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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Geschlechtsmerkmalen zu beginnen.
    Schwarze Strumpfhose, wollenes enges T-Shirt, irgendwo hatte ich noch Reitstiefel rumstehen. Um die Hüften schlang ich mir ein wild gemustertes Tuch, das mit den Harras'schen Pulloverfarbkombinationen mithalten konnte. Dramatisch geschminkt und fertig. Ich sah aus wie eine Mischung aus Catwoman und Else Kling.
    Ich passte auf, dass mich im Treppenhaus niemand zu Gesicht bekam, und flüchtete in mein Auto. Irgendwann, dachte ich, kaufst du dir eine dieser Karossen mit Sitzheizung.
    Die Straßen waren schon ziemlich leer, die Stadtbevölkerung hatte sich in Wohnungen und Gaststätten geflüchtet.
    Im Opernhaus gab es den Silvesterball mit Cabaret und Buffet für Bierstadts Spießer, in der Westfalenhalle fiedelte Dauergrinsbeutel André Rieu den ›Klassik‹-Freunden eins vor und die alternativ Angehauchten hatten sich im Kleinkunsttempel Fletch Bizzel zusammengerottet.
    Ich ließ diese Etablissements hinter mir, fuhr in den Norden der Stadt und bekam sofort ein anderes Feeling: weniger Glanz, mehr Dreck, verlassene Häuser und Bumslokale.
    Vor dem Club Nachtschicht fuhren die unermüdlichen unter den Freiern ›Streife‹, aber kaum ein Straßenmädchen bot sich heute für eine schnelle Nummer an.
    Ich parkte direkt vor dem Club. Schnee rieselte und es pfiff mir eisig ins knappe Kostüm. Ich drückte die Klingel, winkte in die Kamera, es summte und ich war drin. Der Eingangsbereich war mit Luftschlangen und Ballons geschmückt.
    »Oben in der Bar«, sagte ein Mädchen. Es war die Frau, die in den Zimmern Ordnung schaffte, wenn das Mitverhältnis beendet war. Genau die, die ich heute Abend brauchte. Aber ich wollte nicht gleich in die Vollen gehen.
    Ich stieg die Treppe nach oben. Aus der Bar dröhnten Musik und Lachen.
    Esther Klein winkte und kam auf mich zu. »Sie sehen ja wirklich aus wie eine von uns. Noch eine Maske und Sie könnten bei mir als Domina anfangen.«
    »Vielleicht komme ich darauf zurück«, grinste ich. »Männer zu quälen, die dafür bezahlen, muss an manchen Tagen der Himmel auf Erden sein.«
    »Leider bestimmen die Männer aber, was die Domina zu machen hat«, erklärte Esther Klein. »So kreativ, wie Sie glauben, ist der Job dann doch nicht. Lassen Sie uns mal ins goldene Zimmer gehen. Hier herrscht zu viel Lärm. Sie wollen doch bestimmt mit mir reden. Kommen Sie!«
    Esther Klein schloss die Tür, der Geräuschpegel ging sofort nach unten. Ich ließ mich auf einen Hocker mit Volants fallen, sie setzte sich auf das goldige Bett.
    »Irgendwie heimelig hier«, meinte ich. »Sehen eheliche Schlafzimmer nicht genauso aus?«
    »Manche schon«, antwortete sie. »Meines allerdings nicht.«
    »Sie sind verheiratet?«, fragte ich erstaunt.
    »Nein, aber ich habe einen Lebensgefährten. Sie auch?«
    »Im Moment nicht«, gestand ich. »Ich halte es nie lange aus. Oder die Männer halten es bei mir nicht lange aus. Vermutlich Bindungsangst.«
    »Eine gesellschaftliche Krankheit«, sagte sie. »Angst vor Nähe, niemand will sich mehr auf den anderen einlassen. Nur nichts aufgeben.«
    »Das läuft ja hier ganz anders«, meinte ich ironisch.
    »Nein«, antwortete Esther Klein ernst. »Aber natürlich wollen die Einsamen auch mal Sex. Eines der wenigen Bedürfnisse, das den Menschen noch als Bestandteil der Natur klassifiziert.«
    »Na ja, für die Männer ist das einfach«, widersprach ich. »Sie suchen sich ein Mädchen und kommen hier bei Ihnen unter. Aber wo ist denn das Etablissement für Frauen? Wo sind die jungen Männer, die sich auf der Straße anbieten für die einsamen, bedürftigen Frauen, die sich als Bestandteil der Natur begreifen?«
    »Stimmt, da bleibt noch einiges zu tun. Aber warum sollte der Erotikbereich gleichberechtigter sein als der Rest der Gesellschaft?«
    »Ein bisschen gleichberechtigter sind manche Frauen ja schon«, kam ich zum Thema. »Erika Sauerwald zum Beispiel, sie war ja Stammgast bei Ihnen.«
    »Sauerwald?«
    »Die Frau des Präsidenten von Schwarz-Gelb 09«, erklärte ich.
    »Ach ja. Die Frau, deren Tochter sich das Leben genommen hat. Ich habe die Zeitungen gelesen. Schlimme Geschichte für die Mutter. Wieso glauben Sie, dass sie hier gewesen ist?«
    »Ein Mädchen hat es einem Freund erzählt. Ein Mädchen, das in Ihrem Haus arbeitet.«
    »Das wundert mich aber. Wir reden grundsätzlich nicht über unsere Kundinnen und Kunden«, behauptete die Bordellchefin. »Ihr Freund muss sich verhört haben.«
    »Frau Sauerwald hatte eine Affäre

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