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Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Grappa 16 - Rote Karte für Grappa

Titel: Grappa 16 - Rote Karte für Grappa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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das Telefon. Ich schreckte hoch und griff zum Hörer.
    Beate Schlicht. »Störe ich?«
    »Nein, nein«, beeilte ich mich zu versichern.
    »Frohes neues Jahr, Grappa«, wünschte sie. »Hast du gerade mal ein Ohr?«
    »Klar«, krächzte ich verschlafen.
    »Dann lese ich dir mal was vor«, kündigte die Kommissarin an. »In Frankreich hat ein mutmaßlicher Mörder und Vergewaltiger offenbar Sperma eines anderen Mannes am Tatort hinterlassen, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu führen. Der 48-jährige Hauswart, der im September eine Studentin aus dem von ihm betreuten Wohnheim in Soisy-sur-Seine bei Paris umgebracht haben soll, habe Mülltonnen durchwühlt, um benutzte Präservative zu finden, teilte die Polizei mit. Er habe dies im Fernsehen gesehen und habe seine Tat verschleiern wollen. Nach Angaben der Zeitung Républicain fror der Mann die Kondome in seinem Kühlschrank ein, um sie später zu benutzen.«
    »Ja, und?«
    »Verstehst du denn nicht?« Sie war ganz aufgeregt. »So kann es gewesen sein. Wir haben uns doch gefragt, wie das frische Material an den Tatort gekommen ist. Erika Sauerwald hat es aufgehoben, eingefroren und dann auf ihrer Tochter verteilt.«
    »Igitt!« Ich schüttelte mich. »Aber merkt das denn der Gerichtsmediziner nicht, wenn die Spermien gefrostet wurden?«
    »Nein – eben nicht. Guck mal im Internet nach, da gibt es hunderte von Beispielen von eingefrorenem Erbmaterial, aus dem später noch Kinder entstanden sind.«
    »Okay. Dann müssen wir die Täuschung Erika Sauerwald nur beweisen. Wobei – das Sperma kann auch von jemand anderem auf Eis gelegt und im Wald verteilt worden sein.«
    »Und von wem? Wer hatte denn sonst die Gelegenheit, an Toninhos Sperma zu kommen?«
    »Ich denke drüber nach«, versprach ich. »Aber erst muss ich schlafen.«
    Die Schmerzen im Kopf waren unerträglich geworden.
    Drei Stunden später und um einiges frischer startete ich Google. In der Tierzucht wurde schon seit Jahren mit gefrorenem Sperma experimentiert, auch Samenbanken arbeiteten nach dem Prinzip . Gefrorenes Sperma hält Dekaden, berichtete eine populär wissenschaftliche Seite.
    In Großbritannien ist ein Junge nach künstlicher Befruchtung gesund zur Welt gekommen. Das Besondere daran: Die verwendeten Spermien waren einundzwanzig Jahre lang eingefroren. Wie britische Reproduktionsmediziner aus Manchester berichten, wurden 1979 Spermien aus dem Ejakulat eines damals 27-jährigen Krebspatienten in einer Samenbank gefrostet, bevor der Mann wegen eines Hodentumors radio- und chemotherapeutisch behandelt wurde.
    Auf eine Art war der Club Nachtschicht auch eine Samenbank, nur dass die Ausscheidungen der zahlreichen Männer, die sich dort ›erleichterten‹, nicht aufbewahrt wurden.
    Ich wählte die Club-Nummer und hatte Glück. Esther Klein wollte am Neujahrstag nicht auf ihre Mieteinnahmen verzichten und hatte geöffnet.
    »Was machen Sie mit den gefüllten Kondomen, die in den Zimmern zurückbleiben?«, fragte ich unverblümt.
    »Sondermüll«, antwortete sie lapidar.
    »Erika Sauerwald war im September das letzte Mal bei Ihnen«, sagte ich. »Mit Toninho Baracu. Kann es sein, dass sie das gefüllte Kondom mitgenommen hat?«
    »Sie haben doch mit dem Zimmermädchen gesprochen«, antwortete Esther Klein. »Hat sie Ihnen nicht gesagt, dass das Zimmer fast unberührt gewesen ist?«

Neues Jahr und altes Elend
    Der zweite Januar war ein überraschend milder Tag, der Schnee schmolz dahin und gab Erde und Matsch frei. In den Vorgärten steckten die Narzissen schon die Spitzen heraus – aber vielleicht waren es auch erst die Schneeglöckchen.
    Ich war froh, wieder zur Arbeit gehen zu können. Schon auf dem Parkplatz begegnete mir Simon Harras. Er hatte die Lederjacke über die Schulter geworfen und zeigte sich mir in einem neuen Pullovermodell. Es hatte breite Streifen in Rot, Blau und einem dunklen Grün, die Farben verliefen an den Rändern ineinander. Zu allem Überfluss waren auch noch Taschen aus Leder aufgenäht worden.
    Er sah meinen verwirrten Blick und grinste. »Ein Geschenk von meiner Tante.«
    »Das dachte ich mir. Das Teil ist wunderhübsch«, log ich.
    »Danke. Sie strickt auch den WM-Schal.«
    »Wie bitte?«
    »Sie war gestern Abend im Fernsehen.«
    »Wer? Die Tante?«
    »Nicht allein. Zusammen mit ihren Strickkameradinnen.«
    »Na, toll.«
    Wir gingen nach oben. Es war noch nicht viel los. Zwei Sekretärinnen schlitzten mit missmutiger Miene die Post auf und versuchten nicht, sich an

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