt an. »Sie werden bezahlen!«
»Jeder bezahlt«, sagte Rabatt kalt und holte ein Seil – die Waffe ständig auf mich gerichtet. »Die einen früher und die anderen später. Ich später, ihr beide in wenigen Minuten. Niemand wird eure Körper finden – es gibt einen schönen tiefen Brunnen in der Nähe. Ist das nicht schön – zusammen ins Jenseits zu gehen? Genau das Richtige für zwei Liebende!«
Er wies mich an, mich auf den zweiten Stuhl zu setzen, damit er mich festbinden konnte.
»Setz dich nicht hin, Madonna!«, befahl Baci.
»Ich setz mich nicht hin«, sagte ich zu Rabatt. »Sie können mich mal!
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