Grappa 16 - Rote Karte für Grappa
stellte mich vor. Ein paar Augenblicke später zogen wir uns an einen der hinteren Tische zurück. Dort herrschte weniger Betrieb und niemand konnte uns belauschen.
Anselmo taute nach und nach auf. Eckermann unterhielt sich mit ihm, ich verstand natürlich nichts, aber es drehte sich weniger um den Fall als um die allgemeine Weltlage, Fußball und die Chancen der brasilianischen Elf.
Dann setzte Eckermann zu einer sprachlichen Überleitung zum Grund des Treffens an. »Jetzt kannst du deine Fragen stellen«, meinte er.
»Frag ihn, ob er hier eine Freundin hat«, begann ich.
Anselmo wurde verlegen, plapperte dann aber los.
»Er hat keine«, übersetzte Eckermann.
»Und was hat er dir noch erzählt?«
»Nichts – nur dass er keine Freundin hat.«
»Dauert das Wort Nein bei euch immer so lange?«
»Er hat eine Freundin in Brasilien. Sie erwartet ein Kind. Und er will ihr treu sein.«
»Na, also!«
Der Kellner erkundigte sich nach unseren Wünschen.
»Wie heißen denn diese berühmten brasilianischen Cocktails?«, fragte ich.
»Ich bestell dir einen doppelten Caipirinha und anschließend hältst du eine Weile den Mund, ja? Die Fragerei und die Übersetzung machen das Ganze öde und ärgerlich.«
Eckermann bestellte und der Barmann verschwand.
»Du weißt doch gar nicht, was ich fragen will«, protestierte ich.
»Ich kann es mir denken. Ich unterhalte mich jetzt mit Anselmo und du hörst zu. Danach fasse ich das, was er gesagt hat, für dich zusammen. Ist das so in Ordnung?«
Zwei Stunden später hatte ich drei Caipirinhas intus und war in Hochform.
»Gib mir noch einen, Süßer«, lallte ich den hübschen Kellner an. »Aber lass dieses dämliche Schirmchen weg.«
Als wir die Bar verließen, war ich bester Stimmung.
»Und jetzt erzähl mir endlich, was er gesagt hat«, bat ich, als wir vor meinem Haus angekommen waren. »Wir nehmen noch einen Absacker! Los!«
»Ich soll mit nach oben kommen?«, fragte Eckermann.
»Na klar! Du kennst die Wohnung doch schon.«
»Aber jetzt sind wir beide allein.«
»O Mann! Wo liegt denn jetzt wieder das Problem?«
»Es gibt eigentlich keins, aber ...«
»Ich verspreche dir, dass ich dich nicht auf den Boden schmeiße und dir die Kleider vom Leib reiße«, kicherte ich. »Ich mache auch keinen Striptease und begehe an dir keinen Samenraub. Ich will einfach nur wissen, was Anselmo erzählt hat.«
Machtspiel und Machogehabe
Es blieb dienstlich und gegen Mitternacht setzte sich Eckermann ins Taxi und ließ sich zu seinem Hotel bringen. Mit einem doppelten Espresso hatte ich meine Beschwerden nach dem Ausflug ins Reich der brasilianischen Cocktails bekämpft. Die Dinger schmeckten auf den ersten Schluck lecker, doch irgendwann klebten sie die Sinne zusammen. Wahrscheinlich fehlte es ihnen nicht nur an Sonne, sondern auch an frischen Früchten. Die Säfte in der Hotelbar waren im Tetrapack gereift und zwecks Haltbarkeit überzuckert.
Eckermann hatte Anselmo die richtigen Fragen gestellt, während ich mich den Drinks gewidmet hatte, und es gab jetzt etwas mehr Licht im Dunkel der Dreiecksbeziehung Toninho-Erika-Margit.
Die schwarze Gazelle von Rio war monatelang der Liebhaber von Erika Sauerwald gewesen, er hatte sich Anselmo gegenüber ausführlich über die erotischen Qualitäten der Frau geäußert. In der Beziehung war es um Sex gegangen – nichts weiter. Zumindest von seiner Seite aus.
Er war der beste Ficker, den ich je hatte – diesen denkwürdigen Satz hatte Erika Sauerwald bei dem Gespräch in der Klinik herausgeschleudert, bevor sie wusste, dass ihre Tochter im Wald gefunden werden würde.
Trotzdem bezweifelte ich, dass es auch ihr allein um Sex gegangen war. Frauen entwickeln heftigere Gefühle als Männer. Und Männer entwickeln erhebliche Abwehrkräfte, wenn sie nur Sex wollen und eine Frau mit Emotionen daherkommt.
An meiner Meinung änderte auch die liebestriefende SMS nichts. Männer lügen oft – um der Frau einen Gefallen zu tun, aber auch um ihre eigene Gefühllosigkeit mit romantischen Worten zu bemänteln.
Toninho hatte es genossen, Erika Sauerwald im Beisein ihres Mannes in Verlegenheit zu bringen, und hatte es manchmal auf die Spitze getrieben. Sauerwald hatte die beiden mal auf der Toilette in der VIP-Lounge im Stadion erwischt – sie saß auf dem Waschbeckentisch und er war in ihr. Toninho hatte das ziemlich lustig gefunden und überall herumerzählt.
Daraufhin nahm Sauerwald ihn sich vor und er blieb die nächsten Spiele auf der
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